Einfach. Liebe.
Wenn du in deinem Auto nicht diesen Schrei ausgestoßen hättest, ich glaube, dann hätte ich ihn vielleicht umgebracht.
Habt ihr beide eine einstweilige Verfügung beantragt?
Lucas
Ich: Können wir auf SMS umschalten?
Lucas: Klar, kein Problem.
Ich: Wir haben die Unterlagen, um morgen Nachmittag eine einstweilige Verfügung zu beantragen.
Lucas: Gut. Wenn du dich bedroht fühlst, will ich, dass du mich anrufst. Okay?
Ich: Okay.
Lucas: Morgen ist mein letzter Tag in Wirtschaft. Am
Freitag wird Dr. H. nur noch wiederholen.
Ich: Das hast du natürlich nicht nötig. Und ich dachte, du
wärst ein richtiger Bummelstudent. In der letzten
Reihe sitzen, zeichnen, nicht auf die Vorlesung
achten.
Lucas: Ich schätze, so hat es ausgesehen. Das ist jetzt
mein 3. Semester als Tutor und mein 4. in diesem Kurs. Ich beherrsche den Stoff inzwischen ganz gut.
Ich: Das heißt, nach Mittwoch haben wir keine Vorlesung mehr zusammen? Und nach der Abschlussprüfung nächste Woche? Was dann?
Mehrere Minuten verstrichen, und ich wusste, dass ich eine Frage gestellt hatte, die er entweder nicht beantworten konnte oder nicht beantworten wollte.
Lucas: Winterferien. Es gibt Dinge über mich, die du nicht weißt. Ich werde dich nicht noch einmal belügen, aber ich bin auch nicht bereit, alle Karten offen auf den Tisch zu legen. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Es tut mir leid.
Die Winterferien begannen Freitag in einer Woche – am letzten Tag der Herbstprüfungen. Ich musste das Wohnheim über die Ferien räumen, und das Frühjahrssemester würde erst in sieben Wochen beginnen. In dieser Zeit konnte sich vieles ändern.
Als ich in der sechsten Klasse war, fiel ich einmal von einem Baum und brach mir den Arm. Ich konnte sieben Wochen lang nicht Kontrabass spielen oder mir die Haare selbst flechten. Als ich fünfzehn war, fuhr meine beste Freundin Dahlia für sieben Wochen in ein Ferienlager. Als sie wiederkam, war Jillian ihre beste Freundin. Ich blieb mit beiden befreundet, aber zwischen Dahlia und mir war es nie wieder so wie davor. Sieben Wochen nach Beginn des Herbstsemesters hatte Kennedy sich von mir getrennt, und sieben Wochen später wurde mir bewusst, dass ich allmählich über ihn hinwegkam.
In sieben Wochen konnte sich alles ändern.
Erin kam von der Arbeit, bevor ich eine Antwort an Lucas formulieren konnte, falls es überhaupt eine geben konnte. Sie war ungewohnt still, während sie sich mit geistesabwesender Miene sorgfältig aus ihrer Arbeitskleidung schälte und sie in den Wäschekorb warf, ganz ohne ihre übliche Neigung, Klamotten durch den Raum zu schleudern.
»Erin? Ist alles in Ordnung?«
Sie warf sich aufs Bett und starrte an die Decke. »Chaz stand neben meinem Wagen, als ich heute Abend aus der Arbeit gekommen bin. Mit Blumen.«
Ich sah keine Blumen, daher konnte ich nur ahnen, was damit passiert war. Vermutlich nichts Gutes. »Was wollte er denn?« Ich wusste genau, was er wollte. Ich wusste, was er letzten Samstag gewollt hatte. Was er vermutlich die ganze Zeit gewollt hatte, seit er so dumm gewesen war, seinem bescheuerten besten Freund den Vorzug vor seiner Freundin zu geben.
»Er hat sich entschuldigt. Ist zu Kreuze gekrochen. Hat gesagt, er würde bei dir um Entschuldigung bitten und zu Kreuze kriechen, wenn du es willst. Er hat geschworen, er hätte nie gedacht, dass Buck zu solchen Mitteln greifen würde, um ein Mädchen zu kriegen – wo sich die Mädchen ihm doch ständig an den Hals werfen. Dabei habe ich ihm schon vor drei Wochen erklärt, dass es hier nicht um Sex geht. Sondern um Macht .« Sie stützte sich auf die Ellenbogen auf und sah mich an. »Damals hat er mir nicht zugehört. Und jetzt, wo Buck kurz davorsteht, verhaftet und wegen Vergewaltigung angeklagt zu werden – jetzt erst hört er zu.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, Typen, die so etwas niemals tun würden, können nur schwer glauben, dass es irgendein anderer tun würde«, sagte ich, aber ich konnte ihren Standpunkt verstehen. Einsichten und Entschuldigungen waren gut und schön, aber manchmal kamen sie einfach zu spät.
21
Am Mittwochmorgen wartete Kennedy vor dem Hörsaal. Ich wich seinem Blick aus, um an ihm vorbeizueilen, aber er streckte eine Hand nach mir aus. »Jacqueline – rede mit mir.«
Ich ließ mich ein paar Schritte von der Tür wegziehen, blieb jedoch mit Blick zum Hörsaal stehen, um zu sehen, wenn Lucas kam.
Er dämpfte seine Stimme und lehnte sich mit einer Schulter gegen die
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