Einkehr zum toedlichen Frieden
so geistesgegenwärtig entwunden hat! Woran
ich mich auf dem Holzboden von Gudruns Diele noch nicht erfreut habe.
Gestern Abend
»Was schleichen Sie hier herum!«, schrie ich ihn wütend
an, als mir endlich aufgegangen war, wer mich da so erschreckt hatte.
» Sie haben mich angerufen«, antwortete
Langer ebenfalls recht atemlos. Er trug keine Uniform, sondern graue Jeans und
ein buntes Holzfällerhemd.
»Da schreit man dann Aufmachen, Polizei! «,
schleuderte ich ihm den Satz entgegen, mit dem sich die Staatsgewalt in Krimis
normalerweise Zutritt verschafft.
»Ich darf in Deutschland nicht als Polizist auftreten! Jedenfalls
nicht, ohne eure Behörden zu informieren. Außerdem stand die Haustür
sperrangelweit offen!«
Er habe also davon ausgehen müssen, dass etwas nicht stimme, sagte
er, zumal mein Auto nicht mehr vor Gudruns Tür zu sehen gewesen sei. Auf meine
Frage, weshalb ich das kurze Stück denn in meiner Blechkiste hätte zurücklegen
sollen, antwortete er, der Eifeler gehe grundsätzlich nicht zu Fuß, wenn er es
verhindern könne. Gudrun fahre zum Melken schließlich auch die dreihundert
Meter zum Merteshof. Was uns sofort zum Grund meines Anrufs und seines
Herumschleichens brachte. Gudruns Auto stand vor der Tür, demnach konnte sie
nicht weit sein.
Langer zog sein Handy hervor. »Vorhin hatte ich nur die Mailbox«,
erklärte er, während er eine Nummer eintippte.
Plötzlich entspannte sich sein Gesicht.
»Also ist alles in Ordnung mit dir?«, hörte ich ihn sagen. Und dann:
»Ja, Katja Klein ist bei mir.« Er reichte mir den Apparat.
Wortreich entschuldigte sich Gudrun. Ein alter Freund sei plötzlich
aufgetaucht. Er habe vom Tod ihres Vaters gehört und sie nach Stadtkyll zum
Essen gefahren. Überrascht von dem unerwarteten Besuch, habe sie die
Verabredung mit mir völlig vergessen. Wirklich glauben konnte ich ihr das
nicht.
Als mich Langer in seinem Wagen zu meinem Haus zurückbrachte,
deutete ich auf den Merteshof.
»Deren Auto steht auch vor der Tür, und trotzdem hat mir vorhin
niemand aufgemacht«, bemerkte ich trotzig.
»Wollen wir mal nachsehen?«, bot er mit gewisser Ironie in der
Stimme an. Ich schüttelte stumm den Kopf. Mein Bedarf an einer Unterhaltung mit
Fine war erst einmal gedeckt. Und auf den vermeintlichen Kälbchenzettel wollte
ich Alf später ansprechen.
»Guten Morgen«, begrüßt mich Langer, als ich jetzt, am
Morgen danach, die Küche betrete. »Sie werden noch zur richtigen Eifelerin,
Frau Klein. Großstädter stehen doch normalerweise nicht mit den Hühnern auf!«
Außer, wenn sie ihren toten Bruder in einer Lebendkrippe auffinden,
fällt mir plötzlich wieder ein. Ein mulmiges Gefühl steigt in mir auf. Es
schwindet auch nicht angesichts des einfallsreich gedeckten Frühstückstisches.
Jedes frühe Aufstehen der vergangenen Woche hat fatale Folgen gezeitigt. Warum
sollte es heute anders sein?
»Bin eben ausgeschlafen«, gebe ich bockig zurück. Schwäche habe ich
gestern genug gezeigt.
Wie es gestern weiterging
Langer hatte mich am Abend eigentlich nur zu Hause
absetzen wollen, aber irgendwie war mir beim Aussteigen schwindlig geworden.
Wahrscheinlich vor lauter Hunger. Der Polizist aber diagnostizierte eine
physische Schockreaktion und riet mir dringend vom Essen ab. Ich würde alles
nur wieder erbrechen.
»Zu viel Aufregung in zu kurzer Zeit.«
Damit ich die Nahrung, an der ich letztendlich ersticken würde,
nicht doch aufnahm, bestand er auf sofortiger Bettruhe, bastelte mir eine
kühlende Kompresse für das Handgelenk und setzte seine Rund-um-die-Uhr-Bewachung
auf dem Sofa im Wohnzimmer fort, wo er den Fernseher einschaltete.
Dankenswerterweise hatte er mir die Bemerkung erspart, ich würde schon nicht
vom Fleische fallen. Seine Sensibilität hielt sich zwar in Grenzen, aber die
der meinen respektierte er. Zum vertrauten Klang des »Tatort«-Abspanns schlief
ich dann irgendwann ein.
Als ich mich jetzt am Küchentisch niederlasse, legt Linus
sofort seinen Kopf in meinen Schoß. Um ihn loszuwerden, werfe ich eine Scheibe
geräucherten Schinkens auf den Boden.
»Man füttert Hunde nicht beim Essen!«, maßregelt mich der Polizist.
Ich werfe gleich zwei Scheiben hinterher und sehe Langer herausfordernd an. Am
Vorabend war ich viel zu gefügig. So etwas darf nicht einreißen.
»Außerdem ist der Schinken viel zu salzig für das Tier«, fährt er
unbeirrt fort, steht auf und stellt dem schinkengesättigten Hund eine
Wasserschüssel hin. Dann richtet er sich
Weitere Kostenlose Bücher