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Einfach Freunde

Einfach Freunde

Titel: Einfach Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdel Sellou
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das bloß wieder heißen soll, »Intensivpfleger«? Und Hilfskraft: Ich kenne nur Vollkraft, volle Kraft voraus. Und Hilfsverben, aus der Schule: sein und haben. Klingt nach Philosophie. Bin ich etwa an eine Sekte geraten? Ich seh mich bereits im Lotossitz auf einem Nagelteppich über mein Leben und mein Seelenheil meditieren … Und Tetraplegiker? Das Wort ist mir noch nie untergekommen. Hört sich an wie Tetrapak. Ein Verpackungsunternehmen vielleicht. Irgendwas Ökologisches, eine andere Logik kann ich jedenfalls nicht erkennen.
    Ich berühre noch einmal das Holz, ich muss es spüren, um’s zu glauben. Ich bin ganz klein daneben. Hier kämen drei von meiner Größe übereinander hindurch, und mindestens fünfundzwanzig in der Breite! Ich hebe leicht die Nase, sehe einen winzigen, in den Stein eingelassenen Knopf und ein Gitterchen, nur ein paar Quadratzentimeter groß. Eine Gegensprechanlage, die Verstecken spielt. Ich drücke, höre ein Klicken, nichts passiert. Ich drücke noch einmal. Ich spreche zur Mauer.
    Â»Es ist wegen der Anzeige, Hilfskraft und so, das ist doch hier?«
    Â»Treten Sie ein, Monsieur!«
    Wieder ein Klick. Doch die riesige Eingangstür bewegt sich kein Stück. Soll ich durch das Holz hindurchgehen oder was? Ich klingel noch einmal.
    Â»Ja-aa?«
    Â»Casper, der freundliche Geist. Kennen Sie den?«
    Â»Ã„h …«
    Â»Also, ich bin’s nicht! Los, machen Sie mir auf!«
    Klick. Klick. Klick. Endlich begreife ich. Wie in jedem Schloss, das was auf sich hält, gibt es einen Geheimeingang … Und ich hab ihn gefunden! In der großen, gigantischen Tür ist kaum sichtbar eine andere drin, die offenbar für Menschen gebaut wurde. Fluchend mache ich einen Schritt vorwärts. Na prima, das Gespräch hat noch nicht einmal angefangen, und ich bin schon genervt. Jetzt bloß keine Zeit mehr verlieren. Na los, Mittelalterguru, jetzt aber schnell her mit der Unterschrift!

20
    Was draußen verdächtig war, ist es auch drinnen. Ich bin durch die Tür gegangen und stehe in einem Niemandsland. Eine solche Halle hätte in Beaugrenelle locker als Spielsalon für das ganze Viertel herhalten können. Hier: nichts, niemand. Kein einziger Kerl, der die Zeit totschlägt, niemand, der sich einen Joint dreht. Die Hausmeisterin taucht in ihrer Loge auf.
    Â»Zu wem möchten Sie?«
    Â»Ã„h, zum Tapar… zum Tera… zum Tartapegiker?«
    Sie schaut mich von der Seite an und zeigt wortlos mit dem Zeigefinger auf eine Tür im Hintergrund. Ding dong , wieder ein Klick, aber diesmal öffnet sich der Flügel von alleine. Ich schließe hinter mir. Das ist ja Wahnsinn. Da will mich bestimmt jemand verscheißern, ich bin Opfer einer versteckten Kamera geworden, gleicht taucht ein gutgelaunter Fernsehmoderator auf und klopft mir auf die Schulter.
    Langsam dämmert mir, dass ich es nicht mit einem Unternehmen, sondern mit einer Privatperson, einem Pri-va-ti-er, zu tun habe … Allein der Eingangsbereich der Wohnung muss um die vierzig Quadratmeter betragen. Von ihm gehen zwei Räume ab: rechts ein Büro, wo ich eine Frau und einen Mann sitzen sehe, die mit jemandem reden, einem Bewerber wohl, und links ein Wohnzimmer. Na ja, ich nenne das Wohnzimmer, weil es Sofas gibt. Es gibt auch Tische, Kommoden, Stühle, Truhen, Konsolen, Spiegel, Gemälde, Skulpturen … Und sogar Kinder. Zwei davon, hübsch sauber, die Sorte, die ich nicht sehr schätzte, als ich mit ihnen die Schulbank teilte. Eine Frau kommt mit einem Tablett vorbei. Da sitzen andere Typen, etwas verschüchtert, in billigen Anzügen und mit Mappen auf den Knien. Ich habe meinen zerknüllten Umschlag in der Hand, trage eine ausgewaschene Jeans und eine Jacke, die schon bessere Tage gesehen hat. Seh aus wie ein Kleinganove aus der Banlieue, der acht Tage draußen verbracht hat. Dabei stimmt es nicht mal, heute Nacht habe ich bei Mama geschlafen. Eigentlich seh ich aus wie immer. Schlampig, Null-Bock-Haltung, ein Assi.
    Eine Blonde kommt auf mich zu und fordert mich auf, mit den anderen Heinis zu warten. Ich setze mich an einen gigantischen Tisch. Wenn ich meinen Finger aufs Holz lege, bleibt für ein paar Sekunden ein Abdruck darauf zurück. Ich beäuge die Einrichtung. Da ich schon mal hier bin, kann ich ja mal die Fühler ausstrecken, könnte sich vielleicht mal als nützlich erweisen. Aber ich

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