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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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aus tiefstem Herzen einen blumigen Fluch aus, tat aber, wozu er sie aufgefordert hatte.
    Für die Strecke von der Chiswick Mall zum Herzen Londons nahmen sie einen Hansom. Es war eine lange, teure Fahrt, doch für Monk war der Aufwand durch die besonderen Umstände mehr als gerechtfertigt. Er wollte auf keinen Fall, dass man sie zusammen mit ihm sah; mehr noch, das konnte er sich schlichtweg nicht leisten. Wer hinter ihr her war, hätte es auf diese Weise leicht, ein paar Erkundigungen anzustellen und die Klinik zu finden. Vielleicht sollte er Squeaky Robinson einschärfen, Hattie besonders im Auge zu behalten und darauf zu achten, dass sie sich nicht in den Räumen zeigte, wo ambulante Patientinnen Behandlungen oder sonstige Hilfe erhielten. Zumindest bis sie ihre Aussage vor Gericht gemacht hatte, war erhöhte Vorsicht dringend angebracht. Danach musste ihre Sicherheit neu bewertet werden.
    Während die Räder über das Pflaster rumpelten, bemühte er sich um ein Gespräch mit ihr, um sie von ihrer Situation abzulenken, aber auch in der Hoffnung, mehr über sie zu erfahren. Mit beidem kam er nicht sehr weit.
    »Sie müssen verhindern, dass er mich findet!« Sie schlang beide Arme um ihren Oberkörper und beugte sich auf ihrem Sitz weit vor. »Er bringt mich um, er bringt mich um!«
    »Wer?«
    »Tosh natürlich!«, rief sie ärgerlich. »Vor Crumble hab ich keine Angst. Der könnte nich’ mal ’ne Fliege zerquetschen. Hat Angst vor seinem eigenen Schatten und noch viel größere vor Tosh.«
    »Und ’Orrie Jones?«
    »Keine Ahnung. Manchmal meine ich, der is’ blöd im Kopf, aber dann wieder gibt es Zeiten, wo ich mir da nich’ so sicher bin. Aber er würde nie was von selber machen; Tosh muss es ihm schon anschaffen.«
    »Haben Sie je den Namen Jericho Phillips gehört?«
    »Nein. Wer is’ das?«
    »Er ist jetzt tot, aber er führte ein Boot wie das von Mickey, nur weiter unten in der Stadt.«
    »Und jetzt is’ Mickey tot, hm?«, murmelte sie nachdenklich. »Könnte Mr Cardew den anderen auch umgebracht haben?«
    »Nein. Bei Phillips wissen wir, wer ihn ermordet hat. Der Täter hat sich danach selbst getötet.«
    Sie stieß ein leises Grunzen aus.
    »Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, dass es in beiden Fällen derselbe Mörder sein könnte?«, fragte Monk. »Und können Sie sich vorstellen, dass Mickey und Phillips sich kannten?«
    »Keine Ahnung. Mickey hat nich’ für sich selbst gearbeitet. Er kam aus Chiswick wie alle anderen von uns auch. Er hatte nie genug Geld, um sich ein Boot zu kaufen. Jemand hat ihn da reingesetzt. Vielleicht war das dieselbe Person wie bei dem anderen.«
    »Rupert Cardew?«
    »Seien Sie nich’ so dämlich!«, blaffte Hattie. »Wieso sollte er mich sein Halstuch klauen lassen, damit alle ihn für Mickeys Mörder halten, noch dazu, wenn er der Mann hinter dem Ganzen is’? Nein, nein, das is’ einer, der doppelt so viel Verstand hat wie er.«
    »Auch mehr als Mickey oder als Tosh?«
    »Die sind schlau, aber das is’ nich’ dasselbe wie Verstand.«
    Dem widersprach Monk nicht. Ganz bewusst lenkte er das Gespräch zu angenehmeren Themen, bei denen sie blieben, bis sie endlich in der Portpool Lane eintrafen. Er führte Hattie gleich ins Haus, wo er sie erst Squeaky Robinson und dann Claudine Burroughs vorstellte, denen er jeweils erklärte, warum es nötig war, sie zu schützen.
    »Sie kann mir helfen«, erklärte Claudine entschieden. »Ich werde sie nicht aus den Augen lassen.«
    Monk dankte ihr, fragte sich aber insgeheim skeptisch, was Hattie dazu sagen würde. Andererseits würde sie hier vermutlich die beste Fürsorge erhalten, die sie je erfahren hatte.
    Am nächsten Vormittag suchte Monk Rathbone auf und berichtete ihm, dass er neue Hinweise erhalten hatte, die Rupert Cardews Täterschaft bei Mickey Parfitts Tod so gut wie ausschlossen.
    Rathbone verstand die Welt nicht mehr. »Und das Halstuch? War es doch nicht seines?« Er konnte einfach nicht glauben, dass er aus heiterem Himmel der Verantwortung für eine unmögliche Aufgabe entbunden worden war.
    »Doch, es war seines«, erwiderte Monk und nahm unaufgefordert auf dem Stuhl vor Rathbones Schreibtisch Platz. »Eine Prostituierte hat es ihm am Nachmittag des fraglichen Tages gestohlen und jemandem gegeben, dessen Namen zu nennen sie jedoch zu große Angst hat. Aber ich glaube ihr. So präzise, wie sie es beschrieben hat, muss sie es gesehen und befühlt haben, als es abgenommen worden war, denn sie wusste, dass es

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