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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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erklärte er mir und sprang dann behände aus seinem Sessel auf.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein«, erwiderte ich. »Es ist alles echt hier …« Ich blickte auf die Uhr. Es war zwölf Uhr und nichts passierte. Ich breitete ergeben die Hände aus. Es war offensichtlich, dass ich nicht träumte und dass dieser ungewöhnliche nächtliche Zwischenfall, der mein Leben in den folgenden Wochen völlig auf den Kopf stellen sollte, wirklich stattfand. Es war unglaublich!
    Allan Wood und Solène Avril waren tatsächlich hier, in dem hell erleuchteten Saal meines Kinos. Und sie waren – mein Einverständnis vorausgesetzt – wild entschlossen, in den nächsten Wochen im Cinéma Paradis zu drehen.
    Ich schüttelte wieder den Kopf und musste plötzlich lachen. »Alles ist echt, auch wenn ich zugeben muss, dass Sie beide mir immer noch ziemlich unwirklich vorkommen.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich meine, so etwas passiert einem normalen Menschen wie mir ja nun nicht alle Tage.«
    Allan Wood kam ein paar Schritte auf mich zu und blieb dicht vor mir stehen. Er war etwas kleiner als ich und seine gutmütigen braunen Augen funkelten amüsiert, als er jetzt zu mir aufsah, mir den Arm entgegenstreckte und ein paar Mal am Ärmel seines Trenchcoats zupfte.
    »Aber wir sind echt«, sagte er. »Kommen Sie, fühlen Sie mir an. Ganz echt!«
    Ich zupfte an seinem Ärmel und grinste. Er war wirklich »ganz echt«.
    Ungeachtet der Tatsache, dass ich ihn zunächst für eine Erscheinung gehalten hatte, war der kleine Mann im Trenchcoat mir vom ersten Moment an sympathisch gewesen. Meine offensichtliche Verwirrung überging er sehr galant. An die Echtheit von Solène Avril aber konnte ich mich immer noch nicht ganz gewöhnen, obwohl sie kaum einen Meter von mir entfernt stand und sich gerade das berühmte Photo von Audrey Hepburn mit der Zigarettenspitze ansah. »Sehr elegant. Vielleicht sollte ich mir auch so ein Teil zulegen, was meinst du, chéri? « Sie schob nachdenklich die Lippen vor, dann seufzte sie. »Aber heutzutage darf man ja nicht einmal mehr in den Bars rauchen. Unsere Welt ist so stillos geworden, finden Sie nicht auch, Alain?« Sie lächelte mir zu. »Alles verändert sich und meistens verändert es sich zum Schlechten.« Sie zog ihre Stirn in Falten und ich bewunderte ihr Mienenspiel. »Wie gut, dass es wenigstens Tiffany’s noch gibt. Ich finde das sehr beruhigend.«
    Wir gingen wieder ins Foyer zurück und ich sah hinaus auf die Straße und dachte an die seltsame Begegnung vor etwa einer Stunde, auf die ich ebenso wenig vorbereitet gewesen war wie auf die Landung von Außerirdischen. Wahrscheinlich würde ich meinen Enkeln noch davon erzählen, wie eines Nachts Allan Wood und Solène Avril vor meinem Kino gestanden hatten.
    »Allan Wood?«, hatte ich gestammelt, nachdem der Mann im Trenchcoat sich mir schließlich vorstellte und mein unbestimmtes Gefühl, ihn zu kennen, zur Gewissheit machte.
    »Das ist ja … also … das ist ja ein Ding. Der Allan Wood aus New York? Ja, aber natürlich sagt mir Ihr Name etwas.«
    Allan Wood blieb bescheiden. »Ich freue mir, dass Sie mir kennen, Monsieur Bonnard. Ich sehe, wir haben dasselbe Namen. Das ist aber komisch, oder? Darf ich Allan zu Ihnen sagen?«
    »Alain«, verbesserte ich benommen.
    Allan Wood schien keinen Unterschied zu hören. »Freut mich sehr, Allan«, sagte er und nickte freundlich.
    »Alain, chéri, er heißt Alain, nicht Allan!«, rief Solène Avril aus und sah mich mit einem komplizenhaften Lächeln an. Der Hollywoodstar war in Paris aufgewachsen und kannte die nasalen Fallstricke der französischen Sprache.
    »Oh, I see … Al-län «, versuchte Allan es noch einmal und betonte nun die zweite Silbe meines Namens. »Also … Allän, entschuldigen Sie bitte diesen kleinen Überfall – Solène hat mich … wie sagt man … hierhergeschleppt. Sie wollte mir unbedingt das Cinéma Paradis zeigen, und es ist so ein glücklicher Zufall, dass wir Sie gleich getroffen haben …«
    Solène nickte und zwinkerte mir lächelnd zu und ich nickte auch und lächelte, als wäre ich leicht schwachsinnig. Und ich hatte in der Tat Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen.
    »Ich würde gerne mit Ihnen über meinen neuen Film sprechen, Allän«, sagte der kleine Mann im Trenchcoat. Abgesehen von seinem Akzent und ein paar kleinen Fehlern sprach Allan Wood erstaunlich gut französisch. Er ließ den Blick über die alte Hausfassade gleiten und gab ein anerkennendes Schnalzen

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