Einfach. Liebe.
verpassen … bis mir einfiel, dass ich selbst die Zwischenprüfung versäumt hatte. Ich hatte nun wirklich nicht das Recht, mit dem Finger zu zeigen.
Er schlüpfte zur Hintertür herein, als Dr. Heller eben den Mittelgang hochging und die Testbögen einsammelte. Heller nahm die Stapel von der linken Reihe entgegen und wandte sich dann nach rechts, wo Lucas saß. »Ich muss Sie nach der Stunde sprechen«, sagte er mit leiser Stimme.
Lucas nickte einmal kurz, nahm seine Aufschriebe aus dem Rucksack und erwiderte in demselben gedämpften Ton: »Ja, Sir.«
In der restlichen Stunde drehte ich mich nicht noch einmal zu ihm um, und als sie vorbei war, nahm er seinen Rucksack und ging den Seitengang hinunter nach vorn. Während er darauf wartete, dass Dr. Heller sein Gespräch mit einem anderen Studenten beendete, hob Lucas den Blick und fand mich. Sein Lächeln war so unergründlich wie immer, kaum bemerkbar. Aber sein Blick war konzentriert und durchbohrte mich förmlich.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit unserem Dozenten zu. Ich atmete die Luft aus, von der ich gar nicht gewusst hatte, dass ich sie angehalten hatte, und eilte aus dem Hörsaal, unschlüssig, ob ich an diesem Nachmittag noch immer bei Starbucks vorbeischauen sollte.
Ich dachte über den Kurztest nach, den ich soeben mit Bravour bestanden hatte – dank Landons Beharren, ich solle das Arbeitsblatt machen, das er mir zwei Abende zuvor geschickt hatte. Es durchzuarbeiten war mir eine Riesenhilfe gewesen – bei einem Kurztest, von dem er gewusst haben musste. Ich glaubte nicht, dass er eine Grenze überschritten und mir irgendetwas gesagt hatte, was er nicht hätte verraten dürfen, aber mit dem Zeh berührte er sie eindeutig. Für mich. Unsichtbar in einem Strom Tausender anderer Studenten auf diesem riesigen Campus. Ich war verblüfft, dass er sich aus irgendeinem Grund die Mühe gemacht hatte, mir zu helfen. Aus irgendeinem Grund war ich ihm wichtig.
Erin: Chaz und ich fahren bald los. Kommst du dieses
WE klar? Du wirst doch heute Nachmittag zu SB gehen. ODER? Wenn er mit dir ausgehen will, GREIF ZU. Vergiss nicht, du hast das Zimmer das ganze Wochenende für dich.
ZWINKER ZWINKER.
Ich: Viel Spaß, ihr zwei. Ich komme schon klar! Ich halte
dich auf dem Laufenden.
Erin: Das will ich dir auch geraten haben. Ich komme am
Sonntagnachmittag wieder. Oder Abend, je nachdem, wie schlimm der Kater ist. He, he.
SCHREIB MIR SPÄTER.
Ich hatte ganz vergessen, dass Erins Ausflug mit Chaz an diesem Wochenende war. Sein Bruder war in einer Band, und sie spielten morgen in der Nähe von Shreveport auf einem Festival, also hatten sie ein Zimmer in einem Bed & Breakfast reserviert. Erin hatte Maggie und mir letzten Monat an einem Abend im Astronomiekurs davon erzählt, während wir darauf warteten, durch ein Teleskop den Merkur und die Venus anzusehen.
»Ein Bed & Breakfast ?« Maggie zog eine Augenbraue hoch. »Und was kommt als Nächstes, Handtücher mit Monogrammen?«
Erin funkelte sie an. »Das ist romantisch!«
»Klar«, lachte Maggie. »Und du fährst mit Chaz hin. Wie hast du es überhaupt geschafft, deinen Sportsfreund dazu zu überreden?«
Erins volle Lippen verzogen sich zu einem keuschen kleinen Halbmond, und sie fuhr sich mit einer Hand durch ihr Haar, das so rot war, dass ich die Farbe sogar erkennen konnte, während wir auf diesem dunklen Feld am Rande der Stadt standen. »Ich habe ihm gesagt, in Bed & Breakfasts würde es riesige Whirlpools geben, und ich wäre bereit, darin unaussprechlich sündige Dinge mit ihm zu tun.«
Ein erstickter Laut kam von einem der zwei Trottel hinter uns in der Schlange, die beide mit gequälter Miene Erin anstarrten. Wir verbissen uns das Lachen.
Maggie seufzte. »Armer Chaz. Er hatte nie eine Chance … eines Tages wird er vor einem Haufen Leute stehen und ›Ja, ich will‹ sagen, ohne überhaupt zu wissen, wie es dazu gekommen ist.«
»Pah! Das glaube ich weniger. Wenn es an der Zeit ist, sesshaft zu werden, nehme ich mir jemanden wie …«, Erin warf über die Schulter einen Blick auf die Lauscher hinter uns, »… einen von denen.«
Die Jungs sahen sich an und richteten sich etwas auf. Mit einem Grinsen in Erins Richtung knuffte einer der beiden den anderen mit der Faust in die Seite.
Ich bezweifelte, dass Erin an ihrem romantischen Wo chenende noch einen Gedanken an mich verschwenden würde. Ich war allein. Ich überlegte kurz und schlug dann den Weg zum Studentenwerk ein, wobei ich mich gegen die
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