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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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diesen Fällen des Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnisses und der Betriebsführung) zu besserer Arbeit und zufriedeneren Beschäftigten führen. Selbstverwaltung wälzt nicht das Arbeitskonzept als solches um, sondern passt sich in den Rahmen der kapitalistischen Ökonomie ein, schafft dennoch Raum dafür, Schritte zu einem guten Leben mit der Erwerbstätigkeit zu gehen.
    Beide Phänomene einer alternativen Auffassung von Arbeit sind sowohl Arten, Arbeit neu zu denken, als auch eine Praxis zu finden, die die in der Erwerbsarbeit entstehenden Lücken in den Grundbefähigungen schließen kann. Von nicht wenigen wird Arbeit in ihrer maßlosen, alles bestimmenden Bedeutung ja sogar als das zentrale Hindernis gegen ein gutes Leben gesehen. Selbstverwaltung oder Mußeorientierung bleiben in ihrem Wirkungskreis jedoch bescheiden gegen den umfassenden Wandel, den die Erwerbsarbeit von sich aus vollzieht und damit alle Initiativen für Alternativen zu überrollen droht.
    Der Wandel rüttelt bereits an den Fundamenten der alten Arbeitswelt. Das »Normalarbeitsverhältnis«, seit Wirtschaftswundertagen das Urmodell für Beschäftigung schlechthin, hat als alleiniges Muster abgedankt. Jobs bis zur Rente mit festen Arbeitszeiten, regelmäßigem und gesichertem Entgelt, Lohnzusatzleistungen und sozialer Sicherung gegen Lebensrisiken (Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit), deren Tätigkeitsprofil der einmaligen, berufsqualifizierenden Ausbildung entspricht, werden nach wie vor gesucht, aber immer seltener gefunden. (Das Profil ist bei Licht betrachtet aber auch sehr anspruchsvoll; auf eine ähnlich anspruchsvolle Stellenanzeige würde sich wohl niemand bewerben können.) Neben den in den letzten Jahrzehnten zur schönen Gewohnheit gewordenen »Normaljobs« entsteht allmählich eine neue, zweite Arbeitswelt der bunten Berufsbiografien, der extremen Veränderlichkeit, der prekären Existenzbedingungen und vor allem der ständigen Suche nach neuen Erwerbsformen. Diejenigen, die sich dort wiederfinden, sind längst – freiwillig oder unfreiwillig – »aus der Arbeit gegangen« und bestreiten ihr Leben teils durch ein Gemenge unterschiedlicher Beschäftigungen, teils auch durch informelle Arbeit (darunter Eigenarbeit oder schon mal Schwarzarbeit), teils durch Geld aus den Sozialkassen.
    Wohin also wandelt sich die erste Arbeitswelt? Und wie genau sieht die zweite aus? In der ersten Arbeitswelt löst sich alles auf, was einmal als stabil gelten konnte und den Beschäftigten ein Gefühl der Sicherheit geben sollte. Das bekommen auch bereits die Inhaber einer Normalbeschäftigung zu spüren. Flexibilisierungsstrategien der Unternehmen schlagen sich nieder in höheren Leistungsanforderungen und fluktuierenden Arbeitszeiten. Dazu werden heute zahlreiche Jobs angeboten, die nicht ortsgebunden sind und teilweise oder ganz auch zu Hause erledigt werden können. Die Grenze zwischen Arbeits- und Freizeit löst sich auf. Branchenübergreifend (und das schließt Berufe ein, von denen man es nichterwartet hätte, wie Ingenieure oder Bankkaufleute) nimmt die Zahl untypischer Beschäftigung zu. Wenn sich der Trend fortsetzt, ist sie sogar auf dem Weg, die typische Beschäftigung zu werden, Normalarbeit wird dann unnormal sein. Untypische Beschäftigung wird jedoch nicht ohne Grund mit einer »Prekarisierung« der Erwerbsarbeit in Verbindung gebracht, das heißt mit einem Abbau gewohnter Sicherheiten und einer Zunahme existenzieller Angst. Jemand, der befristet, auf Leihbasis oder gegen geringen Lohn beschäftigt ist, macht sich verständlicherweise Sorgen um seine Zukunft. Weiterhin nimmt die Zahl der Selbständigen in Deutschland zu, insbesondere die der Soloselbständigen, also solcher, die alleine und ohne zusätzliche Mitarbeiter tätig sind. Die Selbständigen übernehmen mit anderen Worten vermehrt Aufgaben, die sonst von Festangestellten übernommen wurden. Arbeitgeber scheinen ein Interesse daran zu haben, langfristige Verpflichtungen gegenüber Angestellten mehr und mehr durch lockere vertragliche Bindungen zu ersetzen, die je nach Bedarf geschlossen und wieder gelöst werden können.
    All dies bedeutet in der Konsequenz, dass unsere Wirtschaftsweise ihren eigenen Begriff von Arbeit ad absurdum führt und immer mehr Menschen in eine noch formlose, von unbestimmten Entwicklungen geprägte zweite Arbeitswelt spült, deren Zukunft unabsehbar ist – so unabsehbar wie die Zukunft derer, die dort landen. Sie ist die Arbeitswelt der verlorenen

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