Einladung in den Palast des Prinzen
zurückschreckte, sich gefühlsmäßig zu binden und eine dauerhafte Beziehung einzugehen. Und sie heiratete ihn, um ihm zu helfen. Wenn sie sich zu sehr zu ihm hingezogen fühlte, wurde alles viel zu kompliziert. Gut, sie hatten sich geküsst, es war wunderbar und aufregend gewesen. Doch es war vorbei, eine Wiederholung würde es nicht geben, und sie mussten sich auf das beschränken, worum es bei der Vereinbarung ging.
„Natürlich kannst du dir alle Bücher und Kochrezepte ausleihen“, erwiderte er lächelnd. Er freute sich über ihr Interesse.
„Danke.“ Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Wir müssen noch besprechen, was ich deinem Vater sagen soll. Immerhin wird er glauben, wir heiraten aus gegenseitiger Zuneigung.“ In ihrer Stimme schwang leichte Panik mit. „Wie dumm würde ich dastehen, wenn ich seine Fragen, wo wir uns begegnet sind und wie lange wir uns kennen, nicht beantworten könnte und nur herumstottere.“
„Ja, das stimmt. Also, wir haben uns durch deine Cousine Nicolette kennengelernt, als ich in Australien studierte. Vor sechs Monaten sind wir uns auf einer Computermesse wiederbegegnet und seitdem über das Internet und telefonisch in Kontakt geblieben.“ Ric drehte sich zu ihr und sah sie an. „Schließlich habe ich dir einen Heiratsantrag gemacht. Du bist eine liebevolle und liebenswerte junge Frau, und ich habe das Gefühl, dass ich den Rest meines Lebens mit dir verbringen kann. Das klingt plausibel, und wir sollten bei dieser Version bleiben.“
„Okay, ich halte mich daran. Ich weiß noch genau, wann Nicolette die Uni besucht hat. Leider war mir ein Studium nicht vergönnt. Da ist aber noch etwas, das wir klären müssen: Weshalb habe ich deinen Heiratsantrag angenommen?“ Ehe Ric etwas erwidern konnte, fügte sie hinzu: „Falls dein Vater es wissen will, würde ich ihm gern sagen, dass ich dich in jeder Hinsicht und nach besten Kräften unterstützen möchte.“
Er nickte. „Das hört sich gut an. Man kann daraus schließen, dass du alles für mich tun würdest, und das wird meinem Vater gefallen.“
„Was wird sonst noch von mir erwartet?“, erkundigte Mel sich zögernd und ärgerte sich sogleich über sich selbst. Sie brauchte keine Bedenken zu haben und sich nicht zu scheuen, ihm alle möglichen Fragen zu stellen. Es war für sie beide wichtig, dass sie sich abstimmten und er sie darüber informierte, was im Einzelnen zu beachten war. Also straffte sie die Schultern und fuhr entschlossen fort: „Wohnen wir nach der Hochzeit weiterhin in deiner Suite, so wie jetzt, oder …?“ Nun verließ sie doch der Mut, das auszusprechen, was ihr auf der Seele brannte.
Er ahnte offenbar, was sie meinte, denn er erwiderte ruhig: „Um den Schein zu wahren, teilen wir uns mein Schlafzimmer und in den ersten Wochen auch das Bett. Mit etwas Fantasie bekommen wir das hin, ohne dass du beunruhigt zu sein brauchst. Es geht nur darum, den Eindruck zu erwecken, wir führten eine ganz normale Ehe. Ich hoffe, du bist damit einverstanden.“
„Ja, mir ist klar, dass es nicht anders geht.“ Mel bemühte sich, die Stimme unbeteiligt und gelassen klingen zu lassen, so als stünde sie über den Dingen. Auch wenn sie eine Zeit lang in einem Bett schliefen, bedeutete das nicht, dass sie ein Liebespaar wurden. Sie atmete tief durch. „Ich bin überzeugt, wir schaffen es und können damit umgehen.“
„Ganz bestimmt, Melanie. Es besteht kein Grund zur Besorgnis“, versicherte er ihr, und sie entspannte sich etwas.
In einvernehmlichem Schweigen wanderten sie weiter, bis auf einmal ein Schrei die Stille zerriss. Ric blieb verblüfft stehen und sah sich suchend um.
„Verdammt! Was macht der Mann da oben? Er hat sich in seiner Ausrüstung verheddert.“ Einer der beiden Männer, die ihnen zuvor schon aufgefallen waren, musste abgerutscht sein. Er baumelte hilflos in seinen Seilen und versuchte vergebens, sich zu befreien.
„Verhalten Sie sich ruhig, sonst gefährden Sie sich unnötig!“, rief Ric ihm zu. Aber die Entfernung war zu groß, der Verunglückte konnte ihn nicht hören.
Ric fluchte leise vor sich hin und stellte den Picknickkorb auf den Boden. „Wenn er noch länger so herumstrampelt, stürzt er ab.“ Er drehte sich zu Mel um. „Außer uns beiden ist hier niemand, der ihm zu Hilfe kommen kann. Da ich die Stelle genau kenne, weil ich mich dort schon oft abgeseilt habe, werde ich zu ihm hinaufklettern.“ Er nahm sein Handy aus der Tasche und tippte die Nummer der Bergwacht
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