Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
abgezogen, und die Spurensicherung hatte die Bettwäsche mitgenommen. Aber es war deutlich zu sehen, dass Blut in die Matratze gesickert war.
Jessica und Rowlands sahen sich in der Hoffnung im Haus um, irgendetwas zu finden, das bisher übersehen worden war. Im Bericht der Spurensicherung hatte gestanden, dass es keine Verbindung zum Nebenhaus gab, aber sie wollte sich selbst überzeugen, deshalb inspizierte sie zum ersten Mal selbst den Dachboden. Der sah genauso aus wie im Bericht beschrieben, unauffällig und ohne jegliche Einstiegsmöglichkeit.
Sie versuchte, sich das Geschehen räumlich vorzustellen. Wie hatte Yvonne gelegen, als der Mörder ihr den Draht um den Halslegte? Wo hatte der Mörder gestanden und wie weit musste er oder sie sich bei der Tat hinunterbeugen? Aber diese Überlegungen brachten sie auch nicht weiter.
Anschließend besuchte sie Sandra Prince in ihrem Haus. Es mochte zwar seltsam erscheinen, dass sie wieder in das Haus zurückgekehrt war, in dem man erst kürzlich ihren Mann ermordet aufgefunden hatte, aber Jessica wusste, dass manche Leute in einer solchen Situation einfach keine andere Möglichkeit hatten. Sandra war nicht in der besten Verfassung, sagte aber, dass sie sich über Wayne Laphams Freilassung wundere. Sie war nicht wirklich böse deswegen, erwähnte aber immer wieder, dass er schon einmal ungeschoren davongekommen war. Irgendwo hatte sie natürlich recht. Jessica fragte Sandra, ob sie oder ihr Mann die Familie Christensen persönlich gekannt hätten, aber sie hatte den Namen noch nie gehört und erkannte auch auf den Fotos niemanden.
Der Besuch der beiden Tatorte hatte Jessica zwar nicht bei ihren Ermittlungen weitergeholfen, sie aber wieder daran erinnert, wie brutal der Täter vorgegangen war. Und sie wusste, er war nicht dumm. Die Inszenierung dieser Morde schien als Ablenkung gedacht zu sein, denn die Polizei machte sich mehr Gedanken über den Tathergang als über die Identität des Täters. Auch was das Motiv anging, tappten sie völlig im Dunkeln. Sie glaubte nicht, dass Lapham der Täter war, aber die Verbindung zwischen ihm und den beiden Opfern konnte auch kein reiner Zufall sein.
Zurück auf der Wache ging Jessica zu Cole, aber es gab nicht viel Neues. Sie hatten Beamte zu den anderen Opfern der Einbruchserie geschickt, für die ursprünglich Lapham verantwortlich gemacht worden war. Dabei war aber auch nichts herausgekommen. Jessica ging in ihr Büro, um ihren Papierkram abzuarbeiten. Reynolds war nicht da, so hatte sie ihre Ruhe, konnte sich aber nicht konzentrieren. Ihre Gedanken wanderten zu ihrem Gerichtstermin am folgenden Tag und der nächsten Begegnung mit Peter Hunt. Und immer wieder musste sie an ihren Fall denken.
Sie hatte sich gerade zurückgelehnt und die Augen geschlossen, da klingelte das Handy. Der Anruf kam von Garry Ashford. Nachihrem Treffen hatte sie seinen richtigen Namen in ihr Adressbuch eingetragen, denn sie musste sich widerwillig eingestehen, dass sie vielleicht doch unfair zu ihm gewesen war.
Sein Kleidungsstil war aber immer noch total daneben, und er konnte seinen eigenen Namen nicht schreiben.
»Mr Ashford«, sagte sie. »Wie ist das Leben in der Gosse?«
»Ach, äh … hallo. Sind Sie allein?«
»Ja, aber unter dieser Nummer gibt’s keinen Telefonsex, außer Sie zahlen …«
»Kann ich kurz mit Ihnen reden?«
Jessicas erster Gedanke war, dass wieder eine Leiche aufgetaucht war und der Journalist irgendwie früher davon erfahren hatte als sie. Ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren. »Worum geht’s?«
»In meiner Mittagspause habe ich mit einem Anwalt namens Peter Hunt gesprochen.«
Bei dem Namen zuckte Jessica unwillkürlich zusammen. Sie wusste, selbst wenn Aylesbury und der Superintendent sich hinter sie stellten, auch sie konnten nicht viel gegen einen Zeitungsartikel ausrichten, in dem sie beschuldigt wurde, einen Verdächtigen zu bedrohen. Die Polizei konnte sich nicht leisten, dass jemand in einer Führungsposition in einen solchen Skandal verwickelt wurde. Auch ohne klare Beweise würde man nicht mehr zulassen, dass sie an wichtigen Fällen mitarbeitete.
Ihrer Laune entsprechend sagte sie nur: »Scheiße.«
»Er hat nur bestätigt, was ich sowieso schon gehört hatte.«
Das war das Problem mit dem Gerede auf der Wache. Um den Vorfall im Vernehmungsraum hatte sich eine Legende gesponnen, die nichts mehr mit der Realität zu tun hatte. Auf der Fahrt zum Haus der Christensens hatte Rowlands sie darauf angesprochen.
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