Einladung in den Palast des Prinzen
ein. Dann erklärte er kurz die Situation und fügte hinzu, dass er sich auf den Weg zu dem Verunglückten machen wolle. Offenbar versuchte man, ihn davon abzuhalten, selbst Hilfe zu leisten, denn er beendete das Gespräch mit den Worten: „Seien Sie unbesorgt, ich kenne mich hier aus und weiß, was ich tue. Beeilen Sie sich.“
Mel verbiss sich die Frage, ob er das wirklich wusste, und erkundigte sich stattdessen: „Kann ich auch irgendetwas tun, Ric?“
„Pass gut auf dich auf, und versuch nicht, mir zu folgen. Ich nehme den direkten Weg zu dem Verunglückten. Du siehst ja selbst, wie schmal, steinig und ungesichert der Pfad ist, man kann jederzeit abrutschen und metertief hinunterstürzen. Du folgst am besten dem Wanderweg am Berg entlang.“ Er wies in die Richtung. „Es dauert zwar länger, bis du am Unfallort bist, doch dann brauche ich wenigstens nicht zu befürchten, dass dir etwas zustößt. Wenn das Rettungsteam auftaucht, erklär den Leuten bitte, wo genau der Mann in seiner Ausrüstung am Felsen hängt.“ Damit eilte er davon.
Auch Mel verlor keine Zeit und schlug den Weg ein, den er ihr gezeigt hatte. Schon nach wenigen Minuten hörte sie, wie Ric dem Verunglückten zuerst etwas auf Englisch und dann auf Französisch zurief. Von der Unterhaltung, die dann auf Französisch geführt wurde, verstand sie nicht viel und konnte nur raten, um was es ging.
Sie kam zügig voran. Als sie in Rufweite der Unfallstelle war, schaute sie sich um und sah die Rettungsmannschaft den Berg hinaufkommen. Sogleich winkte sie den Männern zu und konnte ihnen mit einer Handbewegung zu verstehen geben, wo genau das Unglück passiert war. Der Leiter winkte zurück, wie um ihr zu bestätigen, dass er es verstanden hatte.
Schließlich hatte sie es geschafft und konnte den Mann, der auf halber Höhe der eisbedeckten Steilwand in der Luft hing, sehen. Sie hörte, wie Ric dem anderen Touristen, der oben auf dem Felsen saß, mit scharfer Stimme etwas zurief, ehe er sich dessen unbenutzte Ausrüstung auslieh und die steile Wand hinaufzuklettern begann.
Mel blieb stehen und hielt den Atem an, während sie beobachtete, wie Ric sich dem Unfallopfer näherte. Ihre Angst um ihn wuchs von Sekunde zu Sekunde, und sie kämpfte gegen die aufsteigende Panik an.
„Sei vorsichtig!“, hätte sie ihm am liebsten zugerufen, sie beherrschte sich jedoch und schwieg. Aber es sah schrecklich gefährlich aus, wie er die Eiswand erklomm, und sie hatte Angst, dass eine falsche Bewegung ausreichte, um zum Absturz zu führen. Erschwerend kam hinzu, dass Ric nicht die richtigen Schuhe für dieses Abenteuer trug.
Trotz seiner Aufforderung, sich ruhig zu verhalten und auf Hilfe zu warten, strampelte der verunglückte Mann wie wild. Man könnte beinah glauben, dass er sein Leben absichtlich aufs Spiel setzt, schoss es Mel durch den Kopf.
„Durchlaucht! Wir sind gleich da! Kommen Sie zurück!“, ertönte in dem Moment die Stimme des Leiters der Rettungsmannschaft.
Es war jedoch schon zu spät, denn wenn Ric nicht sofort handelte, würde der Mann, der offenbar in höchste Panik geraten war, abstürzen. Der andere Tourist saß unterdessen völlig apathisch da und zeigte nicht das geringste Interesse an dem dramatischen Geschehen.
Er hat irgendwelche Drogen genommen, schoss es Mel durch den Kopf. Sie betete, dass Ric es auch erkannt hatte.
„Würden Sie bitte dafür sorgen, dass der Begleiter des Verunglückten sich nicht in Rics Rettungsaktion einmischt oder sonst etwas Dummes tut?“, bat sie den Leiter des Bergwachttrupps, der mit seinen Leuten näher kam. „Er verhält sich sehr seltsam, vermutlich steht er unter Drogeneinfluss. Der andere wahrscheinlich auch, weil er trotz Rics Aufforderung, sich ruhig zu verhalten, nicht aufhört herumzustrampeln, um sich zu befreien.“
Ric war jetzt direkt neben dem Mann. Zwar konnte er ihn nicht aus der misslichen Lage befreien, doch er versuchte, beruhigend auf ihn einzureden, obwohl er sich dabei selbst in höchste Gefahr brachte.
„Bitte, sei vorsichtig“, flüsterte Mel. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihn vor den anderen Ric genannt hatte, so als hätte sie das Recht dazu. Aber das war jetzt auch egal.
Die nächsten zehn Minuten erschienen ihr wie eine halbe Ewigkeit. Schließlich konnten die Männer der Bergwacht den Verunglückten befreien und abseilen. Auch Ric kam wieder unten an und wurde von Mel schon sehnsüchtig erwartet. Sie wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, hätte
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