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Eines Greifen Ei

Eines Greifen Ei

Titel: Eines Greifen Ei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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großer psychologischer Wirkung. Sie setzt nicht nur die Vektoren des getroffenen Ziels außer Kraft, sondern belastet die Arbeitskraft und Materialvorräte des Feindes in unverhältnismäßig hohem Grad durch die Hilfe, die er den Opfern leisten muß. Aufgrund dieser besonderen Eigenart ihrer Wirkung übt sie einen zutiefst demoralisierenden Einfluß auf jene aus, die den Opfern ausgesetzt sind, vor allen bei jenen, die mit der Pflege betreut sind. Deshalb wird sie als strategische Waffe mit besonderer Vorliebe eingesetzt.« Er hätte aus einem Bedienungshandbuch vorlesen können.
    Gunther grübelte. »Die Einberufung der Versammlung über die Chips war also kein Fehler, oder? Du wußtest, daß es funktionieren würde. Du wußtest, daß sie einer Stimme gehorchen würden, die in ihren Köpfen spricht.«
    »Ja.«
    »Dieses üble Pflänzchen ist wohl auf dem Mist des Zentrums gewachsen, was? Das ist das Zeug, über das du nicht sprechen durftest!«
    »Zum Teil.«
    Gunther verringerte die Energie seines Geräts und klappte eine Linse hoch. »Du verdammter Mistkerl, Krishna! Zur Hölle mit dir, du blödes Schwein!«
    Krishan blickte verstört von seiner Arbeit auf. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein! Nein, du hast überhaupt nichts Falsches gesagt - du hast lediglich viertausend Leute um den Verstand gebracht, das ist alles! Wach endlich auf und sieh dir genau an, was ihr Wahnsinnigen mit eurer Waffenforschung angerichtet habt!«
    »Es war keine Waffenforschung«, sagte Krishna nachsichtig. Er zeichnete eine lange, gewundene Linie in die schematische Darstellung. »Doch wenn die reine Wissenschaft vom Militär finanziert wird, dann wird sich das Militär militärische Anwendungsmöglichkeiten für die Wissenschaft ausdenken. So ist das nun mal.«
    »Wo liegt der Unterschied? Es ist geschehen. Und du bist verantwortlich.«
    Jetzt schob Krishna seinen PeCe tatsächlich zur Seite. Er sprach mit einer Leidenschaft, die für in ganz und gar untypisch war. »Gunther, wir brauchen diese Informationen. Ist dir klar, daß wir versuchen, eine technologische Zivilisation mit einem Gehirn zu betreiben, das im Neolithikum entwickelt wurde? Ich meine es vollkommen ernst. Wir sind alle gefangen in den alten Jäger-Sammler-Programmen, und sie nützen uns nichts mehr. Bedenke doch mal, was auf der Erde vor sich geht. Man steckt dort bis zum Bauch in einem Krieg, den niemand will und in dem niemand kämpfen möchte; auf allen Seiten verschlingt er Unsummen, und vielen bringt er Unsummen ein, und niemand kann ihn aufhalten. Die Denkweise, die uns in diese Ecke treibt, ist nicht zu unserem Wohle. Sie muß sich ändern. Und das ist das Ziel, auf das wir hinarbeiten - die Zähmung des menschlichen Gehirns. Es muß im Zaum gehalten, ihm müssen Zügel angelegt werden.
    Zugegeben, unsere Forschung wurde gegen uns verwendet! Doch was bedeutet eine Waffe mehr unter so vielen? Wenn Neuroprogramme nicht zur Verfügung gestanden hätten, dann hätte man etwas anderes verwendet. Senfgas zum Beispiel, oder Plutoniumstaub. Am einfachsten wäre gewesen, ein Loch ins Dach zu sprengen und uns alle ersticken zu lassen.«
    »Das ist doch alles Mist, mit dem du dich vor dir selbst rechtfertigen willst, Krishna! Es gibt keine Entschuldigung für das, was du getan hast.«
    Leise, doch mit Überzeugung sagte Krishna: »Du wirst mir niemals einreden, daß unsere Forschungsarbeit nicht die bedeutendste Leistung ist, die man heute erbringen kann. Wir müssen die Beherrschung über dieses Ungeheuer in unseren Schädeln erlangen. Wir müssen unsere Denkweisen ändern.« Er dämpfte die Stimme noch mehr. »Das Traurige ist, daß wir uns nur ändern können, wenn wir überleben. Aber um zu überleben, müssen wir uns zuerst ändern.«
    Danach arbeiteten sie schweigend weiter.

    GUNTHER ERWACHTE AUS ruhelosen Träumen und stellte fest, daß die Schlafschicht erst zur Hälfte vorüber war. Liza schnarchte. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, zog er sich an und schlich barfuß aus seiner Koje und durch den Gang. Im Gemeinschaftsraum brannte Licht, und er hörte Stimmen.
    Ekatarina blickte bei seinem Eintreten auf. Ihr Gesicht war blaß und abgespannt. Schwache Ringe hatten sich unter ihren Augen gebildet. Sie war allein.
    »Ach, hallo! Ich habe gerade mit dem KMP gesprochen.« Sie schaltete per Gedanken ihren PeCe aus. »Nimm Platz.«
    Er zog sich einen Stuhl heran und beugte sich tief über den Tisch. Jetzt, da er ihr so nah war, empfand er eine zwar geringe,

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