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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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Schwarze Meer, kannten und befuhren, kam dieser mit Abstand größte Fluss Europas aus dem (unbekannten) Westen. Seine Wasser ergossen sich in ein Meer, das auch aus einem anderen Grund »das Schwarze« genannt werden konnte. Denn es enthält in der Tiefe keinen Sauerstoff. Faulende Stoffe, die von der Donau eingeschwemmt werden, setzen giftigen Schwefelwasserstoff frei. Wühlen entsprechende Winde das Schwarze Meer auf, bildet sich an den Eisenbeschlägen der Schiffe ein schwarzer Belag aus Schwefeleisen (Eisensulfid, FeS). Im Mündungsdelta der Donau gibt es Brutkolonien von Pelikanen. Sie waren den Alten Griechen bekannt. Ob auch überwinternde Schwäne das Delta zu Zeiten aufsuchten, in denen Frost die Lagunen vereisen ließ, muss offen bleiben. Die mitgeführten Schwebstoffe der Donau begünstigen das Wachstum von Unterwasserpflanzen im Meer nicht. Sie hemmen es eher durch Trübung, die das Donauwasser in den Sommermonaten ins Meer hinaus trägt und das Delta weiter wachsen lässt. Am Kaspischen Meer und auch an den von Norden kommenden Flüssen, aus den Weiten, in denen die Skythen lebten, ist das anders. Diese Flüsse führen zumeist klares Wasser. In den Buchten an ihren Mündungen entwickeln sich große Bestände von Unterwasserpflanzen, die von den überwinternden Schwänen als Nahrung genutzt werden. Fanden sich Schwäne als Wintergäste ein, kamen sie in Scharen, zumindest in Familienverbänden. Sehr kalte Winter trieben vor allem Singschwäne als ›Eisvögel‹ weiter südwärts in die Ägäis. Das habe ich oben ausführlich erläutert. Die echten Eisvögel passen nicht zur Legende. Die Singschwäne sehr wohl. Umgekehrt macht es große Schwierigkeiten, die Schwäne mit den in den antiken Mythen gemeinten ›Schwänen‹ gleichzusetzen.
    Kyknos war im Zusammenhang mit dem Absturz des Sonnenwagens als Mensch dargestellt worden. Als Geliebter von Phaeton hatte er getrauert. Der Verwandlung in das Sternbild des Schwans liegt demnach ein Ereignis zugrunde, das auf jeden Fall, gleichgültig, wie die Datierungen zum Ausbruch des Thera und zum Ende der Minoischen Kultur letztendlich ausfallen, ganz klar vor dem Aufstieg Athens und vor dem Trojanischen Krieg stattgefunden hatte. Leda und die Affäre mit dem ›Schwan‹ sind erheblich jüngeren Datums als die Geschichte von König Kyknos, der seinem Freund Phaeton in innigster homosexueller Liebe ergeben war. Somit darf sein Name nicht wörtlich genommen werden. Dieser Einwand schwächt den Bezug zum Schwan als Vogel ganz beträchtlich. Ein Liebhaber oder auch ein Hund passen weit besser zu Leda.
    All das sieht so verworren und durcheinandergebracht aus, dass plausible Lösungen eher schwinden als sich herausschälen, sobald man tiefer in die Mythologie einzudringen versucht. Zu viel widerspricht sich darin.
    In Anknüpfung an die Donau als mögliches (und plausibles) Vorbild für den Eridanos möchte ich abschließend dennoch einen Lösungsvorschlag dafür machen, was ursprünglich mit dem Schwan gemeint gewesen sein könnte, der Phaeton ergeben war. Lassen wir dazu nun alles beiseite, was mit dem Schwan in unserem Sinne verbunden ist. Gibt oder gab es vielleicht einen ganz anderen Vogel, der (1.) menschenähnlich groß, (2.) weiß, (3.) nicht als männlich oder weiblich zu unterscheiden war und (4.) klagend-klangvolle Rufe von sich gab, wenn er (5.) dahinschied? Fassen wir das Dahinscheiden weiter als ein ›Verschwinden auf lange Zeit‹ und nicht als Tod auf. Nehmen wir die Donaumündung für den Eridanos und den Norden für die Nacht, so schält sich als mögliches Vorbild einer der gegenwärtig rarsten Vögel der Erde heraus. Er ist ganz weiß gefiedert wie ein Schwan. Nur im Flug werden die schwarzen Schwungfedern sichtbar. Steht oder schreitet der Vogel, bleiben diese vom weißen Gefieder verdeckt. Sein Gesicht ist rot. Dieses Rot entspricht weitgehend dem roten Schnabel des Höckerschwans. Mit bis zu 1,40 Meter Körpergröße erreicht er im Gegensatz zu diesem fast die Höhe eines Menschen. Seine Stimme klingt wohltönend. Sie kann durchaus als klagend und rein empfunden werden. Trompetenartig laut klingen die Rufe. Der Vogel schlägt dabei auch mit den Schwingen. Die Geschlechter sind gleich. Wo sie (noch) vorkommen, halten sie sich oft zu zweit auf. Sie stammen aus ganz entlegenen Regionen von jenseits der Hyperboräer. Ihre Brutgebiete kennt man gegenwärtig immer noch ganz unzureichend. Man weiß, dass es zwei Teile ihres Vorkommens gibt bzw.

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