Einfach mal die Schnauze halten! - Rick ; Bd.3
aus der Hand
gefallen war und mich nur um wenige Millimeter verfehlt
hatte, für ein wenig Herzgedröhne bei mir gesorgt. Auch
dass Mary mir den Gips mit dem Föhn trocknen musste,
weil der Wasserhahn im
provisorischen
Badezimmer abgesprungen
war, hatte mich kein bisschen aus der Fassung
gebracht.
Null!
Ich war ja jetzt ein anderer. Ich war positiv.
Sowie der Gips runter war, wollte ich mit Kreistanz anfangen.
Nein, noch besser. Ich würde Lindas Kiryuho-Gruppe
beitreten und jeden neuen Tag mit dem Sonnengruß willkommen
heißen.
Und nächste Woche, wenn ich endlich wieder zur Schule
durfte (Pa wollte mich morgens hinfahren und Linda mich
später abholen), würde die Püttelmeyer staunen, den neuen Rick kennenzulernen.
Okay, und bis dahin musste ich das alles hier einfach nur
überleben.
»Rick, wir fahren noch mal in den Baumarkt. Linda und
Mary kommen auch mit«, sagte Pa. »Wenn du nicht allein
bleiben möchtest, dann könnten wir Hasso bitten rüberzukommen.
«
Ich lehnte lächelnd ab.
Übrigens machte es mir absolut nichts aus, dass mich
plötzlich alle wie ein Baby behandelten. Positive Menschen
stehen nämlich über so etwas.
Schade, dass ich meine Benjamin-Blümchen-Bettwäsche
nicht mehr hatte. Oder das Dream-Team-Sesamstraßen-T-Shirt von Ernie, Bert und mir. Das hätte gut zu meinem
neuen Ich gepasst. Leider hatte Mary es beim Umzug in die
Tonne geschmissen.
Seufzend humpelte ich Richtung Badezimmer. Die Tür
war nur angelehnt. Ich griff nach der Klinke. Gleichzeitig
ertönte von oben ein ohrenbetäubendes Gebrüll. Wie ein
Pfeil schoss ein Handwerker die Treppe hinunter direkt
auf mich zu.
»Junge! Pass auf! Die Tür!«, brüllte er.
Es machte WUSCH!, dann RATSCH! und zum Schluss
BÄNG!
Im nächsten Moment lag ich unter der Tür, und ich hörte
Finn, der dem Handwerker aufgeregt etwas zurief.
Keine Ahnung, was. Meine Nase war platt und außerdem
schossen wilde Wasserfontänen um mich herum.
»Wir müssen hier weg! Rick, komm endlich mit!«, schrie
Finn.
Ich wollte ja, aber ich konnte nicht. Der Handwerker
war auf die Tür gesprungen und surfte auf ihr. Er hatte
die Arme weit zur Seite ausgestreckt und hielt das Gesicht
in den Wind. Ich war die Welle, auf der das Surfbrett ritt.
Eine gewaltige Riesenwelle.
Ich bäumte mich auf wie ein Buckelwal. Ich gab wirklich
alles, um es dem Wellenreiter nicht zu leicht zu machen.
Aber an der Felsenwand zerbrach ich schließlich.
KLATSCH! KLATSCH! KLATSCH!
Was für ein mieser Felsen, dachte ich noch, als es zum
vierten Mal KLATSCH! machte.
»Rick, hey, Rick, wach auf!«
Wie, wach auf? Warum eigentlich?
»Sind Sie sicher, dass er nur etwas benommen von dem
Schlag ist?«, fragte Finn jemanden.
»Na klar. Was denn sonst?«, zischte derjenige zurück.
»Ich weiß nicht!«, flüsterte Finn. »Vielleicht ist er ja …
tot?!«
»Red nicht so einen Blödsinn!«, fuhr ihm die Stimme
über den Mund.
Ich machte die Augen auf und blickte direkt in Finns Gesicht.
Und da war noch ein anderes Augenpaar. Dazwischen
tanzten kleine funkelnde Sternchen eine wilde Samba.
»Rick! Kannst du mich hören?«
»Er kommt wieder zu sich«, krächzte die andere Stimme.
Sie gehörte zu dem Handwerker, der mich vorhin über den
Haufen rennen wollte. »Junge, hast du mir einen Schreck
eingejagt.«
Die Sache mit dem Überleben ist wohl doch nicht so
leicht, wie ich gedacht hatte, schoss es mir noch durch den
Kopf, bevor es um mich herum dunkel wurde …
Ich schnarchte wie ein Rübenschwein. Und als die Sonne
mich an der Nase kitzelte, da wachte ich auf. Ich blinzelte
ein paarmal, bevor ich richtig munter wurde, die Bettdecke
zur Seite warf und aufstehen wollte.
Aber warum lag ich eigentlich schon wieder auf der Matratze
unter STORÅ? War ich nicht eben noch zum Klo gehumpelt?
Und wie spät war es eigentlich? Welcher Tag?
Ich durchforstete mein Gehirn, doch da war nichts. Nur
der Gipsklumpen an meinem Bein, aus dem es, wenn ich
ehrlich war, langsam, aber sicher ein wenig zu mockern
anfing.
Mary rümpfte ordentlich die Nase, als sie mein Zimmer
betrat. »Puh, man könnte meinen, Gismo wäre hier gewesen.
«
Die Erinnerung an Gismos stinkende Fürze sorgte bei
mir für einen fiesen Stich mitten ins Herz. Niemals hätte
ich gedacht, dass ich seine Stinker mal so vermissen würde.
Mary schien mein tiefes Seufzen ganz anders zu deuten.
»Hast du Schmerzen, Schatz?«
»Nein«, murmelte ich.
Sie legte den Kopf schräg und ihre Unterlippe zuckte verdächtig.
»Wer weiß,
Weitere Kostenlose Bücher