Eines Greifen Ei
doch spürbare Mühe zu atmen. »Also. Wie stehen die Dinge?«
»Man wird eure Kontrollapparate in Kürze ausprobieren. Der erste Schwung Chips dürfte in einer Stunde oder so aus den Fabriken kommen. Ich dachte, ich bleibe auf und sehe mir an, wie sie sich machen.«
»Ist es so schlimm?« Ekatarina schüttelte den Kopf und vermied es, ihn anzusehen. »He, jetzt mal ehrlich, du wartest auf die Ergebnisse, dabei sehe ich dir an, wie müde du bist. Bei der ganzen Sache muß doch vieles im argen liegen.«
»Mehr, als du ahnst«, sagte sie kummervoll. »Ich bin gerade die Zahlen durchgegangen. Das Ganze ist viel schlimmer, als du es dir vorstellen kannst.«
Er streckte den Arm aus und griff nach ihrer kalten, blutleeren Hand. Sie drückte ihn so fest, daß es weh tat. Ihre Blicke trafen sich, und er sah in ihren Augen all die Angst und die Fragen, die ihn selbst auch bewegten.
Wortlos standen sie auf.
»Ich habe eine Koje für mich allein«, sagte Ekatarina. Sie hatte seine Hand nicht losgelassen, sondern hielt sie vielmehr so fest, als wollte sie sie nie mehr loslassen.
Gunther ließ sich von ihr wegführen.
SIE LIEBTEN SICH UND REDETEN LEISE über belangloses Zeug und liebten sich wieder. Gunther hatte gedacht, daß sie nach dem ersten Mal sofort einnicken würde, doch dazu steckte sie viel zu sehr voll nervöser Energie.
»Sag mir, wenn du kurz davor bist zu kommen«, murmelte sie. »Laß es mich wissen, wenn du kommst.«
Er hielt in den Bewegungen inne. »Warum sagst du das jedesmal?«
Ekatarina sah mit verschwommenem Blick zu ihm auf, und er wiederholte die Frage. Dann stieß sie ein tiefes, kehliges Lachen aus. »Weil ich frigide bin.«
»Wie bitte?«
Sie nahm seine Hand und rieb ihre Wange daran. Dann neigte sie den Kopf und fuhr mit der Bewegung fort, strich mit seiner Hand über ihren Hals und an der Seite ihren Kopfes nach oben. Er spürte das kurze, stoppelige Haar in seiner Handfläche und dann, hinter dem Ohr, zwei Erhebungen unter der Haut, wo Biochips implantiert worden waren. Der eine war bestimmt ihr Mentalkom-Chip, und der andere ... »Es ist eine Prothese«, erklärte sie. Ihre Augen waren grau und feierlich. »Sie wirkt auf die Lustzentren. Wenn es angebracht ist, kann ich meinen Orgasmus mit einem Gedanken einschalten. Auf diese Weise können wir immer zur gleichen Zeit kommen.« Sie bewegte beim Sprechen die Lippen langsam unter ihm.
»Aber das bedeutet doch, daß du eigentlich gar keine sexuelle Stimulation brauchst, oder? Du kannst nach Belieben einen Orgasmus auslösen. Während du im Bus fährst. Oder hinter einem Schreibtisch sitzt. Du brauchst nur dieses Ding anzustellen, dann kannst du stundenlang ununterbrochen kommen.«
Sie sah belustigt aus. »Ich werde dir ein Geheimnis verraten. Als das Ding neu war, habe ich solche Scherze getrieben. Das machen alle. Aber sehr bald wird einem das zu blöd.«
Zutiefst in seinem Stolz getroffen, sagte Gunther: »Weshalb bin ich dann hier? Wenn du so etwas Praktisches besitzt, warum brauchst du mich dann noch?« Er war drauf und dran, sich aus ihr zurückzuziehen.
Sie umklammerte ihn und zog ihn wieder in sich hinein. »Du hast irgendwie etwas Angenehmes«, sagte sie. »Auf eine widersprüchliche Weise. Komm her!«
ER GING ZURÜCK ZU SEINEM FUTONBETT und machte sich daran, die Teile seines Anzugs zu ordnen. Liza setzte sich verschlafen auf und glotzte ihn an. »Aha«, sagte sie. »So ist das also.«
»Na ja. Man könnte sagen, ich hatte noch etwas Unerledigtes zu vollenden. Eine alte Beziehung.« Vorsichtig streckte er eine Hand aus. »Du bist mir doch nicht böse, oder?«
Sie ignorierte seine Hand und stand auf, nackt und wütend. »Du besitzt den Nerv dazustehen, ohne vorher deinen Schwanz abzuwischen, und fragst, ob ich dir böse bin! Arschloch!«
»Ach, Liza, komm, so ist es nicht!«
»Und ob es so ist! Du darfst wieder mal mit dieser blaßarschigen russischen Eiskönigin ficken, und gleich bin ich Vergangenheit. Denke nicht, ich weiß nicht alles über sie.«
»Ich hatte gehofft, wir könnten weiterhin - du weißt schon - Freunde bleiben.«
»Nett gesagt, Scheißkerl!« Sie ballte die Hand zur Faust und schlug ihn mit aller Wucht in die Mitte der Brust. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Mach, daß du wegkommst! Ich kann dich nicht mehr sehen!«
Er ging.
ER SCHLIEF JEDOCH NICHT. Ekatarina war noch wach und völlig aus dem Häuschen über die ersten Berichte, die über das neue Kontrollsystem eintrafen. »Es
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