Einladung in den Palast des Prinzen
Stolz mit. „Aber Europa ist reich an traumhaft schönen Gegenden. Und viele Länder haben den Touristen noch mehr zu bieten als wir. Deshalb halte ich es für wichtig, diese Branche zu fördern und auszuweiten. Wenn es nach meinem Bruder Anrai geht, wird das auch bald geschehen.“
Mel gefiel es, dass er stolz war auf sein Land und dass seine Stimme so herzlich klang, als er seinen Bruder erwähnte. Über seinen Vater und seine Mutter redete er eher kühl und unbeteiligt. Obwohl sie den regierenden Fürsten nur flüchtig kennengelernt hatte, hielt sie ihn für einen strengen Mann, der seine Meinung unverblümt äußerte und einschüchternd wirkte.
Sie war sich jedoch ziemlich sicher, dass sie damit umgehen konnte, denn immerhin hatte sie es geschafft, sich ihr Selbstbewusstsein in den vielen Jahren, die sie im Haus ihrer Verwandten verbracht hatte, nicht zerstören zu lassen.
Es hatte ihr auch nicht geschadet, dass sie hinter dem Rücken ihrer Tante und ihres Onkels alle Kuchen, Torten und Desserts, die nach den Partys übrig waren, einem Verein hatte zukommen lassen, der Lebensmittel und Essen an Arme und Obdachlose verteilte. Sie war nie dabei ertappt worden und war froh, dass Menschen von ihren Koch- und Backkünsten profitiert hatten, die es zu schätzen wussten.
Doch das war Vergangenheit. Da sie im Laufe der Jahre immer unfreundlicher und schlechter behandelt worden war, hatte sie sich entschlossen, ihre Verwandten zu verlassen. Nach ihrer Rückkehr nach Australien konnte sie endlich in Sydney ganz neu anfangen.
Sie war zuversichtlich, dass sie rasch einen Job fand, ehe sie ihre Ersparnisse aufgebraucht hatte, und dass sie von ihrem Gehalt leben konnte, wenn auch am Anfang eher bescheiden.
Lächelnd blickte sie Ric an. Hier draußen im hellen Licht wirkten seine Gesichtszüge ausgesprochen markant, und sie gestand sich ein, dass sie ihn immer attraktiver fand. Als sie vorhin aus ihrem Schlafzimmer gekommen war, hatte sie für einen kurzen Moment das Gefühl gehabt, dass er sich ihrer Gegenwart genauso sehr bewusst war wie sie sich seiner. Aber das hatte sie sich sicher nur eingebildet. Weshalb sollte er sie als ungelernte Köchin überhaupt beachten?
„Wir bauen Trüffel in großen Mengen an“, erklärte er ruhig. „Ich weiß nicht, ob dir bekannt ist, dass sie in Symbiose mit den Bäumen leben, unter denen sie wachsen.“
„Nein, davon hatte ich keine Ahnung“, gab Mel zu und betrachtete interessiert die endlosen Reihen Bäume, die in einiger Entfernung zu sehen waren. „Das sind Eichen, stimmt’s?“
„Ja, du hast recht.“ Ric nahm ihre Hand und führte sie an den Nebengebäuden vorbei. In den Garagen stand mindestens ein halbes Dutzend Sportwagen und Limousinen verschiedener Marken, die alle auf Hochglanz poliert waren.
Plötzlich näherte sich ihnen von hinten ein Auto, und Mel drehte sich um. Ric winkte, als der Fahrer langsam an ihnen vorbeifuhr und hupte. „Das ist mein Bruder Anrai.“
„Das dachte ich mir schon, ich konnte eine gewisse Ähnlichkeit erkennen“, erwiderte sie. Dass er immer noch ihre Hand hielt, löste die seltsamsten Regungen in ihr aus, wie sie sich eingestand.
Doch sie musste sich zusammennehmen und sich höflich mit ihm unterhalten. „Wie viele Geschwister hast du?“, fragte sie deshalb.
„Nur zwei Brüder. Sie sind älter als ich und versuchen, ihre eigenen Pläne zu verwirklichen.“
In dem Moment kam ein Mitarbeiter mit einem Schwein an der Leine, die an einem roten Halsband befestigt war, auf sie zu. Als das Tier Ric bemerkte, grunzte es wie zur Begrüßung.
„Das ist Rufusina“, stellte er es Mel vor. „Es ist unser Trüffelschwein und begleitet uns auf die Plantagen.“
„Ah ja“, antwortete sie verblüfft. Sie hatte sich Rufusina als eine schöne Frau mit langem braunem Haar vorgestellt, die sich insgeheim wünschte, Ric würde ihr einen Heiratsantrag machen. Offenbar habe ich eine zu lebhafte Fantasie, dachte Mel leicht belustigt. „Wie interessant. Das Schwein scheint sehr …“ Sie suchte nach dem richtigen Wort.
„Es ist wirklich sehr intelligent“, beendete Ric den Satz für sie und fügte lächelnd hinzu: „Ich bin mir sicher, das denkt jeder im ersten Augenblick.“
Als das Tier an der Leine zog und ihm entgegenlief, forderte Ric es auf: „Setz dich!“ Wie ein Hund gehorchte Rufusina aufs Wort und blickte ihn geradezu ergeben an. Zur Belohnung kraulte Ric sie hinter dem Ohr und übernahm die Leine.
Das Tier war so auf ihn
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