Einfach mal die Schnauze halten! - Rick ; Bd.3
Er
quasselte los. Ich schnappte immer noch nach Luft. Mike
Leon sagte auch was. Ich räusperte mich wie verrückt. Die
beiden starrten mich an. Franky nickte mir zu. Jetzt war
ich dran.
Los doch, Junge, denk an deinen Plan. Denk an die Millionen.
Hau sie alle vom Hocker …
»Ähm … ja, ich bin R-R-Rick. Bin auf der Tuch-Tucholsky-
Gesamtschule.«
»Hi, Rick. Cool, dass du heute Morgen mein Gastmoderator
bist«, sagte Franky.
Ich nickte.
»Respekt«, quatschte Mike Leon jetzt ins Mikro, »dass du
so früh schon aus den Federn gekommen bist. Und dass du
heute schulfrei bekommen hast.«
»Ähm … jo«, nuschelte ich. Obwohl ich an dieser Stelle
eigentlich hatte sagen sollen, dass ich wegen meines Gipses
sowieso nicht zur Schule musste.
Franky nickte mir aufmunternd zu.
Mach dich locker,
Junge,
schien er mir sagen zu wollen. Ich atmete tief durch.
Dann erzählte Mike Leon einen Eishockeywitz: »Mitten
im Spiel! Sagt der Trainer zum Eishockeyspieler: ›Du bist
dran, raus mit dir!‹ Antwortet der Spieler: ›Trainer, ich geh
da nicht raus. Die checken doch alles, was sich bewegt!‹
Sagt der Trainer: ›Na, dann hast du ja nichts zu befürchten!‹
«
Alle lachten. Sogar Bizkit verzog die Schnauze.
Jetzt sollte ich eigentlich was über Eishockey erzählen.
Von den Indians. Zumindest war das so abgesprochen.
»Äh, äh …«, krächzte ich ins Mikro, »ich-ich spiele auch
Eis-Eishockey …«
»In welchem Verein spielst du denn, Rick?«, fragte
Franky.
Ich starrte wie blöd auf das rote ffn-Logo auf seinem
schwarzen Käppi und hätte wer-weiß-was für einen klaren
Gedanken gegeben. Aber da war nichts – außer Frau
Püttelmeyer in geblümter Unterwäsche.
Los, jetzt sag doch endlich was!
»Ich glaube«, legte ich schließlich los, während mir ein
Schweißtropfen über den Nasenrücken lief, »in der Größe,
wie meine Lehrerin Frau Püttelmeyer sie braucht, gibt es
überhaupt keine geblümte Unterwäsche. Ich meine, die
muss ihre Schlüpper doch bestimmt in der Zeltabteilung
kaufen, und geblümte Zelte habe ich noch nie …«
Mit einem lauten Klatsch schlug ich mir die Hand vor
den Mund. Doch da war es schon zu spät. Ab heute würde
ich lieber den Rest meines Lebens im dunklen Keller hocken,
bevor ich mich jemals wieder in die Schule wagen
würde.
Franky musste sich schwer das Lachen verkneifen und
Mike Leon gegenüber biss sich in den Handballen. Aber
sie moderierten weiter. Waren eben Profis und nicht so
ein peinlicher Affe, der gerade seine Karriere versemmelt
hatte, weil er einfach nicht seine Schnauze halten konnte.
Während ich meinen Kopf auf das Pult vor mir sinken
ließ, quatschten Franky und Mike unbeirrt drauflos. Sie
stellten das Ganze so dar, als ob ich mich versprochen
hätte, und gaben ein paar ihrer peinlichsten Versprecher
zum Besten.
Dann endlich wurde ein Jingle eingespielt und anschließend
ein Lied.
Das rote Licht ging aus und Franky holte sehr, sehr tief
Luft.
Unter seinem Blick schrumpfte ich auf Ameisengröße.
Seine Augen waren braun, sehr braun, und sein Blick war
ernst, sehr ernst sogar. Warum nur wurde ich den Eindruck
nicht los, dass ihn gerade dieser Ernst eine Megaanstrengung
kostete?
»Das mit deiner Lehrerin in geblümter Unterwäsche
war wohl kein so guter Tipp von mir. Aber wer kann denn
ahnen, dass du das gleich wörtlich nimmst?«, sagte er
schmunzelnd.
Der Redakteur der Morningshow kam ins Studio und
schlug sich im Gehen begeistert auf die Schenkel.
»Du bist ja ein echtes Naturtalent!«, freute er sich. »Die
Telefonleitungen glühen. Und die E-Mails treffen im Sekundentakt
ein.«
»Hä?«, krächzte ich.
»Die Leute finden dich gut!«, freute er sich noch mehr.
»Ein Anrufer meinte, das hätte er früher auch gerne mal zu
seiner Lehrerin gesagt.«
»Echt?«, fragte ich und schöpfte ein klitzekleines bisschen
Hoffnung, dass mein Plan doch noch nicht verloren
war.
Na ja, bis Pa ins Studio gestürmt kam und dabei wie ein
Stier in der Arena schnaufte …
Zwei Tage später humpelte ich mit nigelnagelneuem
Gehgips den Schulflur entlang. Allein!
Pa hatte einfach die Beifahrertür aufgerissen und mich
zum Aussteigen gezwungen. Wortlos, nur mit der Kraft
seines Blickes. Deshalb hatte ich gar nicht erst versucht,
ihn umzustimmen.
Der Gang war mir noch nie so lang vorgekommen. Die
Gesichter der Schüler noch nie so mitleidig.
Jeder von ihnen wusste, was mir, Rick Michalski, jetzt
bevorstand. Was mich hinter der so harmlos
Weitere Kostenlose Bücher