Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
erzählte. Er erzählte, der häßlichste Teil an der Sache – häßlicher noch als Blut und Kugel – sei gewesen, daß die Blumen besonders kurz waren, fast direkt unter den Köpfen abgepflückt.«
    »Natürlich«, sagte der Priester, »wenn ein erwachsenes Mädchen wirklich Blumen pflückt, pflückt sie sie mit langen Stengeln. Wenn sie nur ihre Köpfe abpflückt, wie das ein Kind tut, so sieht das aus, als ob – « Und er zögerte.
    »Ja?« fragte der andere.
    »Naja, sieht es fast so aus, als habe sie sie nervös abgerupft, als Entschuldigung dafür, daß sie da war – nun, da sie da war.«
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, sagte Flambeau düster.
    »Aber dieser wie jeder andere Verdacht bricht an der einen Stelle zusammen – das Fehlen einer Waffe. Er hätte, wie Sie sagten, mit vielen Dingen getötet werden können – selbst mit seiner eigenen Schärpe; aber wir haben nicht zu erklären, wie er getötet wurde, sondern wie er erschossen wurde. Und Tatsache ist, daß wir das nicht können. Man hat das Mädchen rücksichtslos durchsucht; denn um die Wahrheit zu sagen, sie erschien verdächtig, obwohl sie die Nichte und das Mündel des bösen alten Kämmerers Paul Arnhold war. Aber sie war sehr romantisch und der Sympathie mit der alten revolutionären Begeisterung ihrer Familie verdächtig. Jedoch: Wie romantisch auch immer man ist, man kann einem Mann keine große Kugel in Schläfe oder Hirn denken, ohne ein Gewehr oder eine Pistole zu verwenden. Und es gab keine Pistole, obwohl es zwei Pistolenschüsse gab. Und jetzt sind Sie dran, mein Freund.«
    »Woher wissen Sie, daß es zwei Schüsse gab?« fragte der kleine Priester.
    »Nur eine stak in seinem Kopf«, sagte sein Gefährte, »aber in der Schärpe gab es ein weiteres Schußloch.«
    Father Browns glatte Stirn zog sich plötzlich zusammen. »Hat man die andere Kugel gefunden?« fragte er.
    Flambeau zuckte ein bißchen zusammen. »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte er.
    »Warten Sie! Warten Sie! Warten Sie!« rief Brown und runzelte seine Stirne mehr und mehr in einer ungewöhnlichen Konzentration der Wißbegier. »Halten Sie mich nicht für unhöflich. Lassen Sie mich einen Augenblick darüber nachdenken.«
    »Schon gut«, sagte Flambeau lachend und leerte sein Bier. Eine leichte Brise bewegte die knospenden Bäume und blies weiße und rosane Wölkchen in den Himmel, die den Himmel um so blauer und die ganze farbenprächtige Szene um so eigenartiger erscheinen ließen. Sie hätten Cherubime sein können, die durch die Fensterflügel eines himmlischen Kindergartens heimflogen. Der älteste Turm des Schlosses, der Drachenturm, stand da ebenso grotesk wie der Bierkrug, aber ebenso vertraut. Und erst hinter dem Turm schimmerte der Wald, in dem der Mann tot gelegen hatte.
    »Was ist dann aus dieser Hedwig geworden?« fragte der Priester schließlich.
    »Sie ist mit General Schwartz verheiratet«, sagte Flambeau. »Sie haben sicherlich von seiner reichlich romantischen Karriere gehört. Er hatte sich schon vor seinen Heldentaten zu Königgrätz und Gravelotte ausgezeichnet; er hat tatsächlich von der Pike auf gedient, was sehr ungewöhnlich ist, selbst in den kleinsten der deutschen Staaten – «
    Father Brown setzte sich plötzlich aufrecht hin.
    »Von der Pike auf gedient!« rief er und spitzte die Lippen, als wolle er pfeifen. »Oha, oha, was für eine seltsame Geschichte! Was für eine seltsame Art, einen Mann zu töten; aber ich vermute, daß es die einzig mögliche war. Aber sich einen so geduldigen Haß vorzustellen – «
    »Was meinen Sie?« fragte der andere. »Auf welche Art haben sie den Mann denn getötet?«
    »Sie haben ihn mit der Schärpe getötet«, sagte Brown sorgfältig; und dann, als Flambeau protestierte: »Ja, ja, ich weiß, die Kugel. Vielleicht sollte ich sagen, er starb daran, daß er eine Schärpe hatte. Ich weiß, das klingt nicht wie daß er eine Krankheit hatte.«
    »Ich nehme an«, sagte Flambeau, »daß Ihnen eine Vorstellung in Ihren Kopf gekommen ist, aber das wird die Kugel aus seinem nicht leicht herausbekommen. Wie ich bereits erklärt habe, hätte er leicht erwürgt werden können. Aber er wurde erschossen. Von wem? Mit was?«
    »Er wurde auf seinen eigenen Befehl hin erschossen«, sagte der Priester.
    »Sie meinen, er hat Selbstmord begangen?«
    »Ich habe nicht gesagt, auf seinen eigenen Wunsch hin«, erwiderte Father Brown. »Ich sagte, auf seinen eigenen Befehl hin.«
    »Na schön, wie lautet also Ihre

Weitere Kostenlose Bücher