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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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etwas, das sie zu freiwilliger Arbeit motiviert, deren Qualität sie weitgehend eigenständig sicherstellen, das sie antreibt, sich für das Unternehmen als Ganzes einzusetzen und sein Wohl und Wehe im Auge zu behalten. CPP ist ihre Sache. Deshalb bleiben sie hier gerne angestellt.
    Neu ist die Idee der Selbstverwaltung von Unternehmen durch die Arbeitnehmerschaft selbstverständlich nicht. Genossenschaften zum Beispiel funktionieren seit dem 19. Jahrhundert nach einer wirtschaftsdemokratischen Grundidee (siehe Kapitel 5). Daneben finden immer wieder einzelne Betriebe auf Umwegen zu einer cheflosen Organisationsform. So geschehen mit der Glashütte Süßmuth in Immenhausen bei Kassel. Nachdem der frühere Eigentümer das Unternehmen nicht mehr weiterführen wollte, stand es 1969 bereits vor der Schließung. Die einzige Lösung für die mehreren Hundert Mitarbeiter, wollten sie weiter in Lohn und Brot bleiben, war, die Glashütte als selbst verwalteten Betrieb gemeinsam zu übernehmen.
    Die Beschäftigten gründeten einen Verein, dem alle Angestellten des Betriebes beitraten. Gleichzeitig behielt man die rechtliche Form der GmbH bei. Der Vereinsvorstand, bestehend aus zehn Mitgliedern, war in Personalunion als Gesellschafter treuhänderisch verantwortlich für das Stammkapital der GmbH, sodass Verein und Unternehmen eng miteinander verknüpft waren. Zur demokratischen Kontrolle wurde außerdem ein Betriebsausschuss mit weitgehenden Mitbestimmungsrechten eingeführt. Das Management wurde von der Gesellschafterversammlung einberufen, sodass auch über die Geschäftsführung größtmögliche Kontrolle durch die Arbeitnehmer herrschte. Insgesamt folgte der Betrieb damit demokratischen Mitbestimmungsidealen.
    »Mit guten Gründen kann der Bürger auch als Arbeitnehmer Bürgerrechte beanspruchen, die ihm bei Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen zustehen. Warum ihm dieses Bürgerrecht in einem so zentralen Machtbereich wie der Wirtschaft versagt wird, lässt sich mit demokratischen Argumenten nicht begründen.« 81
    Die grundsätzlich bedenkenswerte Frage machte im Fall der Glashütte Süßmuth das Schicksal beziehungsweise die wirtschaftliche Entwicklung überflüssig. Nach zehn Jahren als mutiges wirtschaftsdemokratisches Experiment wurde der Betrieb wieder in eine normgemäße Unternehmensform überführt und ging 1996 schließlich in Konkurs.
    Selbst verwaltete Betriebe wie die Glashütte Süßmuth existieren heute in ihren eigenen ökologischen Nischen. Zumeist denkt niemand beim Stichwort »Unternehmen« an Selbstorganisation, dabei sind auch bekannte Marken wie die Tageszeitung taz unter den Beispielen. 82 Sie überleben mitten unter ihren von Chefs geführten Mitbewerbern, wegen ihrer geringen Zahl und Größe fallen sie nicht einmal auf. Mit ihrem Verzicht auf Hierarchie sind eigentlich sie es, die den wirklich urtümlichen Tieren in der Unternehmensfauna den Spiegel vorhalten: Die Kommandostrukturen der Firmen herkömmlichen Zuschnitts muten mindestens so archaisch an wie Dinosaurier, Selbstverwalter kommen dagegen wie die fortschrittlich-menschenfreundlichen, agilen – wenn auch winzigen und im Schatten lebenden – Säugetierchen daher.
    Einstweilen sind CPP oder die Glashütte Süßmuth jedoch als Vorbilder dafür zu betrachten, wie unter all den Sauriern eine Gegenkultur gedeihen kann, die prinzipiell sogar mitder Marktwirtschaft verträglich ist. Nach außen funktioniert sie ja innerhalb deren Parameter. Den Proponenten des kapitalistischen Unternehmensmodells, das allzu oft in einer Praxis der Vorteilsmaximierung für die Spitze der Hierarchie endet (ein guter Grund gegen strenge Hierarchien), können die selbst verwalteten Firmen kaum als Bedrohung erscheinen. Sie können davon ausgehen, »dass der Gedanke der Wirtschaftsdemokratie in absehbarer Zeit keine Massen mehr erfassen wird«. 83 Man weiß allerdings auch, was nach der Kreidezeit aus den kleinen, Schatten bewohnenden Nagern geworden ist.
Die Arbeitswelt der verlorenen Gewissheiten
    Die Glücklichen Arbeitslosen und die Otium-Initiative bekunden, welche Makel die heute gültige Auffassung von Arbeit für ihre Kritiker hat und dass die Kritik sogar zu einer umfassenden Umwertung dieser Auffassung auswachsen kann. Mit der Muße wird dabei aber auch eine positive Gegenorientierung geliefert.
    An den selbst verwalteten Betrieben wie CPP oder der Glashütte Süßmuth wiederum kann man sehen, dass bestimmte alternative Organisationsformen (in

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