Einklang der Herzen
ihre Lippen. »Wenn Sie mich danach nicht hier haben wollen, werde ich das akzeptieren und Onkel Paddy sagen, dass ich nicht glücklich mit der Arbeit bin und etwas anderes tun möchte.«
»Warum sollten Sie das tun?« Er neigte den Kopf, als wollte er sie aus einer anderen Perspektive betrachten.
»Weil es nicht anders geht.« Sie zuckte die Schultern und fuhr sich durch ihr zerzaustes Haar. »Sonst würde er zwischen den Stühlen sitzen. Sie und seine Arbeit sind ihm sehr wichtig, das weiß ich. Zugleich hat er jetzt Verantwortung für mich übernommen. Wenn ich ihm sage, dass Sie mich gefeuert haben, wird seine Loyalität auf eine Zerreißprobe gestellt, und das will ich nicht. Also – geben Sie mir eine zweiwöchige Probezeit, Mr. Grant?« Hochmut kommt vor dem Fall, sagte sie sich in Gedanken an Tante Letties Lektionen über Bescheidenheit und Demut.
Travis überlegte schweigend, und während sie regungslos vor ihm stand, wünschte sie nur, er würde sie nicht so ansehen, als ob er ihre Gedanken lesen könnte.
»In Ordnung, Adelia«, sagte er endlich. »Sie bekommen Ihre Probezeit. Und das bleibt unter uns.«
Strahlend streckte sie ihm die Hand hin. »Vielen Dank, Mr. Grant. Das ist sehr großzügig von Ihnen.«
Als er ihre Hand ergriff, veränderte sich sein Gesicht. Sein Lächeln verblasste, seine Augen wurden dunkel. Er drehte ihre Handfläche nach oben und studierte sie. Ihre Hand war klein und schmal, doch von den vielen Jahren schwerer Arbeit rau und schwielig. Seine Berührung jagte ihr einen merkwürdigen Schauer durch den Körper. Hilflos sah sie auf ihre Hand hinunter.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte sie leise.
Er hob den Blick und sah sie lange an. »Es ist eine Schande, dass so eine kleine Hand so schwielig ist wie die eines Bauarbeiters.«
Unendlich verletzt von diesen leise gesprochenen Worten entriss sie ihm ihre Hand und versteckte sie hinter dem Rücken. »Tut mir sehr leid, dass meine Hand nicht weich wie Samt ist, Mr. Grant. Aber so eine Hand wäre Ihnen mit den Pferden nicht sonderlich hilfreich. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
Sie huschte an ihm vorbei, und er sah ihr nach, wie sie eilig zurück zum Haus rannte.
Vogelgezwitscher weckte Adelia. Die Sonne schien hell durchs Fenster. Schnell zog sie sich an, voller Vorfreude auf ihre neue Arbeit. Ganz bestimmt würde sie Travis Grant von ihrem Können überzeugen können. Ein neues Heim, ein neues Leben, ein neuer Anfang. Sie blinzelte in die Sonne und war sich sicher, dass dieser Tag nichts als wunderbare Überraschungen für sie bereithielt.
Der Duft nach gebratenem Speck lockte Paddy in die Küche. Einen Moment lang stand er da und betrachtete seine Nichte, die ein altes Kinderlied summend am Herd stand. Für ihn war sie die Verkörperung von glänzender, unverdorbener Jugend.
»Das ist wohl das schönste Bild, das meine alten Augen seit Jahren zu sehen bekommen haben.«
Sie drehte sich zu ihm um, und ihr Lächeln ließ selbst die Sonnenstrahlen verblassen. »Guten Morgen, Onkel Paddy. Es ist ein herrlicher Tag.«
Beim Frühstück erwähnte Adelia nebenbei, dass sie Travis Grant in der vergangenen Nacht beim Stall getroffen hatte.
»Ich hatte dich ihm eigentlich heute Morgen vorstellen wollen.« Er biss in ein knuspriges Stück Speck und hob die Augenbrauen. »Was hältst du von ihm?«
Taktvoll behielt sie ihre Meinung für sich und zuckte mit den Schultern. »Er ist bestimmt ein toller Mensch, Onkel Paddy, aber ich habe nicht lange genug mit ihm gesprochen, um mir ein Bild von ihm zu machen.« Groß, arrogant und tyrannisch, fügte sie im Stillen hinzu. »Jedenfalls habe ich ihm von Toms Unfall erzählt und dass du mich als Pferdepflegerin eingestellt hast.«
»Tatsächlich?« Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, während er Marmelade auf sein Brot schmierte. »Und was hat er dazu gesagt?«
»Nun, er ist klug genug, Padrick Cunnanes Meinung zu vertrauen.« Unter dem Tisch verkreuzte sie zwei Finger und fragte sich, ob sie soeben einen weiteren Minuspunkt in dem von Tante Lettie so oft erwähnten Tagebuch der Engel bekommen hatte.
Kurz darauf stand Adelia vor Majesty, streichelte seine Nüstern und redete leise auf ihn ein. Sie bemerkte nicht, dass sie beobachtet wurde.
»Guten Morgen, Paddy. Wie ich gehört habe, hast du eine neue Hilfe eingestellt.«
Paddy unterbrach sein Gespräch mit Hank und begrüßte den großen, schlanken Mann. »Dir auch einen guten Morgen, Travis. Dee hat mir
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