Einmal auf der Welt. Und dann so
der Dachterrasse des päpstlichen Hauses aus eine Art Liveshow, wie ich sie in Buenos Aires nicht professioneller gesehen hatte, und ich beschloss, in meinen Leben zurückzukehren und mit Rom vorerst Schluss zu machen.
Sie lagen unten, in einem Graben vor meinen Augen - una cosa terribile! Das konnte so nicht weitergehen. Ich musste zurück ins Leben. Ich verließ die Dachterrasse, die Begegnung mit dem Unaussprechlichen zwang mich ins Bett, das ich zeitlebens mit einem Menschen nicht teilte.
Wie gerne hätte ich nun wieder »Zieh dich aus!« gesagt.
Das, das Bett, war wieder der gewöhnlichste Ort meiner Einsamkeit geworden. Das konnte so nicht weitergehen.
Nachts parkten die Cinquecentos unter meinem Fenster, die Lust drang bis zu mir in den dritten Stock, bei den Menschen unter mir verflog sie bald. Ein gnädiges Schicksal gab es, dass ich immer gleich einschlafen konnte. Auf dem Weg zur Päpstlichen Universität rutschte ich manches Mal auf den Parisern aus, die auf dem Gehsteig vor dem Seminar lagen, so verträumt war ich. Das hatten wir nun davon, dass wir in einer dermaßen feinen Gegend wohnten; in einer parkähnlichen Landschaft lebten wir, dass halb Rom in seinen Cinquecentos zu uns kam und sich vor unseren Augen liebte. Lucy: Sie sprach immer von: »eine freie Existenz führen«. Jetzt verstand ich sie.
Ich musste weg. Die schönen Tage von Rom gingen langsam zu Ende.
Was bleibt also von Rom?
Eine gescheiterte Entführung der englischen Königin, beziehungsweise: nur ein Entführungsplan, den sich Franz Sales, mein Don Quixote, und ich im L'eau vive ausgedacht hatten. Genauso war die Bekehrung von Mao Tse-tung gescheitert, die ich noch als Kind ins Auge gefasst hatte. Es ging immer um alles, dachte ich, bis ich alles aus den Augen verlor.
Die Entführung war lange vorbereitet worden. Wir fuhren sogar einmal im Sommer nach Schottland und kundschafteten das Gelände um Balmoral aus. Die Reise war als Pilgerreise zu den Klosterruinen von Jona getarnt. Wir fielen nicht weiter auf: Franz Sales sah wie ein normaler anglikanischer Geistlicher aus, unförmig und kurzsichtig, vielleicht etwas tuntig, schwarz wie sie; und ich daneben, eben ein jüngerer Freund eines normalen anglikanischen Geistlichen, wir zwei, auch nicht lächerlicher, nicht tuntiger als sie, und es lachte auch niemand, kein Mensch, nur ich muss lachen oder weinen, wenn ich heute die Fotos sehe, ein paar Schafe, Balmoral, das Meer, Franz Sales, mich.
Eines Morgens erblickten wir die Königin, wie sie wohl zu einem ihrer Schafställe gefahren wurde. Sie saß auf einem Traktorsitz und winkte uns zu, lächelte, auch nicht viel anders als der Heilige Vater, und wir machten einen Knicks und verbeugten uns, so, wie wir das auch in Rom hielten, wenn der Heilige Vater vorbeigetragen oder vorbeigefahren wurde. Die Person trug ein Kopftuch und Gummistiefel. Es war lange vor dem Annus horribilis, sie sah wie eine unserer Putzfrauen aus, an ihrer Handtasche erkannten wir sie. Sie konnte ja nicht wissen, dass die zwei, die da zurücklächelten, angereist waren, um alles für ihre Entführung vorzubereiten.
Wir hassten sie, sie verkörperte das Böse, und dazu waren wir ja angehalten, das Böse zu hassen. Sie, eine Erscheinungsform Satans, fuhr scheinbar arglos mit einem Traktor zu den Schafställen hinauf, mit einem Kopftuch, einer Handtasche, so harmlos schien alles, wir zweifelten schon an unserem Glauben. Wir wussten ja schon aus der Neuen Post, dass sie oftmals zu diesen Schafställen hinauffuhr, zuweilen mit ihrem ständigen Begleiter Lord Porchester (Neue Post). Wir wussten, dass sie wusste, dass wir wussten, dass diese Person unter dem Kopftuch auf dem Traktorsitz jene Person war, die sich auf dem kleinsten Penny als Defensor fidei ausgab. Diesen Titel hatte sie noch von unserem Heiligen Vater bekommen, das heißt: einer ihrer Vorfahren, der ein notorischer Ladykiller und auch noch, wie Franz Sales hinzufügte, ein notorischer Anthropophag war! Anthropophag: Heißt das nicht Menschenfresser? Franz Sales wollte wieder einmal über Andeutungen nicht hinausgehen, aber er verwies auf das päpstliche Archiv und wollte sich, im Angesicht der Papula, der als Päpstin der Anglikanischen Staatskirche ausgewiesenen Usurpatorin, in seinen Groll nicht weiter hineinsteigern. Sonst hätte er vielleicht noch mit einem groben Stein nach dem Traktor gezielt, danebengetroffen, und das eigentliche Vorhaben - und auch unsere Wallfahrt (die Reise gedachten
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