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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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die sogenannten kleinen Leute begannen, sich ein Eigenheim leisten zu können, immer ein Hobby für viele geblieben. Die Gründung der großen Heimwerkermarkt-Ketten hat ein Übriges dazugetan. Schließlich hat sich sogar die ätherische Modewelt, die von den sägemehlverstaubten Wirkungsstätten der Hobbyhandwerker gar nicht weit genug entfernt sein kann,des Selbermachens angenommen. In Vivienne Westwood hat die Punkbewegung schon einmal eine Vordenkerin gehabt, die das notdürftige Zusammenwerkeln von Anziehbarem aus vorgefundenen Teilen in den Rang eines Bekleidungsstils erhoben hat. Mit ihrer Frühjahr-Sommer-Kollektion 2009 hat sie den Schlachtruf »Do it yourself« noch einmal erneuert. Interessant ist, dass sie mit ihrer Kollektion offenbar auf die sich damals am Höhepunkt befindende Finanz- und Wirtschaftskrise reagierte. 41 In schwierigen Zeiten ist DIY als Nothilfe für viele attraktiv, das hat auch die Modewelt spitzgekriegt und nutzt das Fluidum des Improvisierten zur passenden Stunde.
    Selbermachen ist eine Idee, die immer wieder in die unterschiedlichsten Bereiche ausstrahlt, und kann deshalb nicht als augenblicklicher, flüchtiger Trend abgetan werden. Ein zweiter Grund ist, dass schon seit Längerem Personen und Institutionen aktiv daran arbeiten, den Gedanken des Selbermachens zu befördern. Die Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis, die wir bereits in Kapitel 2 kennengelernt haben, ist eine davon, das Haus der Eigenarbeit eine andere. Das HEi hat darüber hinaus eine ganze Reihe von Schwesterhäusern im ganzen deutschsprachigen Raum, die sich alle der Förderung der Eigenarbeit verschrieben haben, namentlich in Aachen, Achern, Berlin, Bozen, Hamburg, Kempten, Leipzig, Lindau, Marburg, Nienburg, Nürnberg, Owingen, Poppau, Potsdam, Regensburg und Tübingen. 42 Im »Netzwerk Offene Werkstätten« sind einige von ihnen zusammengeschlossen. In all diesen Städten finden Selbermacher einen Platz, um ihrem Wunsch nach dem Tätigsein in Eigenregie nachzugehen.
    Nein, das Interessante an der neuerlichen Welle ist nicht ihre Höhe oder die glitzernde Gischt, die sie produziert. Das Interessante ist die Gezeitenkraft, die ihr zugrunde liegt. Neu ist nicht die Woge an sich, neu ist aber, dass sie uns auf die Grundbedürfnisse aufmerksam macht, die hinter ihr stecken. Sie erzählt uns etwas über das wachsende Unwohlsein, das sich in unserer Gesellschaft ausbreitet, das Bauchgrummeln über die eigene Lebensweise. Das Konsumieren bedeutet den Menschen immer weniger, stellt auch die Konsumpsychologin Simonetta Carbonaro fest, sie haben Sehnsucht nach dem Authentischen, deshalb bedienten sie sich des Eigenbaus. Die Leute streben nach handfesten Dingen, assistiert die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung , sie suchen nach »einem Gegenmodell zum ›digitalen Lebensgefühl‹ des 21. Jahrhunderts, das Glücksmaximierung auf Knopfdruck verheißt«. Langsamkeit, Allmählichkeit sei wieder gefragt, sich Zeit nehmen. 43 Und das Greifbare. Liegen hier wieder »greifen« und »begreifen« so eng zusammen wie bei Richard Christian im HEi? All das würde heißen, dass dem Stricken, Sägen und Schrauben eine weit tiefere Bedeutung zukommt, als die bunte Oberfläche vermuten lässt.
    Welche Bedeutung kann das aber sein? Elisabeth Redler gründet ihre Antwort auf ihren Erfahrungen mit den Kunden des HEi.
    »Das ist die Frage: Was ist ein Grundbedürfnis? Das Bedürfnis nach Ausdruck, nach Vergewisserung der eigenen Kreativität, das ist deutlich zu spüren, dass das Leute umtreibt, weil die sonstige Arbeit oft sehr virtuell, sehr einseitig ist. Eigenarbeit wird auch als Ausgleich gesehen für eine sonstige Arbeitsexistenz in der Erwerbsarbeit oder vielleicht auch in der Hausarbeit, die nicht so erfreulich ist oder immer wiederkehrende Tätigkeiten mit sich bringt. Freiheit spielt eine große Rolle hier, schon vom Grundgedanken der Eigenarbeitsidee her. Die Leute nehmen sich die Freiheit, aus dem üblichen Konsumtrott auszuscheren.«
    Kreativ sein, der einseitigen und routinehaften Erwerbsarbeit entgehen, eine Alternative zu dem überlebten Konsumeinerlei finden: Das klingt nach den Gründen, die auch die Selbstversorger in ihre Gärten und in die Natur geführt hat. Tatsächlich sind hier einige Motive sehr ähnlich. Auch das schon erwähnte Sich-ausprobieren-Wollen, die Inwertsetzung der Produkte und der eigenen Fähigkeiten oder die Maxime »Selber machen statt kaufen« sind schon von den Selbstversorgern her

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