Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
Bestellung wurde das Lächeln des Barmanns breiter. Garry hatte schon immer eine schwache Blase und nun bereits zweimal das Klo aufgesucht.Ihm kam das Ganze vor wie eine merkwürdige Folter, für die er auch noch bezahlen musste.
Aus Verzweiflung bestellte Garry schließlich ein Bier und dazu noch eine Tüte Chips. Daraufhin gab der Barmann endlich preis, dass Lapham in einem nahe gelegenen Wohnblock wohnte.
»Mehr weiß ich leider auch nicht, mein Freund«, sagte der Barmann, nachdem Garry ausgetrunken hatte. Er schien unter dem Wort Freund etwas anderes zu verstehen als Garry.
Nach seinem dritten Toilettenbesuch machte sich Garry auf den Weg und folgte der Wegbeschreibung des Barmanns zu dem Wohnblock, wo Lapham sein Zuhause haben sollte. An der ersten Tür machte niemand auf. Der Mann in der nächsten Wohnung sah ihn an, als wäre er ein zweiköpfiges Ungeheuer, und knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Die dritte Tür wurde von einer Frau geöffnet, die sich fluchend erkundigte, wer er sei, um ihm dann völlig überraschend mitzuteilen, dies sei Laphams Wohnung und sie seine »Verlobte« Marie Hall. Dann bat sie ihn sogar hinein, womit er gar nicht gerechnet hatte, und versprach, ihm zu erzählen, wie die Polizei versuchte, ihren Verlobten »in die Pfanne zu hauen.«
Die Frau steckte noch im Morgenrock, einem ausgesprochen abscheulichen pfirsichfarbenen Fetzen. Sie bat ihn in die Küche und rauchte während des Gesprächs – eigentlich eher ein geifernder Monolog – eine Zigarette nach der anderen. Die Wohnung war so ein Saustall, dass Garrys eigene Behausung im Vergleich geradezu klinisch sauber wirkte.
Trotz aller Flüche, zusammenhangloser Sätze und offensichtlich grundloser Anschuldigungen konnte er Marie wertvolle Informationen entlocken. Sie sagte, ein Polizeibeamter sei vor der Wohnung postiert gewesen und abgezogen worden, da ihr Verlobter sich gestellt habe und gerade auf der Polizeiwache verhört werde. Das war Garry ganz neu. Sie meinte, die Polizei habe nichts gegen Lapham in der Hand und würde nur »alte Geschichten aufwärmen, weil sie ihn auf dem Kieker haben«. Aber sie erzählte Garry alle möglichen Details über Lapham und überließ ihm sogar ein Foto, »solang Siees zurückbringen«. Ihrer Ansicht nach verstand einfach niemand ihren Verlobten, und die Polizei machte sich einen Spaß daraus, auf ihm herumzuhacken.
Garry hatte den Eindruck, dass Marie trotz ihrer großen Klappe und all der haltlosen Behauptungen tatsächlich etwas für Wayne Lapham empfand und sich Sorgen um ihn machte. Für die Polizei hatte sie ganz offensichtlich nicht viel übrig und mehrmals erwähnte sie »die eingebildete Schlampe«, die mit Gewalt in die Wohnung eingedrungen sei. Garry ging nicht weiter darauf ein, konnte sich aber schon denken, wer gemeint war.
Er bedankte sich und fuhr mit dem Bus nach Hause, um seinen Artikel zu schreiben. Zu dem Zeitpunkt war schon bekannt, dass Wayne Lapham wieder auf freiem Fuß war. Garry packte alle verfügbaren Informationen in ein Porträt über den Hauptverdächtigen. Daraufhin rief sein Chef an und sagte, der Artikel sei in Ordnung, war aber offensichtlich enttäuscht, dass Garry nicht mehr herausgefunden hatte. Was er erwartet hatte, wusste Garry auch nicht.
Auch bei ihrer Besprechung am Montagmorgen klang diese Enttäuschung mit, aber vielleicht kam bald der große Durchbruch. Garry hatte eine SMS von der Prepaid-Handynummer erhalten, die er sich eingeprägt hatte.
»Ruf mich an. Alles okay.«
Garry wählte die Nummer und machte sich während des Gesprächs eifrig Notizen. Was er da erfuhr, konnte für eine bestimmte Polizistin das Aus bedeuten.
Z WANZIG
Jessicas Tag war nicht allzu produktiv gewesen. Zuerst war sie mit Rowlands zu Yvonne Christensens Haus gefahren. Eric Christensen, der die Schlüssel von seinem Sohn hatte, schloss ihnen die Hintertür auf. Jessica wusste eigentlich gar nicht so genau, was sie sich von dem Besuch des Tatorts versprach. Sie rechnete jedenfalls nicht mit einer plötzlichen Eingebung. So lief es leider nicht.
Eric wollte nicht mit hineinkommen. Er sagte, er habe seit dem Mord das Haus nicht mehr betreten. Er wolle eine Firma beauftragen, das Haus sauberzumachen, und es anschließend zum Verkauf anbieten. Aber es war nicht so einfach, eine Reinigungsfirma zu finden, die einen solchen Auftrag annehmen würde.
Das wunderte Jessica nicht.
Das Haus war seit ihrem letzten Besuch mehr oder weniger unverändert. Das Bett war
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