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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stille.
    Die nächsten Worte des Propheten klangen so, als hallten sie aus einer bodenlosen Tiefe empor.
    »Wir haben schon einmal über die Natur der Realität gesprochen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und auch darüber, daß Beobachtetes manchmal nicht mit der fundamentalen Wahrheit gleichzusetzen ist, oder?«
    »Ja.«
    Eine neuerliche Pause. Weit oben am Himmel kreiste ein Adler und hielt nach Schildkröten Ausschau.
    »Bestimmt verbindest du wirre Erinnerungen mit unserer Wanderung durch die Wüste.«
    »Nein.«
    »Kein Wunder. Die Sonne, Durst und Hunger…«
    »Nein, Herr. Wirre Erinnerungen sind bei mir praktisch ausgeschlossen.«
    »Oh, ja. Du hast ein gutes Gedächtnis, stimmt’s?«
    »Es ist perfekt.«
    Vorbis neigte den Kopf ein wenig zur Seite und erweckte den Eindruck, dem maskenhaft starren Gesicht eine zusätzliche Maske überzustreifen.
    »In der Wüste sprach der Große Gott Om zu mir.«
    »Ja, Herr. Das stimmt. Und zwar jeden Tag.«
    »Du hast einen starken, wenn auch sehr einfach gestalteten Glauben, Brutha. Mit Menschen kenne ich mich gut aus.«
    »Ja, Herr. Herr?«
    »Ja, Brutha?«
    »Nhumrod meinte, du hättest mich durch die Wüste geführt, Herr.«
    »Erinnerst du dich an meine Ausführungen über die fundamentale Wahrheit, Brutha? Natürlich erinnerst du dich daran. Es existierte eine Wüste außerhalb unserer Körper, aber es gibt auch eine in unseren Seelen. Gott führte mich, und dadurch konnte ich dich führen.«
    »Oh. Ja. Ich verstehe.«
    Weit oben schien der Adler am Himmel zu verharren. Wenige Sekunden später legte er die Flügel an und stürzte herab…
    »In der Wüste habe ich viel geschenkt bekommen, Brutha. Und ich habe viel gelernt. Davon muß ich der Welt berichten. Das ist die Pflicht eines Propheten: dorthin zu gehen, wo noch niemand vor ihm gewesen ist, und die Wahrheit jenes Ortes zurückzubringen.«
    … schneller als der Wind, während Hirn und Leib nur als ein Dunst existierten, der zielstrebige Entschlossenheit umhüllte…
    »Ich habe nicht damit gerechnet, daß es schon jetzt geschieht. Wie dem auch sei: Om lenkte meine Schritte. Die Leitung der Kirche steht nun mir zu, und als neuer Zönobiarch werde ich… Maßnahmen ergreifen.«
    Der Adler sauste dem Boden entgegen, und irgendwo zwischen den Hügeln packte er etwas. Dann schlug er mit den Flügeln, stieg wieder auf…
    »Ich bin nur ein Novize, Herr. Ich bin kein Bischof, auch wenn man mich so nennt…«
    »Du wirst dich daran gewöhnen.«
    Manchmal dauerte es ziemlich lange, bis sich eine Erkenntnis in Brutha formte. Jetzt gewann eine Konturen. Hinweise boten Vorbis’ Haltung und ein seltsamer Unterton in seiner Stimme.
    Der ehemalige Exquisitor fürchtete sich vor dem ehemaligen Novizen.
    Wegen Ephebe? Wer würde mir schon zuhören? dachte Brutha. Wer würde mir glauben? Er ist der Prophet und Zönobiarch. Er könnte mich einfach hinrichten lassen. Ganz gleich, was er auch anstellt – es ist immer richtig. Ganz gleich, was er auch gesagt – es ist immer wahr.
    Er spricht die fundamentale Wahrheit.
    »Ich möchte dir etwas zeigen, das dich vielleicht interessiert und amüsiert«, sagte Vorbis und stand auf. »Kannst du gehen?«
    »Ja. Nhumrod war sehr zuvorkommend. Eigentlich ist es nur ein Sonnenbrand.«
    Als sie davongingen, bemerkte Brutha etwas, das ihm bisher nicht aufgefallen war. Im Garten befanden sich mit Bögen bewaffnete Angehörige der Sakralen Garde. Sie standen im Schatten der Bäume oder zwischen den Büschen – sie versteckten sich nicht, blieben nur im Hintergrund.
    Vom Garten aus führte eine Treppe zum Labyrinth aus Tunneln und Kammern, das sich unter dem Tempel – unter der ganzen Zitadelle – erstreckte. Zwei Wächter folgten Vorbis und Brutha in respektvollem Abstand.
    Der Prophet führte seinen jungen Begleiter zum Bereich der Handwerker, wo sich Schmieden und Werkstätten an einem breiten Lichtschacht zusammendrängten. Dampf und Rauchschwaden zogen über den nackten Fels.
    Vorbis betrat einen großen Raum, in dem mehrere Feuer brannten. Arbeiter hantierten an einem langen, gewölbten Etwas.
    »Na, was hältst du davon?« fragte der neue Zönobiarch.
    Es handelte sich um eine Schildkröte.
    Die Eisengießer hatten Großartiges geleistet, bis hin zur Struktur des Panzers und der Schuppen an den Beinen. Das Gebilde war etwa zweieinhalb Meter lang.
    In Bruthas Ohren rauschte es, während Vorbis sprach.
    »Die Gottlosen verbreiten gefährlichen Unsinn über Schildkröten, nicht wahr? Sie

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