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Einfach Freunde

Einfach Freunde

Titel: Einfach Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdel Sellou
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Bücherregal? Man könnte ihm die Hugo-Boss-Jacke überstreifen, die müsste passen …«
    Â»Aber, Monsieur Pozzo, das macht doch nichts. Da, wo wir jetzt hingehen, brauchen Sie nichts als eine dicke Wollmütze.«

    Wir verreisen. Tante Éliane, eine kleine, sanfte Frau, die seit Béatrices Tod sehr präsent ist, möchte ihren braven Philippe in die Obhut von Nonnen in Quebec geben. Sie steckt unter einer Decke mit dem Cousin Antoine, der sich ganz dem religiösen Hokuspokus verschrieben hat. Als sie das Projekt vorstellten, haben sie schwere Geschütze aufgefahren: Sie sprachen von einer »Therapie der Liebe«.
    Â»Monsieur Pozzo! Therapie der Liebe! Das ist genau, was wir brauchen, das sag ich doch schon die ganze Zeit!«
    Â»Abdel, ich glaube, wir meinen nicht ganz dieselbe Sache …«
    Ich für mein Teil war sofort begeistert. Wie immer habe ich nur gehört, was ich hören wollte: Die Geschichte von Kloster, Einkehr, Seminar und Kapuzinerschwestern ist mir entgangen. Für mich ist Quebec bloß der verlängerte Teil von Amerika, nur dass die Leute dort echt Stil haben und französisch sprechen. Ich seh mich schon in der Neuen Welt und den Great Plains, umzingelt von Betty-Boops, Marilyns und XXL -Pommestüten. Und da man uns obendrein auch noch die Liebe verspricht … Laurence, Philippe Pozzos treue Sekretärin, hat sich auch eingeladen: Sie hat einen Hang zu Spiritualität, Meditation und dem ganzen Kram. Sie will »Buße tun«, sagt sie. Buße, aber wofür bloß? Ich wusste schon immer, dass dieses Mädel leicht maso ist. Sympathisch, aber maso.
    Wir landen in Montreal, düsen aber nicht direkt zu den Nonnen. Wär doch schade, wenn man die Chance verpasst und sich nicht etwas umschaut, oder? Ich liebe die Restaurants hier. All you can eat-Buffets, überall! Um nicht als Vielfraß aufzufallen, der sich ständig Nachschlag holt, bringe ich die Platten direkt an unseren Tisch. Monsieur Pozzo hat mich noch nicht aufgegeben, er ermahnt mich.
    Â»Abdel, das gehört sich nicht … Und übrigens, hast du in letzter Zeit nicht etwas zugenommen?«
    Â»Nichts als Muskeln! Das kann nicht jeder von sich behaupten.«
    Â»Volltreffer, Abdel.«
    Â»Aber nein, Monsieur Pozzo! Damit meine ich doch Laurence!«
    Das Fortbewegungsmittel unserer Wahl ist ein herrlicher beigefarbener Pontiac. Herrlich, wenn auch nicht gerade selten: Hier fahren alle denselben Wagen. Aber halb so wild, Hauptsache, ich kann meinen amerikanischen Traum leben.
    Auf dem Weg zum Kloster bittet mich der Boss, kurz anzuhalten und ihm Zigaretten zu kaufen. Er hat Angst, sie könnten ihm ausgehen. Das bereitet mir ein wenig Sorgen.
    Â»Wenn Sie keine mehr haben, hol ich einfach welche!«
    Â»Abdel, wenn wir einmal dort sind, bleiben wir auch. Wir ordnen uns dem Rhythmus der Kapuzinerinnen unter und ziehen das Seminarprogramm bis zum Ende durch. Bis zum Ende der Woche.«
    Â»Das Programm? Was für ein Programm? Und wie? Wir verlassen das Hotel eine ganze Woche lang nicht?«
    Â»Nicht das Hotel, Abdel, das Kloster!«
    Â»Mmh, na, ist nicht das ungefähr dasselbe? Also, wie viele Päckchen?«
    Ich parke den Pontiac vorm Schaufenster eines Drugstores, kaufe seine Droge und kehre zum Auto zurück. Ich öffne die Tür zum Fahrersitz, lasse mich auf den Sitz fallen, drehe den Kopf nach rechts, wo ich eigentlich dem Blick meines Bosses begegnen sollte. Er hat die Farbe gewechselt. Und das Geschlecht. Da sitzt eine riesige schwarze Mama.
    Â»Was haben Sie mit dem kleinen weißen Kopffüßler gemacht, der vor einer Minute noch hier saß?«
    Sie schaut mich an und zieht die Augenbrauen hoch bis zum Ansatz ihrer Rastazöpfe.
    Â»Na, aber hören Sie mal! Wer sind Sie denn überhaupt?«
    Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel. Im Pontiac gleich hinter uns befindet sich ein vergnügter Monsieur Pozzo, und auf dem Rücksitz liegt Laurence, wahrscheinlich totgelacht, Gott hab sie selig.
    Â»Madame, es tut mir leid. Wirklich sehr leid. Ich wollte Ihnen keine Angst einjagen.«
    Â»Aber ich hab doch gar keine Angst, du kleiner Grünschnabel!«
    Grünschnabel! Sie hat mich Grünschnabel genannt! Ich musste den Atlantik überqueren, um mich Grünschnabel schimpfen zu lassen! Ich kehre mit eingezogenem Schwanz zum Wagen zurück. Es stimmt, verängstigt sah sie nicht aus …

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