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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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ist das Herzstück der Handlung. Und nicht selten haben der Zufall oder das Schicksal – unterm Strich macht dies ja keinen großen Unterschied – die Finger im Spiel.
    Ein Mann sieht, wie in einem vorüberfahrenden Zug jemand ermordet wird. Ein Angestellter findet morgens in der Telefonzelle eine Fahrkarte nach Rom und beschließt, nicht zur Arbeit zu gehen, sondern eine Reise zu wagen. Eine Frau entdeckt in der Anzugtasche ihres Mannes eine verräterische Hotelrechnung. Ein Kind stirbt bei einem Autounfall, und sein Tod bringt eine ganze Familie aus dem Gleichgewicht. Ein Mann findet bei einem Picknick im Bois de Boulogne heraus, dass er eigentlich die Freundin seiner Braut liebt. Drei verkrachte Geschwister werden im Testament der toten Mutter dazu verdonnert, zusammen den Jakobs-Pilgerweg zu gehen, bevor sie ihr Erbe antreten dürfen. Ein unglückliches Mädchen wird von einem jungen Bibliothekar daran gehindert, von der Brücke zu springen, und die beiden verlieben sich. Die Tochter der Millionärin versteckt den gutaussehenden Dieb, der an ihre Hoteltür hämmert. Ein verheirateter Mann trifft fünf Jahre nach dem Krieg in einem Café unerwartet seine erste Liebe wieder.
    Ach ja, einen hab ich noch: Der Besitzer eines kleinen Lichtspieltheaters macht mit einer berühmten Schauspielerin einen Abendspaziergang auf einem der schönsten Plätze von Paris.
    Immer ist es ein einziger Moment, der alles in Gang setzt und neue Zusammenhänge schafft. Ursache und Wirkung. Tat und Folge. Der Schmetterling, der mit den Flügeln schlägt und viele tausend Kilometer entfernt ein Erdbeben auslöst.
    Im wirklichen Leben jedoch kann man sich, anders als im Film, jene schicksalhaften Momente, die eine grundstürzende Veränderung nach sich ziehen, nicht aussuchen. Ja, oft hat man nicht einmal die leiseste Ahnung, dass man gerade dabei ist, auf einen solchen Augenblick zuzusteuern.
    Still und majestätisch lag die Place Vendôme in der Abenddämmerung da. Eine unberührte Insel, die von der Großstadt vergessen worden zu sein schien. Auf einer imposanten Säule, die in der Mitte des Platzes aufragte, wachte das gusseiserne Standbild Napoleons erhaben über die Zeit und alles Menschliche. In den an den Platz angrenzenden Arkaden befanden sich jede Menge Banken und darüber hinaus die elegantesten Geschäfte und teuersten Juweliere von Paris. An der Place Vendôme kam man nicht einfach so vorbei, und als mein Taxi jetzt vor dem Hoteleingang des Ritz hielt, überlegte ich, wann ich das letzte Mal über diesen Platz gekommen war. Ich konnte mich nicht erinnern.
    Der Portier hielt mir die Wagentür auf und ich stieg aus und betrat zum ersten Mal in meinem Leben das älteste Grand Hotel der Welt.
    Ich sah mich suchend in der Einganghalle um, an deren rechter Seite sich die Rezeption befand, und nur eine Sekunde später steuerte schon ein Hotelangestellter mit ergrautem Haar auf mich zu und fragte diskret, ob er mir behilflich sein könne.
    »Bonsoir. Ich habe eine Verabredung mit Monsieur Allan Wood und … äh … Madame Avril«, sagte ich und hatte für einen kurzen Augenblick Angst, dass man mir nicht glauben würde.
    »Selbstverständlich, Monsieur Bonnard. Die Herrschaften erwarten Sie schon. Wollen Sie mir bitte folgen?«
    Der livrierte ältere Herr schien gänzlich unbeeindruckt und ging gemessenen Schrittes voraus. Ich hingegen war zutiefst beeindruckt, allein schon deswegen, weil er meinen Namen kannte. Wir durchquerten die Eingangshalle und kamen an einem Innenhof mit steinernen und marmornen Statuen vorbei, an dessen Tischen auch um diese Uhrzeit noch einige Gäste saßen und rauchten.
    Zur Teestunde reicht man hier silberne Étagèren mit kleinen tartes aux framboises und feinen Sandwiches – das wusste ich von Robert, der die Verschwiegenheit dieses Ortes schätzte, wenn er ab und zu mit einer Auserwählten hierherkam und nicht gesehen werden wollte. »Eine Teestunde im Ritz kann sich sogar ein armer Professor leisten«, hatte er gescherzt. Ein dicker Läufer mit orangefarbenen Ornamenten schluckte das Geräusch unserer Schritte, als wir auf eine altmodische Sitzgruppe zusteuerten, an deren Rückseite über einem marmornen Kaminsims ein gigantisches Blumengesteck aus tiefblauen Gladiolen, violetten Tulpen, weißen Orchideen und rosafarbenen Rosen fast bis an die Decke reichte. Staunend sah ich mich um. Wohin mein Blick auch fiel, gab es Blumen, Bilder, Spiegel, Antiquitäten, vereinzelt auch Menschen, die mit einem

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