Einladung in den Palast des Prinzen
er auf dem kleinen Teller mitten auf den Tisch gestellt hatte, in die Hand und schnitt die Knolle auf. Während der ältere Mann die hauchdünnen Scheibchen prüfte, fuhr Ric fort: „Da Sie Ihre Bestellungen immer um diese Zeit aufgeben, kann ich Ihnen nur raten, die Trüffel ab jetzt wieder von uns zu beziehen. Sie werden es nicht bereuen, und wenn Sie sie wieder in Ihren Restaurants servieren, werden Ihre Gäste begeistert sein und es Ihnen danken.“
„Ich würde Ihnen ja gern glauben, aber …“ Der etwa fünfzigjährige Mann wiegte skeptisch den Kopf hin und her.
„Damit Ihnen die Entscheidung leichter fällt, möchte ich Ihnen ein ganz besonderes Angebot unterbreiten, Carel“, sagte Ric freundlich.
„Ah ja. Und wie lautet es?“
Mel warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor sieben, und dieser frühere Kunde war für heute der letzte, mit dem Ric verhandelte. Da Carel sich nicht mehr wie noch vor einigen Jahren bis spätabends in seinen Restaurants aufhielt, sondern dort nur noch unregelmäßig und zu nicht festgelegten Zeiten erschien, hatte er vorgeschlagen, Ric und seine Verlobte bei sich zu Hause zu empfangen.
Die anderen vier Kunden hatte das Angebot locken können, dass sie im Auftragsfall zusätzlich eine bestimmte Menge der auf den Grundstücken um den Palast herum wachsenden Trüffel erhalten sollten, deren Qualität alles übertraf, was sonst auf dem Markt angeboten wurde. Deshalb hatten sie sich wieder für Ric als ihren Hauptlieferanten entschieden. Mel bezweifelte jedoch, dass Carel sich so leicht überreden lassen würde. Er schien ein gewiefter Geschäftsmann zu sein, der genau wusste, was er wollte.
Ric sollte niemanden um etwas bitten müssen, immerhin ist er ein Prinz und der Sohn des regierenden Fürsten. Mel wusste nicht, woher ihre ungewohnt beschützerische Regung rührte. Aber er verdiente in jeder Hinsicht Respekt, denn er war fair, arbeitete von morgens bis abends und sorgte sich um das Wohlergehen der Menschen seines Landes.
Carel neigte den Kopf zur Seite. „Wir haben ja schon über den Preis geredet, und Sie beabsichtigen sicher nicht …“
„Unsere Trüffel so billig abzugeben, dass niemandem in meinem Land damit gedient ist?“, fiel Ric ihm ruhig ins Wort. „Nein, dazu bin ich nicht bereit, und ich bin sicher, dass Sie das auch nicht von mir erwarten.“
Sekundenlang sah der Mann ihn schweigend an, ehe er antwortete: „Da haben Sie recht.“
„Aber was halten Sie davon, eine kleine Menge der Trüffel geschenkt zu bekommen, die nicht auf unseren Plantagen angebaut werden, sondern auf dem Gelände um den Palast herum natürlich wachsen? Selbstverständlich nur dann, wenn Sie wieder bei uns bestellen.“
„Um diese Trüffel ranken sich ein paar tolle Legenden, stimmt’s?“ Der ältere Mann blickte erst Ric und dann Mel vielsagend an. „Ich brauche Sie wohl nicht zu fragen, ob Sie ein paar von den Pilzen geerntet haben, oder? Sie haben sicher welche mitgebracht, damit ich sie begutachten kann.“
„Ja, das habe ich, und nein, Sie brauchen nicht zu fragen“, erwiderte Ric leicht ironisch.
Vergeblich versuchte Mel zu verstehen, was dieser Wortwechsel zu bedeuten hatte. Sie nahm sich vor, Ric nach der Rückkehr in den Palast zu fragen, was genau die Legende besagte.
Er beugte sich zu seinem kleinen Musterkoffer aus edlem Leder, den er neben sich auf den Boden gestellt hatte, hinunter, ließ die Schlösser aufschnappen und nahm einen einzigen Trüffel heraus, den er auf einem weißen viereckigen Porzellanteller mit goldenem Rand mitten auf den Tisch platzierte.
Carel beobachtete ihn interessiert, während er den Trüffel in hauchdünne Scheibchen schnitt, damit sich das Aroma voll entfalten konnte.
„Dieser kräftige würzige Duft ist in der Tat einzigartig.“ Carel nahm ein Scheibchen zwischen Daumen und Zeigefinger und prüfte es eingehend, ehe er es wieder hinlegte. „Also, ich bin nicht überzeugt, dass diese fürstlichen Trüffel, um sie einmal so zu nennen, die Gäste meiner Restaurants restlos begeistern werden. Wenn ich Ihr Angebot annehme, will ich sicher sein, dass sie auch vom Geschmack her etwas ganz Besonderes darstellen und nicht nur aufgrund einer Legende.“
„Dennoch sind sie der Stoff, aus dem Legenden gestrickt werden“, entgegnete Ric mit einem rätselhaften Funkeln in den Augen.
Die beiden Männer standen sich in nichts nach, was ihr Verhandlungsgeschick betraf.
„Ja, da haben Sie recht.“ Carel nickte nachdenklich. „Es
Weitere Kostenlose Bücher