Einfach Königlich2
nein, es muss ja unbedingt Tapioka-Pudding sein! Es ist halb zwölf an einem Dienstagmorgen, und Jenny hat sich in Schale geworfen – sie trägt zwar Hosen, aber bei ihr muss es gleich ein Anzug sein –, bloß um dir ein paar Papiere zu bringen. Außerdem tun wir alle so, als wärst du am Wochenende bei der Taufe nicht umgekippt. Ziemlich bescheuert das alles.“
„So schreibt es das Protokoll vor“, erklärte Jenny.
„Und was ist das überhaupt für ein Zeug, das da aus dem Lautsprecher kommt, Jenny?“
„Beethovens Fünfte“, antwortete sie. Wie alle Anwesenden wussten, liebte Jenny klassische Musik.
„Und das nennen Sie die passende Musik für einen Lunch?“ „Wie konntest du es nur nicht erkennen?“, fragte Alex ironisch. „Das ist eines der berühmtesten Musikstücke der Welt …“ „Ich find’s scheiße. Legen Sie lieber was von den Stones auf.“ „Nicht mal dann, wenn Sie drohten, mir die Hände abzuhacken“, widersprach Jenny und bewies damit endlich einmal Rückgrat.
„So gefallen Sie mir schon besser“, sagte Christina beifällig. „Alle hier sollten sich mal entspannen. Mehr verlange ich ja gar nicht.“
Alex lag es auf der Zunge, etwas Gehässiges und dennoch Sarkastisches zu sagen wie die königliche Familie von Alaska ist wunderbar zurechtgekommen, bevor du hier aufgetaucht bist. Doch das entsprach natürlich nicht ganz der Wahrheit. Stattdessen hielt sie ihren leeren Dessertteller auffordernd in die Höhe. Sogleich eilte ein Diener – in diesem Fall eine Dienerin – herbei und nahm ihn ihr ab. Wie hieß diese Frau noch mal? Es war irgendein Name, der sich auf Harry reimte … Mary? Terry? Nein … es fiel so schwer, sich Namen zu merken, wenn das Personal dauernd wechselte …
„Danke sehr, Carrie.“
„Nichts zu danken, Hoheit. Möchten Sie noch etwas?“ „Nein, danke. Vielleicht doch … ein Getränk.“ Alex und Chris nahmen einen etwas verfrühten Lunch zu sich, denn der Rest der Familie hatte außerhalb des Palastes diversen offiziellen Obliegenheiten nachzukommen. Alex spürte, dass sie Christina jetzt nicht loswerden würde, denn ihre Schwägerin war wieder einmal in dieser mitfühlenden Stimmung.
„Wo steckt Dara?“, versuchte sie abzulenken und lächelte einem anderen Diener, der gerade frische Milch nachgoss, dankend zu.
„Mit ihrem Dad bei den Pinguinen. Ich glaube, sie beobachten ein Nest, das jeden Moment explodieren oder schlüpfen kann oder was auch immer. Ist ’ne ziemliche Mühe, Fischdärme aus dem Haar eines Krabbelkindes rauszupulen.“
Alex grinste. „Das ist zum Glück dein Problem, nicht meins. Sie hat heute Morgen sehr lange geschlafen.“
„Ja …“ Christina machte die haselnussbraunen Augen schmal und biss sich auf die Unterlippe. Ihr blondes Haar, vor Kurzem auf Kinnlänge abgeschnitten, war wie immer zerzaust. Wie üblich trug sie Jeans, ein weißes Arbeitshemd und alte Halbschuhe ohne Strümpfe. Abgesehen von den Stallburschen war sie der am lässigsten gekleidete Mensch im Palast. „Ja, das stimmt – aber glaub ja nicht, dass du mich ablenken kannst. Hör mal, ich will ja nicht meckern, aber findest du nicht, dass diese Art – Auftrag oder Besorgung oder was auch immer – von David weit besser erledigt werden könnte?“
Alexandrias ältester Bruder, der Kronprinz, hatte einen Doktor in Meeresbiologie. Christina konnte einem zwar etwas auf die Nerven gehen, aber sie hatte durchaus recht. Was natürlich noch mehr nervte. „Ja.“
„Und wie kommt’s dann, dass der König nicht ihn gebeten hat zu fahren?“
Fast hätte Alex gar nicht geantwortet. Jenny, die über Papiere gebeugt am anderen Ende des Tisches saß (das Hofprotokoll der Baranovs war um einiges lockerer als beispielsweise das der Windsors), wirkte sofort doppelt so beschäftigt. Ihre Haltung besagte: Ich höre kein Wort, kein einziges Wort, ich bin gar nicht da, denken Sie nicht mal an mich! Das typische Verhalten tüchtiger Angestellter auf der ganzen Welt.
Sinnend blickte Alex einen Moment lang auf Jennys dunklen Scheitel, nachdenklich trommelte sie mit ihrem Obstmesser auf den Rand des Tellers. Dann antwortete sie: „Weil David ein glückliches, erfülltes und wunderbares Leben hat und nicht das geringste Interesse, es zu verlassen. Und weil er es gar nicht zu verlassen braucht. Es ist ihm schon schwer genug gefallen, für Genf zuzusagen, und dabei wird er doch nur drei Tage fort sein.“
Mitten im Kauen hielt Christina inne, schluckte hörbar und
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