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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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leiser Stimme, »doch glaube ich, daß es sehr schlimm um ihn steht; Sie sind nicht zufällig Arzt?«
    »Nein; aber ich mußte mir im Laufe der Zeit mancherlei aneignen«, sagte der andere. »Aber lassen wir mich jetzt beiseite. Mein wirklicher Beruf würde Sie vermutlich überraschen.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Father Brown mit leichtem Lächeln. »Nach etwa der halben Reise bin ich draufgekommen. Sie sind ein Detektiv, der jemanden beschattet. Auf jeden Fall aber ist das Kreuz jetzt vor Dieben sicher.«
    Während sie sprachen, hatte Tarrant die zarte Gestalt des niedergestreckten Mannes leicht und geschickt hochgehoben und trug ihn sorgsam zum Ausgang. Er antwortete über die Schulter: »Ja, das Kreuz ist sicher genug.«
    »Sie meinen damit, daß dies sonst niemand ist«, erwiderte Brown. »Denken Sie auch an den Fluch?«
    Father Brown wanderte während der nächsten ein oder zwei Stunden unter einer Last grübelnder Verwirrung umher, die etwas anderes war als der Schock des tragischen Zwischenfalls. Er half dabei, das Opfer in den kleinen Gasthof gegenüber der Kirche zu tragen, befragte den Arzt, der die Verletzung als ernst und bedrohlich, aber nicht unbedingt tödlich beschrieb, und brachte diese Nachricht zu der kleinen Reisegruppe, die sich um den Tisch im Schankraum des Gasthofes versammelt hatte. Aber wohin auch immer er sich begab, die Wolke des Rätselhaften lagerte über ihm und schien um so düsterer zu werden, je tiefer er nachdachte. Denn das zentrale Geheimnis wurde immer geheimnisvoller, und zwar in dem gleichen Maße, in dem sich die kleineren Geheimnisse in seinem Geiste klärten. Genau in dem Maße, in dem die Bedeutung der einzelnen Personen in der buntscheckigen Gruppe sich selbst erklärte, wurde es immer schwieriger, die Sache zu erklären, die sich ereignet hatte. Leonard Smyth war nur gekommen, weil Lady Diana gekommen war; und Lady Diana war nur gekommen, weil sie es wollte. Sie hatten einen jener oberflächlichen Gesellschaftsflirts miteinander, die um so alberner sind, da sie sich auf halbintellektueller Ebene abspielen. Aber die Romantik der Dame hatte auch eine abergläubische Seite; und das schreckliche Ende ihres Abenteuers hatte sie fast niedergeworfen. Paul Tarrant war Privatdetektiv, der möglicherweise im Auftrag irgendeiner Ehefrau oder eines Ehemannes den Flirt beobachtete oder möglicherweise den fremden Vortragsreisenden mit Schnurrbart beschattete, der ganz das Aussehen eines unerwünschten Ausländers hatte. Wenn aber der oder sonst jemand die Absicht gehabt hatte, die Reliquie zu stehlen, so war diese Absicht endgültig gescheitert. Und allem irdischen Anschein nach hatte entweder ein unglaublicher Zufall sie scheitern lassen, oder die Einwirkung eines uralten Fluches.
    Als er so in unüblicher Verwirrung mitten auf der Dorfstraße zwischen Gasthof und Kirche stand, fühlte er sich sanft überrascht, als er eine seit kurzem bekannte, aber reichlich unerwartete Gestalt die Straße heraufkommen sah. Mr. Boon, der Journalist, der ziemlich abgespannt aussah im Sonnenlicht, welches seine schäbige Kleidung wie die einer Vogelscheuche erscheinen ließ, hatte seine dunklen und tiefliegenden Augen (die an den Seiten seiner langen herabhängenden Nase eng beieinander standen) auf den Priester gerichtet. Dieser mußte zweimal hinsehen, ehe er begriff, daß der dichte dunkle Schnurrbart etwas wie ein Grinsen oder wenigstens ein grimmiges Lächeln verbarg.
    »Ich dachte, Sie führen ab«, sagte Father Brown ein wenig scharf. »Ich dachte, Sie wären mit dem Zug vor zwei Stunden abgereist.«
    »Na ja, Sie sehen ja, daß ich das nicht getan habe«, sagte Boon.
    »Warum sind Sie zurückgekommen?« fragte der Priester fast streng.
    »Das hier ist nicht die Art kleinen ländlichen Paradieses, die ein Journalist schnell wieder verläßt«, erwiderte der andere. »Hier ereignen sich die Dinge zu rasch, als daß es sich lohne, an einen so langweiligen Ort wie London zurückzukehren. Außerdem kann man mich aus dieser Geschichte nicht raushalten – ich meine diese zweite Geschichte. Schließlich hab ich die Leiche gefunden, oder wenigstens ihre Kleider. Reichlich verdächtiges Verhalten meinerseits, oder? Vielleicht glauben Sie, ich wollte mich mit seinen Kleidern verkleiden. Gäbe ich nicht einen herrlichen Pfarrer ab?«
    Und der hagere langnasige Schmierenkomödiant vollführte plötzlich inmitten des Marktplatzes eine theatralische Geste, indem er seine Arme ausstreckte und

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