Einer trage des anderen Schuld
helfen, jemanden bei einer Lüge zu ertappen.«
»Ich gebe zu, dass ich den Zweck des Ganzen immer noch nicht begreife«, erwiderte Ballinger. »War es denn eine Fehlinformation, dass Sie genügend Beweise haben, um Rupert Cardew vor Gericht zu stellen?«
Monk lächelte, vielleicht etwas zu wölfisch – dank bitterer Erinnerungen. »Er wird von Oliver Rathbone verteidigt«, gab er zur Antwort. »Darum benötige ich jeden Beweisfetzen, den ich finden kann. Es darf keine Überraschungen geben, keine Schlupflöcher. Sie verstehen.«
Ballinger atmete tief ein, dann ließ er die Luft mit einem Seufzen entweichen und erwiderte das Lächeln. »Natürlich«, bestätigte er, ohne sich darum zu bemühen, seine Freude zu verbergen.
Einen weiteren Arbeitstag verbrachte Monk damit, sämtliche Aussagen zu überprüfen, die ihm von ’Orrie Jones, Crumble, Tosh und einer Reihe von Arbeitern vorlagen, die das Boot gewartet hatten. So kam er erst spät dazu, Bertram Harkness aufzusuchen.
Harkness war ein beleibter Herr und wie Ballinger in den frühen Sechzigern. Auffällig an ihm war seine militärische Haltung, auch wenn er weder einen Rang noch irgendwelche Dienstjahre bei der Armee erwähnte. Sein kurz geschnittenes Haar wurde, wie auch sein struppiger Bart, allmählich grau.
Er empfing Monk im Büro seines Hauses, ein Raum, gesäumt von Büchern, Zeichnungen und einer sonderbaren Mischung aus Muscheln und Miniaturabgüssen von Schusswaffen, welche größtenteils napoleonische Geschütze darstellten.
»Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass ich Ihnen irgendetwas sagen kann«, begann Harkness ziemlich abrupt. »In der fraglichen Nacht war ich halbwegs nahe beim Fluss, aber ich habe nichts gesehen oder gehört. Ich habe ein spätes Abendessen mit Arthur Ballinger genossen, den ich seit Jahren kenne. Seit unserer Schulzeit, genauer gesagt. Er schaut oft bei mir vorbei. Ich selbst komme wegen meiner Verletzung nicht mehr so viel herum. Bin böse von meinem Pferd gestürzt.« Er klopfte auf seinen rechten Schenkel. »Nett von Ballinger. Hält mich immer auf dem neuesten Stand, was Nachrichten betrifft, die ich nicht aus den Zeitungen erfahre, Sie verstehen?«
Monk nickte. »Ich verstehe. Ja, es muss erfreulich sein, Einsichten zu erhalten, die tiefergehend sind als das, was in den Druckerzeugnissen für die Allgemeinheit steht.«
»Verdammt richtig! Was, um alles in der Welt, wollen Sie dann also von mir, junger Mann? Ballinger ist über den Fluss gekommen. Ist doch nett, an einem Herbstabend so zu reisen. Aber, Menschenskind, glauben Sie wirklich, dass er nicht sofort zu Ihnen gekommen wäre, wenn er irgendetwas von diesem vermaledeiten Mord mitbekommen hätte?« Nicht nur Harkness’ Stimme verriet Kampfeslust, sondern auch sein vorgereckter Kopf.
»Doch, Sir«, erwiderte Monk höflich, dem zunehmend klar wurde, dass Harkness leicht reizbar war. »Er hat mir bereits genau beschrieben, was er beobachtet hat. Aber es geht um die exakten Zeiten, und in dieser Hinsicht ist er sich nicht sicher. Da habe ich mir gedacht, dass Sie mir vielleicht helfen könnten.«
Das schien Harkness zu besänftigen. »Ah! Schlimme Angelegenheit. Tut mir leid für Cardew. Armer Teufel. Hat seinen älteren Sohn verloren und den jüngeren nach Strich und Faden verwöhnt. Kommt vor. Ein Fehler, den viele machen. Jetzt wird er einen hohen Preis dafür zahlen. Beide Söhne verloren. Name der Familie ruiniert. Nichts als Kummer mit den Kindern. Ich würde den Dreckskerl ja auspeitschen lassen, wenn sie ihn nicht sowieso hängen würden.«
»Die Uhrzeiten, Mr Harkness«, erinnerte ihn Monk. »Mir wäre sehr geholfen, wenn Sie diesbezüglich Angaben machen könnten, die es mir erlauben würden, genau einzuordnen, wann Mr Ballinger auf dem Fluss war, und zwar sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Heimweg.«
»Weiß das denn der verdammte Fährmann nicht?«
»Nein, Sir.«
»Tja, ich habe auch nicht auf die Uhr geschaut«, sagte Harkness schroff. »Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir uns gegen zehn Uhr zum Abendessen an den Tisch gesetzt. Und danach haben wir uns noch ungefähr eine Stunde lang unterhalten. Schätze, dass er gegen Mitternacht aufgebrochen ist. Was immer er sagt, das dürfte so ungefähr stimmen.«
Je länger Harkness geredet hatte, desto selbstzufriedener hatte seine Stimme geklungen. Und jetzt wollte er gar nicht mehr aufhören. »Auch wenn er sich nicht so genau mit den Zeiten auskennt, ein guter Sportsmann ist er, mein
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