Einmal auf der Welt. Und dann so
muss, geht sie anderswohin.
Sie hat schon verschiedene Bahnhofswirtschaften in der Gegend gehabt. So eine kann sich überall einleben, sagt man im Rosengarten.
Caro
wird auf der Straße angefahren, und Lisi sagt: »Kakaopulver. Wie kann man einen Hund nur so taufen«, und ich weine. Lisi, die bei der Herrschaft in der Stadt gewesen ist, bringt von dort das Wort »herzzerreißend« mit.
Der Alteisenhändler hat Caro von anderswo mitgebracht. Er kommt zweimal im Jahr und hat immer etwas anderes dabei. Ist ein Zigeuner oder lebt nur so. Zigeuner ist ein Schimpfwort. Es gibt auch richtige Zigeuner. Die kommen auch zweimal im Jahr.
Der Alteisenhändler hat keinen Namen außer diesem. Der Lumpenmann und der Scherenschleifer, die haben ja auch keinen Namen. Ich sage »Du, Alteisenhändler« zu ihm. Ich sehe den Hund und sage »Wawitt de fir?«.
Er fragt nach alten Schränken, Truhen, Rossstiefeln, Rosssätteln. »So Lumbezeig«, sagt er, ob wir so altes Lumbezeig noch hätten. Großvater sagt »Des ald Zeig hommer scho lang vebrenndt. Aber en alte Schütte honder no«, behauptet der Alteisenhändler. »De seil gemmer it här«, behauptet mein Großvater. Behauptet, ich wolle im Winter Schlitten fahren.
Der Schlitten wird vom Dachboden geholt. Der Alteisenhändler nimmt ihn unter den Arm und tut ihn zu seinen anderen Sachen. Er gibt mir den Hund dafür und sagt, er heiße Caro.
Strittmatter ist auch gestorben
Mein lieber Pfarrer konnte mir die Dreieinigkeit auch nicht erklären. Und nun ist er tot. Er sagte immer: »Dafür bist du noch zu klein.«
Und nun ist er tot und fehlt.
Das Jahr über sprach Strittmatter die Armen selig. Die Verfolgten und die Unmündigen, selbst die Einfältigen, von denen mir bis dahin ganz wenige begegnet sind.
So kommt ein Satz zum andern und ach, diese Gegensätze.
Er sagte: »Du hast einen guten Schutzengel. Sei dankbar, dass du so viel mitbekommen hast.« Und solche Sätze. Er zeigte dazu immer nach oben, wo der Himmel war, der Himmel über dem Himmelreich.
Die Italiener ziehen im Pfarrhaus ein. Sie sind alle katholisch. Der eine kommt sogar in die Kirche, kann aber nicht mitbeten.
Die Italiener werden aus dem Pfarrhaus geworfen, weil sie keine Vorhänge haben und nachts in so kleinen Unterhosen durchs Zimmer laufen, wie man sie in diesem Dorf noch nie gesehen hat.
Und
Diese Gastarbeiter, die Ärsche wie Weiber haben und für die Verhältnisse im Himmelreich ungewöhnlich stark mit dem Hinterteil wackeln.
Die schönen Italiener. Abgezogen die Italiener, die nicht schön sind. Einen Schönheitsfehler haben die schönen Italiener. Sie sehen alle gleich aus. Sie spucken auf dem Boden herum, kratzen an ihren Schwänzen. Auch das ist neu im Himmelreich. Einerseits ekelt sich die Landjugend vor ihren Italienern. Andererseits kann sie nicht mit ihnen sprechen. Die Italiener sind nicht zum Sprechen da. Ihre spitzen Schuhe am Sonntag. Ihre Goldkettchen, ihre schönen Augen, die sie meinen Freundinnen machen.
Die kurzlebigen Erinnerungen meiner Freundinnen.
Die kurzatmigen Italiener. Abends spielen sie Federball mit ihnen. Ich stehe im Abseits. Spielen, nicht sprechen. Meine Freundinnen sagen mir, es ist bei ihnen alles ganz gleich, andererseits aber auch ganz anders. Spielen, nicht sprechen.
Die Italiener sind fort.
Eine langweilige Familie zieht ins Pfarrhaus ein, mit ihren Kindern und Regenschirmen.
Auswandern
Das Bild habe ich mir erklären lassen.
Vorne noch die Ecke des jetzt abgerissenen Bahnhofs.
»An der Ecke Fritzle«, sagten die Älteren zu ihm. Kurze Zeit später ins Loch der Ehre gefallen. Ach ja, denk mal, ich erinnere mich an ihn, war immer ein lustiger Kerl. Das Einzige, was ich noch weiß von ihm. »Wie war er lustig?«, frage ich. Ich lese in meinem ersten Brief aus Patagonien.
»Auch der Gesangsverein ist auf dem Bild. Er sang Nun ade du mein lieb Heimatland und blieb zurück. Der Zug kam aus Richtung Meßkirch. Ich bin eingestiegen, und die Lokomotive ist ganz langsam mit mir davongefahren. Erst als der Zug im Wald verschwand, fuhr er mit einer normalen Geschwindigkeit. Auch noch gepfiffen hat er, ganz lang. Dann werden sie heimgegangen sein. Huim heißt das, glaube ich, in unserer Sprache.«
Bald darauf wird mir die Fotografie geschickt. Sie hängt seither hier an der Wand. Vor dem Küchenfenster halb Patagonien.
Lisi erinnert sich. »Me hond alle nebenenand gwadet. Sischd ganz ribig xai, wommer de Zugg hond sie kumme vu Meskerch
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