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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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nachdrücklichen Handbewegung wischte er den Einfall vom Tisch. «Sobald er einen festen Stamm hat, bootet er dich aus. Aber ich sag dir was anderes. Geh in die Politik. Wenn du da Mist baust, fällt’s nicht auf. Und als Abgeordneter oder Senator hast du es dann geschafft. Abgesehen vom Gehalt bringt dir das auch Umsatz, weil die Leute denken, du hast einen guten Draht zum – sagen wir zum District Attorney, zu den Richtern und Urkundsbeamten. Und sie erwarten gar nicht, daß du die Fälle persönlich bearbeitest, weil du ja im Parlament zu tun hast, sie erwarten, daß du sie einem deiner Mitarbeiter übergibst.»
    Wieder zeigte Scofield die großen weißen Zähne. «Einem Juden oder Italiener?»
    «Warum nicht?» Plötzlich kam ihm ein Gedanke. «Hast du den Besucher gesehen, der gestern nachmittag bei mir war? Das war Jini Tulley. Pfleger oder so was im Lyon Hospital. Er hat mir erzählt, daß Joe Bradley, der Senator für unseren Bezirk, bei ihnen im Krankenhaus war. Schwerer Herzanfall. Reine Routineuntersuchung, hieß es nach außen hin, aber in Wirklichkeit war es eine Herzattacke, ganz böse Sache.»
    «Ja und?»
    «Und das riecht ganz danach, daß er sich nicht zur Wiederwahl stellt. Noch weiß das keiner. Wenn du dich also bewerben würdest …»
    «Für den Senat? Lächerlich. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich im ersten Anlauf einen Senatorenposten im Parlament von Massachusetts ergattere? So was muß vorbereitet werden. Daß ich es schaffen würde, in den Magistrat von Barnard’s Crossing gewählt zu werden, das ist noch denkbar, aber –»
    «Und was hättest du davon? Nichts, außer Anrufen von Leuten, die über die Müllabfuhr meckern. Und finanziell springt dabei auch nichts raus. Wie viele Magistratsmitglieder kennst du, die in der Politik was geworden sind? Nein, in der Kommunalpolitik kommt man auf keinen grünen Zweig. Aber wenn du im Staatsparlament bist, hast du entschieden Möglichkeiten. Später kannst du dich in irgendeinen Ausschuß wählen lassen oder Richter werden, falls dir so was liegt. Oder du rückst zum Kongreßabgeordneten auf und gehst nach Washington. Und da gibt’s dann Chancen noch und noch …»
    «Ja, aber dazu braucht man Geld, und–»
    «Jetzt sag ich dir, wie das erste Gebot in der Politik heißt», erklärte Mulcahey gewichtig. «Du sollst nie mit deinem eigenen Geld arbeiten. Wozu gibt’s Wahlkampfspenden?»
    «Aber ganz ohne Startkapital geht’s auch nicht.»
    Mulcahey nickte. «Stimmt. Aber das muß doch bei dir da sein. Wenn ich mir deine Klamotten so ansehe … Und die Wohnung in Waterfront Towers … Von den Umsätzen aus deiner Praxis könntest du dir das nicht leisten.»
    «Ein bißchen was habe ich schon», räumte Scofield ein. «Meinen Anteil an dem Haus, das nach Vaters Tod verkauft worden ist. Aber es sind nur ein paar Tausender.»
    «Viel brauchst du ja auch nicht für den Anfang. Und es ist kein verlorenes Geld. Es ist Werbung, verstehst du? Ob du die Wahl gewinnst oder verlierst – sie ist kostenlose Reklame für dich. Nimm eine beliebige Wahlveranstaltung. Du stellst dich vor. ‹Ich bin John Scofield und habe eine Anwaltspraxis in Salem.› Im Publikum sitzt ein Typ, der irgendein juristisches Problem hat. Jemand schuldet ihm Geld und will nicht zahlen, oder er muß einen Vertrag aufsetzen und hat keinen Anwalt. Da steht nun ein netter junger Bursche, der einen ganz vernünftigen Eindruck macht und Anwalt in Salem ist. Sagt er sich, gehst du einfach mal zu dem. Klarer Fall, nicht? Und was passiert, falls du gewinnst?»
    «Na, was denn?»
    Mulcahey hob die Arme, als wollte er den Himmel umarmen. «Dann kriegst du die großen Fälle. Wir gründen eine Anwaltsfirma – Scofield, Mulcahey, Cohen und Mastangelo.» Er zeichnete das große Firmenschild in die Luft.
    «Wer sind Cohen und Mastangelo?»
    «Der schlaue Jude und der clevere Italiener, die wir uns an Land ziehen. Am besten beide.»
    «Vielleicht Venturo vom Büro des D. A. als italienischen Sozius», meinte Scofield.
    Mulcahey nickte. «Warum nicht?»
    Bei der Vorstellung, den Mann, der ihn ausgetrickst hatte, für sich arbeiten zu lassen, zeigte Scofield erfreut die großen weißen Zähne. Doch dann kam er sehr rasch wieder in die Wirklichkeit zurück. «Das ist doch albern. Ich kann mich nicht als Senator nominieren lassen.»
    «Warum nicht? Das ist deine beste Chance. Du läßt dich für die Republikanische Partei aufstellen, zunächst mal für die Vorwahlen. Daß hier bei uns die

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