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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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Film?«
    Ich nickte, riss das kleine Papiertütchen auf, das neben meiner Tasse lag, und ließ etwas Zucker in den Kaffee rieseln. »Kann man wohl sagen. Das haut einen echt um, wenn diese Frau plötzlich so in Fleisch und Blut vor dir steht.«
    Robert seufzte auf und sog wie verrückt an seiner Zigarette. »Oh, Mann, wenn ich mir das so vorstelle, wird’s mir ganz warm ums Herz. Und die Zuckerschnute war eine Stunde bei dir im Kino, sagst du?«
    »Zusammen mit Allan Wood.«
    »Allan Wood? Was will der alte Knacker mit dieser Sexgöttin?«
    »Gar nichts, soweit ich das beurteilen kann. Er will einfach einen Film mit ihr drehen. In meinem Kino!«
    »Wer’s glaubt!«, spottete Robert. »Ich meine – Solène Avril! Also, wer die von der Bettkante stößt, muss ja bescheuert sein.« Er warf mir einen unmissverständlichen Blick zu. »Und ihr seht euch morgen Abend schon wieder? Im Ritz? Ich wette, das Weib hat da eine Suite mit ’nem riesigen Kingsize-Bett. Junge, Junge, du hast vielleicht ein Schwein.«
    »Meine Güte, Robert!«, rief ich aus. »Wir treffen uns, um über den Ablauf der Dreharbeiten zu sprechen. Kannst du auch mal an was anderes denken?«
    Robert schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er entschlossen. »Nicht bei dieser Frau!«
    »Nun – ich jedenfalls habe keinen Bedarf. Ich bin schon verliebt, erinnerst du dich?«
    Ich dachte einen Augenblick an Mélanie, die erst am Mittwoch aus der Bretagne wieder nach Paris zurückkehren würde, und fragte mich, was sie wohl gerade machte. Vielleicht ging sie in diesem Moment am Meer spazieren und dachte auch an mich.
    »Aber was hat das denn mit Liebe zu tun?« Robert warf mir einen verständnislosen Blick zu, und ich konnte geradezu sehen, wie sich hinter seiner gerunzelten Stirn das Wort »Idiot« zu bilden begann. Dann schoss ihm offenbar ein neuer Gedanke durch den Kopf und seine Miene hellte sich auf. »Sag mal, Alain … meinst du, ich könnte am Sonntagabend mitkommen? So als dein Freund?«
    Ich lachte vergnügt. »Auf keinen Fall, mein Lieber! Das Essen im Ritz ist rein geschäftlich.«
    »Haha! Rein geschäftlich, das glaubst auch nur du!« Robert zog einen Flunsch. »Dann lad mich wenigstens dazu, wenn die Dreharbeiten beginnen.«
    »Mal schauen, ob sich das einrichten lässt.« Ich grinste.
    »Hey, was soll das heißen, Mann – willst du mir mein Leben versauen? Ich will sie doch nur mal kennenlernen.«
    Er sah mich aus seinen hellblauen Augen in entwaffnender Unschuld an, und ich begann zu verstehen, warum die meisten Frauen ihm nicht widerstehen konnten. Diesem Leopard mit Häschenblick konnte man sich schwer entziehen.
    »Und was ist mit der sensationellen Melissa?«, fragte ich, auch wenn ich die Antwort bereits kannte.
    »Was soll mit ihr sein?« Robert sah mich erstaunt an und trank den letzten Schluck Café aus seiner Tasse. »Melissa ist ein nettes Mädchen, die sich mit den Newtonschen Gesetzen beschäftigen muss, weil sie bald ihre Prüfungen hat. Außerdem ist alles relativ, das sagt schon der von mir so sehr geschätzte Monsieur Einstein.«
    »So hat er das gewiss nicht gemeint.«
    »Klar hat er das so gemeint.« Ein leicht verschlagenes Grinsen stahl sich in Roberts Gesicht. »Also – bist du jetzt mein Freund oder nicht?«
    Ich schob die Tasse ein Stück von mir weg und seufzte ergeben. »Keine Sorge – ich bin dein Freund.«
    »Und ich deiner. Hast du überhaupt die passende Kleidung für ein Abendessen im Ritz? Ich wette, du bringst es noch fertig, da im Pullover aufzutauchen. Im Ritz!«
    Man kann mir ja vieles nachsagen, aber diese Wette hätte mein bester Freund Robert Roussel, Professor für Astrophysik und Schwarm aller Studentinnen, glatt verloren. Denn als ich am Sonntagabend mit dem Taxi im Ritz vorfuhr, trug ich ein blütenweißes Hemd mit Krawatte und einen eleganten dunkelblauen Anzug. Meine Erscheinung ließ nichts zu wünschen übrig. Das hätte selbst Robert zugeben müssen.
    Doch in einem sollte mein Freund dennoch Recht behalten. Das Abendessen mit Solène Avril sollte ganz anders enden, als ich es mir vorgestellt hatte. Und alles andere als geschäftlich.

12
    Die Dramaturgie eines jeden guten Films basiert darauf, dass sich der Regisseur einen Moment im Leben seines Helden herausgreift, in dem ein unerwarteter Vorfall oder eine plötzliche Erkenntnis alles verändert. Dieser Wendepunkt, der das Dasein der Menschen auf der Leinwand in ein Vorher und ein Nachher teilt und es zum Guten oder auch zum Schlechten wendet,

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