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Einfach Freunde

Einfach Freunde

Titel: Einfach Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdel Sellou
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Blödelkomödien.
    Seine Ahnen ruhen in einer Kapelle ein paar Meter weiter. Monsieur Pozzo erklärt mir, dass hier ein Platz auf ihn wartet. Soll er warten … Von der chaotischen Reise mitgenommen, erkrankt er ernsthaft. Eine Blasenlähmung, die sich als sehr schmerzhaft erweist. Drei Tage und drei Nächte lang seh ich ihn leiden wie noch nie. Die Arbeiter auf dem Dach unterbrechen von Zeit zu Zeit ihr Hämmern, überrascht von den lauten Schreien, die aus dem Turm kommen. Wirklich, ich habe noch nie einen Mann so weinen sehen.
    Â»Wir sollten besser ins Krankenhaus, meinen Sie nicht …«
    Â»Nein, Abdel, bitte, ich will zu Hause bleiben. Ich will das Fest nicht verpassen.«
    Er hat die Leute aus dem Dorf eingeladen, denen er sehr nahesteht. Sie haben vor drei Monaten um Dame Béatrice getrauert, und der Graf möchte sich bei ihnen bedanken. Aber er ist ans Bett gefesselt, und kein Schmerzmittel wirkt. Nur im Krankenhaus könnte man ihm helfen. Aber er will nicht, und ich gebe nach. Die Kinder fühlen sich zu Hause auf La Punta, sie sind oft mit ihrer Familie hergekommen; Monsieur Pozzo erinnert sich an diesem Ort voller Geschichte an seine eigene Geschichte mit Béa­trice, und ich schaffe es nicht, ihm dieses Wiedersehen zu verderben.
    Scheint fast so, als hätte ich das Richtige getan. Am Morgen des Festtages sind die Schmerzen verflogen. Es gibt Hammel am Spieß. Ich hole das Tier, steche es ab und brate es, wie es sich für einen Diener im Mittelalter gehört. Die Mitglieder des polyphonen Chors von Alata sind gekommen. Sie singen im Kreis, eine Hand auf dem Ohr, und blicken sich an. Ihre tiefen Stimmen hallen durch die Bäume und über die Landschaft. Wem das nicht gefällt, dem ist nicht zu helfen. Nicht einmal mich lässt es kalt. Es ist ein herrliches Fest, der Grandseigneur thront auf seinem Rollstuhl, befreit vom körperlichen Schmerz und ein klitzekleines bisschen von seinem Kummer.

    Wir sind unzertrennlich. Ich begleite Monsieur Pozzo nach Kerpape, die Reha-Klinik in der Bretagne, wo man sich schon nach seinem Unfall um ihn gekümmert hat. Er sagt fröhlich zum Personal:
    Â»Machen Sie Platz für Doktor Abdel.«
    Er ist ein dankbarer Mensch.
    Ich begleite Monsieur Pozzo, wenn er zum Essen eingeladen wird. In den Restaurants lasse ich Tische und Stühle umstellen und das Gedeck so anordnen, dass ich ihm ordentlich zu essen geben kann. Es kommt vor, dass man vergisst, mich, den Intensivpfleger, zu bedienen. Dann weist Monsieur Pozzo den zuständigen Kellner höflich darauf hin, dass auch ich von Nahrung lebe.
    Eines Sonntags speisen wir bei einer sehr konservativen Familie. Die Jungen erscheinen im marineblauen Anzug und weißen Hemd, die Mädchen tragen Faltenrock und Bubikragen. Bevor es an die Vorspeise geht, sprechen sie eine Art Gebet. Ich bekomme einen Lachanfall. Ganz leise sage ich:
    Â»Man könnte meinen, wir sind bei den Ingalls gelandet!«
    Monsieur Pozzo schaut mich entsetzt an.
    Â»Abdel, reiß dich zusammen! Wer ist das überhaupt, die Ingalls?«
    Â»Sie müssen an Ihrer Allgemeinbildung arbeiten. Das ist die Familie aus Unsere kleine Farm !«
    Alle am Tisch haben mich gehört. Sie werfen mir beleidigte Blicke zu. Monsieur Pozzo hat die Freundlichkeit, sich nicht für mich zu entschuldigen.
    Ich begleite ihn auf die Diners, die in seinen Kreisen veranstaltet werden. Araber kennen diese Leute kaum, abgesehen vielleicht von ihren Putzfrauen. Sie fragen mich nach meinem Leben, meinen Projekten, meinen Zielen.
    Â»Ziele? So was habe ich nicht!«
    Â»Aber Abdel, Sie wirken intelligent und tüchtig. Sie könnten einiges erreichen.«
    Â»Ich genieße das Leben. Genießen ist herrlich. Sie sollten es auch mal ausprobieren, dann würden Sie vielleicht etwas frischer aussehen.«
    Auf dem Nachhauseweg nimmt mich Monsieur Pozzo ins Gebet.
    Â»Abdel, deinetwegen werden sie sämtliche Araber für Faulpelze halten und den Front National wählen.«
    Â»Glauben Sie wirklich, die haben dafür auf mich gewartet?«

    Die FIAC wird eröffnet, die Internationale Messe für zeitgenössische Kunst. Der Boss, der sich gelegentlich als Sammler betätigt, ist von mehreren Galerien zur Vorab-Ausstellung eingeladen: Das ist die Eröffnung ohne die Menschenmassen. Wir werden ganz unter uns sein, nicht wahr … Diese Leute stinken vor Geld und Aufgeblasenheit aus allen

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