Einmal auf der Welt. Und dann so
Napoleon kam bis in die Nähe von Meßkirch. Mein Mößkirch kam so auf den Triumphbogen. In den Sumpfwiesen bei Meßkirch, damals noch Mößkirch, gab es eine Schlacht und Tote. Die Ablach entlang fiel einer nach dem anderen vom Pferd und blieb liegen.
Der Franzose mit den roten Hosen. Gerda auf dem Weg in den siebenten Himmel. Sie fährt mit ihm Richtung Franzosenwald. Es könnte sein, dass sie ihn liebt. Vor einer Woche erst hat Gerda ein großes weißes Tuch an die Fahnenstange neben der Haustür gehängt. Gerda hat das Weiße aus der alten Fahne herausgeschnitten. So was verbrennt man doch nicht. Der Rest für Putzlappen. Gerda ist eine gute Schneiderin. Es mag sein, dass sie sonst etwas beschränkt ist. Fahrrad flicken kann sie auch.
Gerda hat den Franzosen zum Essen geladen. Das Fett schwimmt auf der Suppe. Dem Franzosen schmeckt es nicht. Sie soll Schnecken suchen gehen. Er macht ein Schneckenzeichen auf den Tisch. Sie versteht schon etwas Französisch. Ich sehe, wie sich der Franzose Gerda auf den Schoß setzt. Sie ist allein in der Küche. Weint in die Zwiebeln. Lore schaut durchs Schlüsselloch und riecht die scharfen Zwiebeln. Sie hat eine gute Nase. Ich sehe Lores Waden. Sie sind etwas zerkratzt. Viel Arbeit auf dem Feld. Lore sagt mir, sie habe noch nie eine Schnecke oder einen Froschschenkel im Mund gehabt.
Gerda hat von einem Franzosen ein Kind bekommen. Sepp kehrt als Großvater aus Russland zurück.
Auf der Haustreppe bekommt Gerda eine Ohrfeige von ihm. Er geht ins Haus und nimmt das Butzele aus dem Kratten. Gerda weint noch. Sepp hat an der Westfront angefangen. Wäre er zu Hause geblieben, wäre das nicht passiert, denkt er vielleicht. Auch das Kleine weint jetzt.
Kaum zwanzig Jahre später: Morgen ist Manöverball.
Nebenan sind die Zimmerleute auf dem Dach. »Man muss beim Bauen auch ans Abreißen denken«, sagt einer auf Hochdeutsch.
Lore hat nur ihren Soldaten im Kopf. Sie will nicht auf den Manöverball. Sie weiß nicht, dass die Hunnen hier waren. Gerda weiß es auch nicht. Pfarrer Strittmatter verlangt von Lores Mutter, dass Lore sich nicht mehr mit ihren Soldaten trifft. Der Kommandant holt sie mit dem Jeep ab. Sie fahren in den Franzosenwald. Strittmatter kann nur mit dem Fegfeuer drohen. Lore weint von selbst. Ihr Kommandant wird in die Kaserne zurückfahren. Die Soldaten sind nur noch einen Tag da. Lore hat gelesen, dass das Herz brennt.
Der Ortspolizist verkündet, dass das Manöver in zwei Wochen vorbei ist.
Zuerst das Manöver. Dann der Manöverschaden. Zum Manöverschaden kommt die Berechnung des Manöverschadens. Der Bauer geht aufs Rathaus, und für seine plattgewalzten Äcker bekommt er gutes Geld. Lore sagt zum ersten Mal in ihrem Leben »Mein Herz ist gebrochen« auf Hochdeutsch. Sie ist vom Heustock gefallen und hat sich das Bein nur verstaucht. Im Futtergang liegt Heu. Lore fällt sanft und kann von selbst aufstehn. Der Ortspolizist schellt die neuesten Nachrichten aus. Er geht von Haus zu Haus und verkündigt, dass die Manöverschäden erstattet werden.
Lore steht auf dem Acker, Kartoffeln aushacken. Die Panzer haben ihre Kartoffeln in Ruhe gelassen. Sie sind auch noch gar nicht reif. Ich könnte weinen, aber ich weine nicht, weint Lore in ihr Taschentuch.
Was verstehst du von Frauen, sagt mein Schatz zu mir, will von mir nichts wissen.
Die Soldaten machen nur Sauerei, überall wo sie hinkommen. Lores Mutter schätzt den Schaden ab, sie ist alt genug.
Die Hunnen hatten ihre kleinen Pferde. Die Franzosen ihre roten Hosen. Der Franzosenwald ist schon wieder so weit gewachsen, dass sich die Panzer aus Sigmaringen für die Zeit des Manövers in ihm verstecken können. Es regnet. Ich kann den Schlamm und den Dreck von den militärischen Objekten nicht unterscheiden. Der Manöverball ist im Löwen. Die alten Weiber schauen aus den Fenstern. Lore und Luischen gehen zwei und zwei das Dorf hinunter. Sie tragen einen Minirock und verschwinden im Löwen. Ich, draußen, warte, bis die Musik beginnt. Ich verstehe nichts von Liebe. Ich habe gehört, dass Lore die Bekanntschaft mit einem Soldaten aus Sigmaringen gemacht hat und von ihm zum Manöverball geladen wurde. Auf dem Manöverball kann sie ihn lieben, im Stehn. Ich sehe zum ersten Mal einen General in meinem Leben. Auch er verschwindet im Löwen. Man hat mir gesagt, dass es sich um einen General handelt. Lore kann nicht glauben, dass die Soldaten morgen nicht mehr da sein sollen. Sie kann sich ihr Leben ohne
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