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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Freund Ballinger. So was habe ich schon immer bewundert, wissen Sie?« Er musterte Monk von oben bis unten. »Nein, das wissen Sie wohl nicht. Dabei sehen Sie gar nicht aus wie ein verdammter Polizist, das muss Ihnen der Neid lassen.«
    Monk schluckte seinen Zorn mit beträchtlicher Mühe hinunter. »Guter Sportsmann?«, fragte er.
    »Hab ich doch gesagt! Herrgott, Mann! Verdammt gut an den Rudern. Und beim Ringen erst! Stark, verstehen Sie?«
    »Gewiss, Sir.« Monk atmete langsam aus. Da war es, das unverhoffte Geschenk unter all den irrelevanten Einzelheiten. Der Gedanke leuchtete hell und heiß in seinem Bewusstsein. »Danke, Mr Harkness.«
    Harkness zuckte mit den Schultern. »Ehre, wem Ehre gebührt; daran habe ich mich schon immer gehalten«, sagte er, den Rücken noch ein wenig mehr durchgestreckt.
    Monk verkniff sich eine Erwiderung, obwohl ihm schon eine auf der Zunge lag. Er dankte Harkness noch einmal und ließ sich vom Butler in die zunehmend stürmische Dunkelheit führen.
    Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis er einen Fährmann fand, der bereit war, ihn von Mortlake nach Chiswick zu rudern. Und dann maß er die Zeit für die Überfahrt bis zum Anlegen. Nachdem er im Boot Platz genommen hatte, ließ er sich noch einmal durch den Kopf gehen, was ihm Harkness gesagt hatte, insbesondere die Zeitangaben und die Details, die er ihm hatte bestätigen können.
    Natürlich war keine der Zeiten exakt gewesen. Die einzige Möglichkeit, sie zu überprüfen, bestand im Vergleich mit den Angaben der anderen Zeugen. ’Orrie hatte Parfitt zu dem weiter oben stromaufwärts kurz vor Corney Reach vertäuten Boot gerudert, um ihn dort bis mindestens Viertel nach elf allein zu lassen. Vom Zweck des Ganzen hatte er angeblich keine Ahnung gehabt.
    Binnen einer Stunde hätte ’Orrie zu Parfitt zurückkehren sollen, war aber aufgehalten worden, sodass er es erst um etwa zehn vor eins geschafft hatte. Zu diesem Zeitpunkt traf er Parfitt aber nicht mehr an.
    Crumble hatte ’Orries Abfahrt und Rückkehr jeweils bestätigt. Tosh hatte seine Angaben gestützt und auch Aussagen zu seinen eigenen Aktivitäten gemacht – was nicht schwierig war, da Crumble und er die meiste Zeit zusammen gewesen waren.
    Ballinger war gegen neun Uhr an Bord der Fähre gegangen und hatte sich den ganzen Weg vorbei an der Ait, den Corney Reach entlang direkt nach Mortlake rudern lassen, wo Harkness sich ziemlich präzise zu den Zeiten seiner Ankunft und Abreise geäußert hatte. Der Fährmann bestätigte, ihn eine halbe Stunde nach Mitternacht an Bord gelassen und Chiswick mehr oder weniger genau um ein Uhr in der Früh erreicht zu haben.
    Rupert Cardew dagegen war betrunken gewesen und konnte nicht belegen, wie er den Großteil des Abends verbracht hatte, nachdem er Hattie Benson verlassen hatte. Diese wiederum bekannte, sein Halstuch gestohlen und jemandem überlassen zu haben, dessen Namen zu nennen sie sich weigerte. Angst? Oder war ihr Geld gegeben worden, damit sie das behauptete, und fürchtete sie jetzt die Folgen ihrer Lüge?
    Parfitts Leiche war oberhalb des Boots am Corney Reach gefunden worden. Wie weit war er mit der Flut abgetrieben – oder gezogen worden? Wo war er überhaupt getötet worden? War das notwendigerweise auf dem Boot geschehen? Hatte er sich womöglich von ’Orrie zum Boot rudern lassen, um sich dann in einer Art Floß davon zu entfernen? Oder war jemand anders übers Wasser gekommen, bei dem er dann mitgefahren war?
    Diese Fragen brannten Monk auf den Nägeln, und auf jede einzelne davon brauchte er eine Antwort.
    Hatte der Mörder Parfitt mitgenommen und, um Verwirrung zu stiften, die Leiche weiter oben stromaufwärts über Bord geworfen, damit sie in Richtung Meer trieb? Je mehr Monk über diese Variante nachdachte, desto plausibler erschien sie ihm. Womöglich war er von Anfang an mit dem falschen Ansatz an das Verbrechen herangegangen. Zunächst hatte es nach einer Verzweiflungstat ausgesehen, begangen von einem Mann, der wütend war und Angst davor hatte, bloßgestellt oder durch Erpressung in den Ruin getrieben zu werden. Aber vielleicht war der Mord doch von einem kühl berechnenden Kopf sehr viel sorgfältiger geplant worden. Dann war es kein Verbrechen aus Leidenschaft, sondern eine rein geschäftliche Entscheidung.
    Hatte Parfitt womöglich gegen seinen Geldgeber aufbegehrt und mit seiner Geldgier das ganze Projekt gefährdet? Oder hatte er heimlich mehr von den Einnahmen für sich abgezweigt, als ihm

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