Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
geht alles in Ordnung.»
    «Aber er hat einen Vertrag.»
    «Wir zahlen ihm einfach bis zum Ablauf seines Vertrages sein Gehalt weiter. Oder wir finden ihn mit einer Pauschalsumme ab.»
    «Stimmt, dann kann er nicht meckern. Na, dann mal los.»

38
    Das Lokalblatt brachte die Meldung von Pauls Haftprüfungstermin unter den Gerichtsnachrichten. Dem Rabbi, der meist die Zeitung nur flüchtig durchblätterte, bis er die Kirchennachrichten gefunden hatte, war sie entgangen. Aber Miriam, die sich genauer mit der Zeitung beschäftigte, entdeckte die Meldung und machte ihren Mann darauf aufmerksam.
    «Er ist auf Grund eines persönlichen Sicherheitsversprechens auf freien Fuß gesetzt worden, steht hier. Bedeutet das, daß der Richter ihn für unschuldig hält?»
    Der Rabbi schüttelte den Kopf. «Nein, er geht nur davon aus, daß keine Fluchtgefahr besteht.»
    «Armer Junge. Solltest du ihn nicht besuchen, David? Sieh mal, er ist allein, seine Eltern sind verreist …»
    «Es wäre wohl eine gutnachbarliche Geste, ihn mal zum Abendessen einzuladen. Weißt du was? Ich habe seiner Mutter versprochen, ihm einen Zettel durchzustecken, damit er zu Hause ist, wenn sie wieder anrufen. Ich könnte dazuschreiben, ob er nicht zum Sabbatessen kommen will.»
    «Aber sie wollen doch am Freitag anrufen.»
    «Gut, dann schreibe ich, er soll mir gelegentlich Bescheid geben, ob er mal zum Abendessen kommen will. Am besten erledige ich das gleich.»
    Er setzte sich hin, schrieb ein paar Zeilen und zog sich den Mantel über, um den Zettel durchzustecken. «Bin gleich wieder da.»
    Aber es dauerte doch eine Weile, bis er wiederkam, denn als er sich dem Haus der Kramers näherte, lief ihm Paul in die Arme. «Ich wollte Ihnen gerade einen Zettel durchstecken», sagte der Rabbi. «Ihre Mutter hat mich gebeten, Sie daran zu erinnern, daß sie am Freitag wieder anruft.»
    «Schönen Dank, aber das hätte ich schon nicht vergessen.»
    «Ich wollte Sie außerdem fragen, ob Sie Lust hätten, mal zu uns zum Abendessen zu kommen.»
    «Das ist nett, Rabbi, schönen Dank.»
    «Vielleicht paßt es Ihnen am Freitag abend, zum Sabbatessen?»
    «Da wollten sich meine Eltern melden. Aber wenn sie früh genug anrufen …»
    «Ja, dann kommen Sie gleich danach zu uns. Werden Sie Ihren Eltern von Ihrem Problem erzählen?»
    «Nein, eigentlich habe ich das nicht vor. Und wenn sie zufällig bei Ihnen anrufen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie nichts davon sagen würden.»
    «Früher oder später erfahren sie es ja doch», wandte der Rabbi ein.
    «Nicht unbedingt. In ein paar Tagen ist die ganze Geschichte sowieso erledigt. Es gibt neues Beweismaterial, das mich entlastet.»
    «Ach ja?»
    Paul wirkte verlegen, aber er merkte, daß er um eine Erklärung nicht herumkam. «Ja … also … ich war nämlich an dem Abend nicht allein im Haus. Ich hab mit jemandem gelernt, mit einem Mädchen, wir haben lange gearbeitet, und dann ist sie bei mir geblieben. Ich hatte so das Gefühl, daß Sie sich neulich auf dem Revier schon was gedacht haben.»
    «Hm.» Der Rabbi unterdrückte entschlossen jedes äußere Zeichen von Entrüstung oder Mißbilligung. «Und nun wird die junge Dame sich also melden und–»
    «Hat sie schon. Als sie hörte, daß ich verhaftet worden bin, hat sie gesagt, sie geht zu Lanigan und erzählt ihm alles. Ich hab, versucht, es ihr auszureden, weil … na ja, Sie wissen doch, wie die Leute sind. Und ich wollte nicht, daß meine Eltern denken, sobald sie aus dem Haus sind … na ja …»
    «Sie hat bei Chief Lanigan ausgesagt, daß sie die Nacht mit Ihnen verbracht hat?»
    «Genau.» Paul lächelte, um seine Verlegenheit zu verbergen.
    «Hm. Hat sie Ihnen erzählt, wie Chief Lanigan darauf reagiert hat?»
    «Er hat wohl nicht viel gesagt. Richtig, sie hat ihm genau beschreiben müssen, wie sie zu mir gegangen ist. Die genaue Route, meine ich, und ob sie unterwegs Bekannte getroffen hat und ob ihre Mutter Bescheid wußte und wie sie es gemacht hat, daß ihre Mutter es nicht mitkriegt. Als sie kam, hat sie ihre Freundin angerufen und ihr meine Nummer gegeben. Falls ihre Mutter anruft und sie sprechen will, sollte sie sagen, daß sie gerade mal weggegangen wäre und zurückrufen würde. Und dann sollte die Freundin bei mir anrufen, und sie würde sich von da aus melden, als wenn sie bei ihrer Freundin wäre. Und später hat sie dann ihre Mutter angerufen und ihr gesagt, daß sie da übernachtet – bei ihrer Freundin, meine ich. Ich weiß nicht, ob Sie

Weitere Kostenlose Bücher