Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
Vernehmungsraum Gewalt angedroht. Weiterhin sagt er, Sie hätten sich während des ganzen Verhörs in unzulässiger Weise verhalten und ihn …« Der DCI machte wieder eine Pause und holte einen Papierbogen aus einem braunen A4-Umschlag. Er überflog ihn und sprach dann weiter: »… Sie hätten ihn einen Schleimscheißer genannt.«
Er sah von dem Brief auf und ihr direkt ins Gesicht. »Was haben Sie dazu zu sagen?«
Sie antwortete nicht direkt, stattdessen fragte sie: »Und die gute Nachricht?«
Aylesbury lächelte doch tatsächlich und hatte ein Funkeln in den Augen, das sie noch nie bei ihm gesehen hatte. »Die gute Nachricht für Sie ist, dass ich mir die Aufnahme angehört habe, und auch wenn die Art Ihres Verhörs mitunter ein wenig
unkonventionell
war, konnte ich doch keine Drohungen heraushören. Ich habe mit Cole und dem vor dem Vernehmungsraum aufgestellten Constable gesprochen und keiner von beiden kann Mr Hunts Darstellung der Ereignisse bestätigen. Da Mr Lapham sich weigert, eine Aussage bezüglich irgendwelcher vermeintlicher Vorfälle während der Vernehmung am Samstag zu machen, habe ich Mr Hunt wissen lassen, dass ich nicht viel mehr für ihn tun kann.«
Jessica begriff plötzlich, was passiert war: Cole hatte das Tonbandgerät ausgemacht, war gegangen und hatte die Tür nur einen Spalt offen gelassen. Der Constable draußen hatte nichts gehört oder behauptete es zumindest. Und Lapham wollte auf keinen Fall, dass jemand denken könnte, er hätte sich von einer Frau einschüchtern lassen. Deshalb hatte Hunt ein Problem.
Aylesbury fuhr fort: »Mr Hunt schreibt, er wolle sich in dieser Angelegenheit an Detective Superintendent Davies wenden. Ich habe vorhin erst mit dem Superintendent gesprochen und ihm erklärt, dass ich keinen Grund für weitere Schritte sehe, zumal Mr Hunts Mandant nicht kooperationsbereit ist. Aber ich muss Siewarnen: Der Superintendent hat sich bereiterklärt, sich im Laufe der Woche mit Mr Hunt zu treffen. Und anschließend entscheidet er, ob die Sache an das Dezernat für interne Ermittlungen weitergeleitet wird.«
DSI Davies war ihr oberster Vorgesetzter, hatte sein Büro aber nicht in der Wache. Er reduzierte schon seit einiger Zeit sein Arbeitspensum, da er bald in den Ruhestand gehen würde. Die meisten Entscheidungen delegierte er an die DCIs der verschiedenen Polizeiwachen, und auf William Aylesbury hielt er besonders große Stücke. Aber da Hunt ein renommierter Anwalt war, war in diesem Fall eine Unterredung wohl unumgänglich. Jessica hoffte, dass der Superintendent nur aus Höflichkeit zugesagt hatte, und unterdrückte ein Lächeln.
»Ich habe nur noch eine Frage, DS Daniel«, sagte Aylesbury und grinste über das ganze Gesicht. »Haben Sie ihn wirklich Schleimscheißer genannt?«
Jessica sagte zuerst nichts und wägte die Situation ab. Sie war noch nicht ganz aus dem Schneider, aber so wie Aylesbury strahlte, war es wohl in Ordnung, auch zu lächeln. »Ich glaube, ich habe sogar ›widerlicher Schleimscheißer‹ gesagt, Sir.«
Der DCI lachte genau wie Harry zwei Tage zuvor, und auch diesmal stimmte Jessica mit ein, aber nicht so hemmungslos wie bei Harry.
»Ich hätte nur zu gern sein Gesicht gesehen«, brachte der Chief Inspector zwischen seinen Lachanfällen heraus. Aber die Heiterkeit verflog schnell wieder und Aylesbury sah Jessica ganz ernst an. »Ich muss Sie natürlich darauf aufmerksam machen, dass wir ein solches Verhalten nicht tolerieren. Und wir billigen es auch nicht, dass Verdächtige bedroht werden, falls an der Geschichte etwas Wahres dran ist.«
»Natürlich nicht, Sir.«
Dann gingen sie zum normalen Tagesgeschäft über. Da Lapham wieder auf freiem Fuß war und sich weigerte, eine brauchbare Beschreibung des Manns aus dem Pub zu liefern, dem er angeblich das Diebesgut abgekauft hatte, hatten sie keinen Verdächtigen mehr.
Bei der Morgenbesprechung ging es um das gleiche Thema. Sie hatten eine Verbindung zwischen den Opfern gefunden, aber entweder steckte noch mehr dahinter oder es gab noch etwas anderes, das sie verband. Lapham war auch noch nicht vollkommen außer Verdacht. Sein Foto hing mit einem großen Fragezeichen darunter an der Weißwandtafel. Für alle Fälle würden sie seine Kontobewegungen und Anrufprotokolle auf Auffälligkeiten überprüfen. Jessica glaubte aber nicht, dass sie das weiterbringen würde. Sie würden damit höchstens ein paar Bagatellverbrechen aufdecken.
Jessica nahm sich vor, an diesem Nachmittag noch
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