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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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von sich. Dann reichte er mir seine Visitenkarte und ich steckte sie in meine Reverstasche.
    »Ich brauche vielleicht Ihre schöne alte Kino.«
    »Aha«, sagte ich, weil mir ehrlich gesagt nichts Besseres einfiel. Wozu brauchte Allan Wood mein Kino? Es hatte sich zwar in der Branche herumgesprochen, dass der amerikanische Regisseur mit der großen Hornbrille ein paar Spleens pflegte, aber dass das Aufkaufen alter französischer Programmkinos dazugehörte, war mir bisher nicht bekannt gewesen. Und es war mir in diesem Augenblick auch herzlich egal. Ich stand ganz im Bann von Solène Avril und starrte wie ein Somnambuler auf die hellblonde Frau, die ihr zartes weißes Wollcape anmutig zurechtrückte. Es lag wie eine duftige Wolke um ihre Schultern und verlieh ihrer Erscheinung etwas Engelsgleiches. Sie schien geradezu über dem Kopfsteinpflaster zu schweben.
    »Ach, das ist alles so aufregend «, hauchte sie. »Ich fühle mich wie ein kleines Mädchen. Dürfen wir reinkommen und uns ein bisschen umschauen, Alain? Bitte! «
    Sie sah mich an, legte einen Moment ihre Hand auf meinen Arm, und ich merkte, wie meine Knie weich wurden.
    »Klar doch«, sagte ich. »Klar doch.« Und taumelte rückwärts gegen das heruntergelassene Gitter. Ich muss sagen, dass auch ich das alles ziemlich aufregend fand. Nicht in meinen kühnsten Träumen wäre es mir in den Sinn gekommen, dass eine Leinwandikone wie Solène Avril mich eines Tages um irgendetwas bitten würde. Das war schon ganz großes Kino.
    Ich hatte also die Schlüssel vom Trottoir aufgehoben und kurze Zeit später hatten wir gemeinsam das kleine Foyer betreten, in dem wir jetzt wieder standen, und in dem Solène Avril sofort Vertrautes entdeckt hatte. Mit begeisterten Ausrufen (»Nein! Diesen Spiegel kenne ich noch!« oder »Schau mal, chéri – La rêve est réalité – der Spruch hing schon damals über der Kasse, davon habe ich dir doch erzählt!«) unterbrach sie immer wieder Allan Wood, der mir umständlich und gestenreich sein Anliegen vortrug, während Solène sich in ihrer kleinen Zeitreise verlor.
    Es war zunächst nicht ganz einfach für mich, Sinn und Zweck dieses nächtlichen Besuchs auszumachen, denn die beiden schienen darin erprobt, sich permanent ins Wort zu fallen. Das erschwerte das Zuhören, aber nach einer Weile hatte ich immerhin so viel verstanden:
    Allan Wood hatte die Absicht, einen neuen Film zu drehen, mit Solène Avril in der Hauptrolle. Der neue Film sollte Zärtliche Gedanken an Paris heißen und natürlich auch in Paris spielen. Es war eine Liebesgeschichte, die Suche einer Frau nach einer verlorenen Jugendliebe, deren Dreh- und Angelpunkt ein altes Programmkino war.
    Aus diesem Grund war man nach Paris gereist. Und es musste das Cinéma Paradis sein, weil die kapriziöse Solène dieses Kino noch aus Kindertagen kannte und es ihre fixe Idee geworden war, nur dort wirklich gut spielen zu können. Darüber hinaus durchlebte sie nach zehn Jahren in Amerika gerade eine sentimentale Phase, was die französische Hauptstadt betraf. Die Paris-Reminiszenzen seiner Lieblingsschauspielerin waren es wohl letztlich auch gewesen, die den betagten Regisseur zu seinem neuesten Filmprojekt inspiriert hatten.
    »Ach, seien Sie froh, dass Sie in Paris leben, Alain. Amerika hängt mir vraiment zum Halse raus«, erklärte Solène und hakte sich wie selbstverständlich bei mir unter, als wir nach einer Stunde, in der jeder Winkel des Kinos inspiziert worden war, wieder auf die Straße traten. »Wie habe ich diese holprigen Gassen vermisst, die wunderbaren alten Häuser, die Lichter, die sich in der Seine spiegeln, den Geruch auf den Straßen, wenn es geregnet hat, den Duft der Kastanienbäume in den Tuilerien und all die vielen kleinen Cafés, Bistros und bunten Geschäfte in Saint-Germain. Diese winzigen tartes au citron, die meringues .« Sie redete auf mich ein, während wir die Straße zum Quai hinuntergingen und Allan Wood nach einem Taxi Ausschau hielt.
    »In Kalifornien ist alles riesig, wissen Sie? Die Pizzen, das Eis, die Geschäfte, die Menschen, das freundliche Lächeln der Kellnerinnen – alles XXL. Es nervt! Und das Wetter ist immer gleich. Immer Sonne. Jeden verdammten Tag. Wissen Sie, wie öde das ist, wenn man gar keine Jahreszeiten mehr hat?«
    Ich dachte an das grässliche Wetter im Februar, das die meisten Bewohner von Paris in eine regelrechte Depression gestürzt hatte, und schüttelte den Kopf.
    »Da, ein Taxi!« Allan blieb stehen und

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