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Einfach. Liebe.

Einfach. Liebe.

Titel: Einfach. Liebe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tammara Webber
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Hörsaal zu betreten.
    »Jacqueline – es tut mir leid.«
    Ich blieb für einen Moment stehen. Erin hatte recht. Manche Entschuldigungen kamen zu spät. Ich nickte, akzeptierte seine Entschuldigung um all dessen willen, was wir einmal gewesen waren, aber nicht mehr.
    Dr. Heller hatte mit seiner Vorlesung bereits begonnen. Ich schlüpfte unauffällig auf meinen Platz, fing Benjis erfreutes Lächeln auf und gratulierte mir selbst dazu, dass ich eine Überlebende geworden war. Ich hatte Kennedys Entschluss überlebt, unsere Beziehung zu beenden. Ich hatte überlebt, was Buck mir anzutun versucht hatte. Zweimal. Und ich würde es überleben, wenn Lucas mir seine persönlichen Dämonen nicht anvertrauen wollte – oder konnte.
    Die Bäume hatten ihre Blätter abgeworfen, ohne dass ich es bemerkte. Der Herbst war hier unten immer eine schnelle Angelegenheit – nie die langsame, farbenprächtige Verwandlung, die er weiter oben im Norden voll zog. Ich war zu sehr in Gedanken verloren, um den Wandel wahrzunehmen. Es schien, als wären die Bäume an einem Tag noch dicht und grün gewesen und schon am nächsten alle Blätter verschwunden, bis auf die kleinen, toten Haufen, die sich in Terrassenecken und unter Gartenhecken sammelten.
    Die vereinzelten warmen Tage waren ebenfalls vorüber. Lucas und ich hatten uns fest in unsere Mäntel gepackt, und ich hatte mir den Schal zweimal um den Hals geschlungen und übers Gesicht gezogen. Ich atmete in den Schal aus und genoss die Wärme, die mir für einen Moment entgegenschlug.
    Lucas zog sich seine Wollmütze etwas tiefer ins Gesicht. »Soll ich heute Nachmittag mitkommen? Ich kann jemanden bitten, meine Schicht bei Starbucks zu übernehmen.«
    Ich drehte den Kopf zu ihm um, soweit es der dicke Schal erlaubte. »Nein. Mindis Eltern sind hier. Sie kümmern sich um alles, was wir brauchen. Sie haben sogar angeboten, mir ein Hotelzimmer zu besorgen – sie behalten Mindi die ganze nächste Woche dort bei sich, und nach den Abschlussprüfungen nehmen sie sie gleich mit nach Hause. Ihr Dad schafft ihr Zeug heute Abend aus ihrem Wohnheimzimmer. Erin sagt, dass sie vielleicht gar nicht mehr wiederkommen wird.«
    Er legte die Stirn in Falten. »Ich nehme an, es würde nichts nützen, ihnen zu sagen, dass das überall hätte passieren können.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht, wenn sie den ersten Schock verdaut haben. Aber Mindi wird vielleicht sowieso nicht mehr hierher zurückkommen wollen, selbst wenn das stimmt.«
    »Verständlich«, murmelte er. Er starrte vor sich hin, während wir weitergingen.
    Wir schwiegen, bis wir das kleine Gebäude erreichten, in dem mein Spanischkurs stattfand. »Ich wünschte, ich könnte wieder schwänzen, aber wir halten heute die Referate, die in die Gesamtnote eingehen.«
    Er streckte lächelnd die Hand aus, um eine widerspenstige Strähne wegzuzupfen, die an meiner Lippe klebte. Mit meinen behandschuhten Fingern bekam ich sie nicht zu fassen. Sein Zeigefinger war leicht grau, und ich nahm an, dass er heute während der Vorlesung wieder gezeichnet hatte. »Ich würde dich gern noch einmal sehen, bevor du nach Hause fährst. Abgesehen von dem Kurs am Samstag, meine ich.« Sein Finger glitt über meine Wange, tauchte in die Tiefen des Schals ein und verharrte unter meinem Kinn.
    Ich spürte, wie mir flau im Magen wurde. Mit wortlosen Abschieden kannte ich mich inzwischen gut aus, und in seinen Augen lag ein Abschied. Ich war nicht bereit, ihn zu sehen. »Ich habe heute Abend einen Soloauftritt für eine Abschlussprüfung, am Freitag ein Pflichtkonzert, an dem ich teilnehmen muss, und am Samstag tritt mein Ensemble auf. Aber ich kann morgen Abend bei dir vorbeikommen, wenn du willst.«
    Er nickte, während er mir in die Augen blickte. Er sah aus, als würde er mich vielleicht küssen. »Das wäre schön.« Studenten eilten rings um uns noch immer zu ihren Seminaren. Ich war noch nicht spät dran. Er zog mir den Schal wieder übers Kinn und lächelte. »Du siehst aus wie eine halbe Mumie. Als wäre jemand dabei unterbrochen worden, wie er dich in dein Leichentuch gewickelt hat.«
    Ein breites Lächeln von Lucas war so selten. Ich war sein geisterhaftes Lächeln, seine düstere Miene und seine eindringlichen Blicke so gewohnt, dass mir der Atem stockte. Und dann erwiderte ich sein Lächeln, und auch wenn er meinen Mund nicht ganz sehen konnte, wusste ich doch, dass ich dieselben Fältchen um die Augen hatte wie er und das dunklere Blau meiner Augen

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