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Einfach Freunde

Einfach Freunde

Titel: Einfach Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdel Sellou
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reißen die Kilometer herunter, ohne die erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten. Einer nach dem andern döst ein, ich halte stand. Céline öffnet die Augen und streckt sich.
    Â»Ach seht mal, wir sind in Montélimar … Wir könnten kurz anhalten und Nougat kaufen.«
    Ich brumme, dass wir nie ankommen werden, wenn wir bei jeder regionalen Spezialität anhalten …
    Sie sagt nichts, ich glaube, sie ist ein wenig eingeschnappt. Und dann:
    Â»Abdel, ist das normal, dieser Rauch?«
    Ich schaue auf beide Seiten der Autobahn, nichts.
    Â»Hast du einen Waldbrand gesehen?«
    Â»Nein, ich meine den Rauch, der aus der Kühlerhaube kommt. Komisch, oder?«
    Gar nicht komisch. Der Motor ist im Arsch. Ich wollte den Viehtransporter ein für alle Mal loswerden, jetzt hab ich’s geschafft. Er steht unbeweglich auf dem Pannenstreifen und ich stecke fest – zusammen mit vier Kindern, zwei Frauen und einem Tetraplegiker. Wir haben August, inzwischen sind es vierzig Grad im Schatten und wir noch zweihundert Kilometer von Marseille entfernt, wo in knapp vier Stunden das Schiff nach Korsika ablegt. Das läuft ja wie am Schnürchen … Die veräppeln mich alle, diese Scherzkekse. Ich hab vergessen, den Ölstand zu kontrollieren. Oder den Wasserstand. Oder beides, was weiß ich. Kein Grund zur Panik.
    Â»Irgendwo im Handschuhfach liegt doch bestimmt der Schrieb von der Pannenhilfe? Wunderbar, da ist er ja schon. Hier, ihr werdet’s nicht glauben: Unser Vertrag ist noch genau eine Woche gültig. Zum Glück haben wir die Panne nicht auf der Rückfahrt gehabt, stimmt’s?«
    Der Chef freut sich.
    Â»Das stimmt in der Tat, Abdel. Wir sind noch versichert, dann ist ja alles in Butter!«
    Ich zücke mein Handy – das Gerät hat sich in letzter Zeit bereits einigermaßen durchgesetzt – und rufe als Erstes den Abschleppdienst an. Dann versuche ich es bei den Autovermietungen. Vergeblich. Es ist Hochsommer, Montélimar voller Touristen, und wir finden nichts. Ich rufe die Hotline des Herstellers an, brülle ins Telefon, dass man einen Tetraplegiker nicht mitten auf der Autobahn stehen lässt. Ich knalle ihnen meinen berühmten Satz über meinen sehr besonderen Mitfahrer vor den Latz:
    Â»Er ist Tetraplegiker. Wissen Sie, was das ist, ein Tetraplegiker? Ein Te-tra-ple-gi-ker!«
    Im Auto, aus dem noch immer eine Rauchfahne aufsteigt, lachen sich alle kaputt.
    Â»Aber Abdel, warum regst du dich auf? Haben wir es nicht gut hier, auf der Autobahn, im Land des Nougats?«
    Die Assistentin bietet an, für die Strecke von Montélimar bis Marseille das Taxi zu bezahlen. Aber wir müssten uns auf eigene Faust nach Montélimar begeben. In dem Moment kommt der Abschleppwagen. Alle einsteigen, bitte! Der sechzigjährige Mechaniker, der sich, nach seinem Bauchumfang zu schließen, die regionale Spezialität ab und an schmecken lässt, leistet gutmütig Widerstand.
    Â»Ach nein, ich kann nur zwei oder drei Personen in meine Kabine nehmen. Mehr geht nicht an.«
    Â»Wir bleiben im Viehtransporter.«
    Â»Oh nein, das ist verboten, Monsieur. Das geht nicht an.«
    Ich zieh ihn am Kragen bis zum Seitenfenster und zeige auf den Rollstuhl.
    Â»Soll ich ihn etwa zwanzig Kilometer über den Pannenstreifen schieben?«
    Â»Aber nein, Sie haben recht, Monsieur. Das geht auch nicht an.«
    Â»Richtig, das geht nicht an … Steigen wir ein!«
    Alexandra, Victor und Théo nehmen im Abschleppwagen neben dem Fahrersitz Platz, während der Alte beginnt, den Viehtransporter auf die Rampe zu laden. Monsieur Pozzo haben wir dringelassen. Laetitia, Robert-Jean, Céline und ich versuchen während des Manövers im Stehen seinen Rollstuhl festzuhalten. Das schaukelt ganz schön, wie ein Schiff auf hoher See. Die Kinder lachen sich kringelig und wiederholen mit dem Akzent des Mechanikers: »Das geht nicht an! Das geht nicht an!« Es wird unser Ferien-Motto. Ich glaube zu sehen, dass Philippe Pozzo genauso fröhlich lacht.
    Und so treffen wir am Hafen von Marseille ein. Gerade noch rechtzeitig: Das Schiff fährt in zwanzig Minuten. Theoretisch … Ich bezahle die beiden Taxis, und als sie weg sind, höre ich, wie Céline beunruhigt sagt:
    Â»Für einen Abfahrtstag sind aber nicht gerade viele Leute da, findet ihr nicht? Sind denn sämtliche Urlauber schon eingestiegen? Da tut sich gar

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