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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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gehen.«
    Sie hakte sich bei mir unter. Unsere Schritte hallten, als wir an den Geschäften vorbeigingen, deren Auslagen auch um diese Uhrzeit noch erleuchtet waren, und der Geruch der Zigarette vermischte sich mit dem pudrigen Duft ihres Parfüms.
    »Sie haben ein sehr ungewöhnliches Parfüm – was ist das?«, fragte ich.
    Sie sah mich von der Seite an und steckte mit der freien Hand eine Haarsträhne fest, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte.
    »Gefällt es Ihnen? Das ist von Guerlain. L’Heure bleue. Ein sehr alter Duft. Stellen Sie sich vor, den gibt es schon seit 1920.«
    »Unglaublich. Er gefällt mir sehr.«
    »Sie gefallen mir auch, Alain.«
    »Ich? Ach, du meine Güte.« Ich grinste verlegen. »Ich bin eine Katastrophe von einem Mann. Ich jage nicht, ich boxe nicht, ich kann nicht mal Klavier spielen.«
    »Das ist in der Tat eine Katastrophe.« Sie lachte. »Ich wette, Sie können nicht mal tanzen, aber das ist nicht entscheidend. Das hier oben …«, sie tippte mir an die Stirn, »das ist wichtig, das ist attraktiv und das gefällt mir so an Ihnen. Sie wissen viel, Sie sind intelligent, Sie haben Phantasie. Ich erkenne so etwas sofort.« Sie warf mir einen schelmischen Blick zu. »Doch, doch, Sie haben einen guten Kopf. Ein richtiger Intellektueller, ein bisschen schüchtern vielleicht, aber ich finde das sehr süß!«
    Ein schüchterner Intellektueller! Ich schüttelte den Kopf. Es ist erstaunlich, was die Leute alles so in einen reinprojizieren, nur weil man nicht Tag und Nacht redet.
    »Na, so intellektuell nun auch wieder nicht.«
    »Sie kennen die texanischen Farmer nicht.« Solène seufzte, dann blieb sie unvermittelt stehen und sah mich an.
    »Und ich? Gefalle ich Ihnen? Ich meine, so rein theoretisch.«
    Ein paar feine hellblonde Haare wehten in ihr Gesicht und sie verzog den Mund zu einem Lächeln. Sie stand da, eine Lichtgestalt in der Dunkelheit, und wartete auf eine Antwort.
    Mir wurde ganz anders. Bekam ich da gerade einen Antrag von Solène Avril? Wieder befiel mich dieses unwirkliche Gefühl. Der Boden schien leise unter mir zu schwanken, und ich meinte, die Erdbewegung zu spüren. Ich schluckte und räusperte mich.
    »Meine Güte, Solène, was ist das für eine Frage? Natürlich gefallen Sie mir. Und das nicht nur theoretisch. Schauen Sie sich doch an! Von der Theorie sind Sie so weit entfernt wie … wie ein Sommertag von einem … von einem Hängeregister. Ich meine, gibt es irgendeinen Mann, der Ihnen widerstehen könnte? Sie sind so eine wunderschöne und strahlende Frau … und wirklich sehr … sehr verführerisch …« Ich brach ab und fuhr mir durch die Haare.
    »Höre ich da ein Aber?«
    »Solène … ich …«
    »Ja?« Ihre tiefblauen Augen nahmen einen eigenartigen Glanz an.
    Es war wirklich nicht leicht und vielleicht war ich der größte Idiot, den die Welt jemals gesehen hatte, denn dies war unzweifelhaft einer jener Momente, die sich nicht wiederholten im Leben. Doch dann schob sich wie die Scheibe des Mondes ein anderes Bild vor mein Auge.
    Ich sah eine alte Kastanie und eine mädchenhafte Frau im roten Mantel, die leise fragte: »Wäre jetzt nicht der Moment?«
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Es ist der falsche Moment.«
    »Es gibt also jemanden?«
    Ich nickte. »Ja. Und es ist nicht irgendjemand, Solène. Ich habe mich ernsthaft verliebt – in eine Frau, die schon seit einigen Monaten in meine Vorstellungen kommt. Am Mittwoch habe ich sie zum ersten Mal geküsst. Und es fühlt sich so an, als hätte ich sie immer schon geliebt, auch wenn ich sie nicht immer schon gekannt habe, verstehen Sie das?« Ich legte eine Hand auf mein Herz. »Ich hoffe, Sie sind mir jetzt nicht böse.«
    Solène schwieg. Dann lächelte sie. »Nun, es scheint offenbar unser Schicksal zu sein, dass wir uns immer knapp verpassen.« Sie hakte sich wieder bei mir ein. »Natürlich bin ich Ihnen nicht böse, aber hätten Sie nicht noch ein paar Tage warten können mit dem Küssen? Dann hätte ich wenigstens eine kleine Chance gehabt.«
    Ich lachte, erleichtert darüber, dass sie es so gelassen nahm. Solène Avril hatte sicherlich jede Menge Chancen und das wusste sie auch. Während wir weiter den Platz umrundeten, warf sie mir einen koketten Blick zu und seufzte. »Also schön, Sie bis über beide Ohren Verliebter. Dann wünsche ich Ihnen viel Glück und komme in zehn Jahren noch mal vorbei.«
    »In zehn Jahren haben Sie mich längst vergessen.«
    »Oder Sie mich.«
    »Das wird schwer – Sie

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