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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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13. Jahrhundert abgespielt hat; aber ich bin völlig sicher, daß wir nicht von etwas getötet werden können, das sich im 13. Jahrhundert nie ereignet hat, das sich überhaupt nie ereignet hat.«
    »Fein«, sagte Tarrant, »es ist erfrischend, einem Priester zu begegnen, der dem Übernatürlichen so skeptisch gegenübersteht.«
    »Durchaus nicht«, erwiderte der Priester gelassen, »ich zweifle nicht an der übernatürlichen Seite der Sache. Aber an der natürlichen. Ich befinde mich genau in der Lage des Mannes, der sagte: ›Ich kann an das Unmögliche glauben, aber nicht an das Unwahrscheinliche.‹«
    »Das würden Sie ja wohl ein Paradox nennen, oder?« fragte der andere.
    »Das würde ich gesunden Menschenverstand nennen, richtig verstanden«, erwiderte Father Brown. »Es ist viel natürlicher, eine übernatürliche Geschichte zu glauben, die für uns unverständliche Dinge behandelt, als eine natürliche Geschichte, die uns verständlichen Dingen widerspricht. Wenn Sie mir erzählen, daß den großen Gladstone in seiner letzten Stunde der Geist Parnells heimsuchte, werde ich mich agnostisch verhalten. Wenn Sie mir aber erzählen, daß Gladstone, als er zum ersten Mal der Königin Viktoria vorgestellt wurde, in ihrem Boudoir den Hut aufbehielt, ihr auf die Schulter klopfte und ihr eine Zigarre anbot, dann werde ich mich alles andere als agnostisch verhalten. Das wäre nicht unmöglich; sondern nur unglaublich. Und doch bin ich sehr viel sicherer, daß es nicht geschehen ist, als daß Parnells Geist nicht erschienen wäre; weil es die Gesetze der Welt verletzt, die ich verstehe. So ist das auch mit der Geschichte vom Fluch. Nicht die Legende glaube ich nicht – sondern die Geschichte.«
    Lady Diana hatte sich etwas von ihrer Kassandra-Erstarrung erholt, und ihre ewige Neugier nach neuen Dingen begann wieder, ihr aus den hellen und auffallenden Augen zu blicken.
    »Was sind Sie doch für ein eigenartiger Mensch!« sagte sie. »Warum sollten Sie die Geschichte nicht glauben?«
    »Ich glaube die Geschichte nicht, weil sie nicht Geschichte ist«, antwortete Father Brown. »Für jeden, der auch nur etwas übers Mittelalter weiß, ist die ganze Geschichte ebenso wahrscheinlich wie die von Gladstone, der der Königin Viktoria eine Zigarre anbietet. Aber wer weiß schon was übers Mittelalter? Wissen Sie, was eine Gilde war? Haben Sie je von salvo managio suo gehört? Wissen Sie, was für Leute die Servi Regis waren?«
    »Natürlich nicht«, sagte die Dame eher ärgerlich. »Was für ein Haufen lateinischer Wörter!«
    »Natürlich nicht«, sagte Father Brown. »Hätte es sich um Tutenchamun und eine Gruppe vertrockneter Afrikaner gehandelt, die aus Gott weiß welchen Gründen am anderen Ende der Welt erhalten geblieben sind; hätte es sich um Babylon oder China gehandelt; hätte es sich um irgendeine Rasse gehandelt, die so entfernt und geheimnisvoll ist wie der Mann im Mond, dann hätten Ihre Zeitungen Ihnen alles darüber berichtet, bis hin zur letzten Auffindung einer Zahnbürste oder eines Kragenknopfes. Aber die Männer, die Ihre eigenen Pfarrkirchen erbaut haben und Ihren Städten und Gewerben die Namen gaben, und selbst den Straßen, auf denen Sie wandeln – es ist Ihnen nie in den Sinn gekommen, über sie etwas zu erfahren. Ich will nicht behaupten, daß ich selbst viel wüßte; aber ich weiß genug, um zu erkennen, daß diese ganze Geschichte von Anfang bis Ende Quatsch und Unfug ist. Geldverleiher durften einem Mann seinen Laden und seine Werkzeuge nicht wegpfänden. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß die Gilde einen Mann nicht vor solch äußerstem Ruin gerettet hätte, vor allem wenn ihn ein Jude ruinierte. Diese Menschen hatten ihre eigenen Laster und Tragödien; manchmal haben sie andere Menschen gefoltert und verbrannt. Aber der Gedanke, daß ein Mann ohne Gott oder Hoffnung sich verkrieche, um zu sterben, weil sich niemand darum kümmerte, ob er lebe – das ist kein mittelalterlicher Gedanke. Das ist ein Produkt von Wissenschaft und Fortschritt in unserer Wirtschaft. Der Jude würde auch kein Vasall des Feudalherrn gewesen sein. Juden hatten normalerweise eine Sonderstellung als Diener des Königs. Vor allem anderen aber hätte der Jude nicht wegen seiner Religion verbrannt werden können.«
    »Die Paradoxe vermehren sich«, bemerkte Tarrant, »aber Sie werden doch sicherlich nicht ableugnen, daß Juden im Mittelalter verfolgt wurden?«
    »Es käme der Wahrheit näher«, sagte Father Brown,

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