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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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auf mich zu mit dem Ansinnen, aus dem Cinéma Paradis eine Art Premium-Kino zu machen, wo die vom Luxus Verwöhnten bei Cocktails und erlesenem Finger-food unter sich blieben, wenn sie während einer Filmvorführung chillten.
    Ich lehnte alles dankend ab, wohl wissend, dass der Preis der Sicherheit die Freiheit war. In jenen turbulenten Wochen schien das Cinéma Paradis mir beides bieten zu können: finanzielle Sicherheit und unternehmerische Freiheit. Und was war schöner für einen Mann, der in aller Ruhe und Bestimmtheit einer Idee gefolgt war und nun mit einem Mal in den Genuss kam, dass diese Idee auch Früchte trug.
    »Alain Bonnard ist etwas ganz Zauberhaftes gelungen, etwas, das selten geworden ist in unseren Tagen, man möchte glatt neidisch werden«, hatte Monsieur Patisse in seinem Artikel geschrieben.
    Mir war schon klar, dass die Aufmerksamkeit, die mir plötzlich zuteil wurde, ihren Auslöser vor allem in der Fürsprache von Solène Avril hatte. So vermessen war ich nicht anzunehmen, dass Paris eine Art nostalgische Revolution erlebte, deren Vorreiter ich gewesen war – aber zu jedem Erfolg gehört eben auch ein bisschen Glück. Und das hatte sich nun einmal vor meine Tür gestellt.
    Ohne Zweifel und in den Worten meines Vaters war dies der Höhepunkt meiner beruflichen Karriere in der Kinobranche.
    Und so hätte dieser zweite Mittwoch im April eigentlich der fulminante Auftakt zu den schönsten Wochen meines Lebens sein können, wenn nicht etwas passiert oder besser gesagt nicht passiert wäre – etwas, das ich nicht für möglich gehalten hatte, als ich am Morgen in freudiger Ausgelassenheit meine Wohnung mit Blumen dekorierte.
    Die Frau im roten Mantel war nicht gekommen.
    Der Mond stand hoch über den alten Häusern der Stadt. Seine runde Scheibe schmiegte sich an eine Wolke, die einsam am tiefblauen Himmel schwebte. Und als ich mich endlich zögernd auf den Weg in die Rue de Bourgogne machte, dachte ich, dass die Nacht wie geschaffen war für zwei Verliebte. Doch ich ging allein durch die engen Straßen, das Echo meiner Schritte hallte schwer von den Hauswänden wider, und auch mein Herz war schwer.
    Mélanie war nicht gekommen, und ich wusste nicht, warum.
    Kurz vor acht, die Besucher der zweiten Vorstellung saßen gerade in ihren Sesseln und amüsierten sich mit Julie Delpy und ihrem unkonventionellen französischen Vater, war ich vor das Kino getreten, um Mélanie zu empfangen. Als sie um zwanzig nach acht noch nicht erschienen war, glaubte ich ganz zuversichtlich an eine Verspätung. Vielleicht gehörte Mélanie zu den Menschen, die nicht pünktlich sein konnten – diese Seite ihres Wesens hatte ich noch gar nicht kennengelernt. Ich hatte nachsichtig gelächelt, wer war in seinem Leben denn nicht schon einmal zu spät gekommen – so etwas passierte eben. Vielleicht hatte ein Anruf sie daran gehindert, ihre Wohnung rechtzeitig zu verlassen, vielleicht hatte der Zug aus der Bretagne Verspätung gehabt, vielleicht hatte sie sich besonders hübsch machen wollen.
    Es gab tausend Gründe. Ich hatte mir eine Zigarette aus dem Päckchen geschüttelt und war rauchend ein paar Schritte vor dem Kino auf- und abgegangen. Doch mit dem Verstreichen weiterer Viertelstunden hatte sich in mein Lächeln eine unbestimmte Angst geschlichen.
    Wenn etwas dazwischengekommen war, warum hatte Mélanie dann nicht im Kino angerufen? Auch wenn sie meine Privatnummer nicht besaß, hätte sie doch sehr leicht die Nummer des Cinéma Paradis herausfinden und sich melden können.
    Während die zweite Vorstellung an diesem Abend sich ihrem Ende zuneigte und die kulturschockmäßigen Verwicklungen der französisch-amerikanischen Großfamilie in New York ihrem Höhepunkt zustrebten, tigerte ich im Foyer auf und ab.
    Konnte es sein, dass Mélanie gar nicht aus der Bretagne zurückgekehrt war? Vielleicht hatte die alte Tante eine schlimme Lungenentzündung und Mélanie wachte an ihrem Bett und hatte in all der Aufregung unsere Verabredung vergessen.
    Wider jeden besseren Wissens zog ich mein Mobiltelefon aus der Tasche und warf einen Blick darauf. Tatsächlich zeigte das Display drei neue Anrufe an – ich kannte keine der Nummern. Aufgeregt rief ich zurück.
    Zwei Journalisten meldeten sich, keine Ahnung, wie die an meine Nummer gekommen waren, und eine reizende alte Dame, die sich mit ihrem neuen Mobiltelefon – dem Geschenk ihrer Tochter zu ihrem dreiundachtzigsten Geburtstag – erst einmal verwählt hatte und sich tausend

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