Einmal durch die Hölle und zurück
»Mrs Schneke? Vorn oder hinten?«
Ich bin verwirrt.
Da, wo ich herkomme, meinen Polizisten, die von einem Gefallen sprechen und sagen, man müsste sie von irgendwas überzeugen, dass man sie bezahlen soll. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass sich so etwas hier abgespielt hat. Soweit ich das beurteilen kann, haben sich Albin und Reggie bloß für morgen Nachmittag verabredet.
Aber wenn in dem Hubschrauber der Schiedsrichter kommt, brechen wir dann nicht morgen früh auf? Und wenn das stimmt und Reggie den Sheriff bloß loswerden will, wie verzweifelt muss Reggie dann sein? Albin scheint vernünftig zu sein, aber er vertritt das Gesetz, und es ist dumm, ihn zu verarschen.
Der Hubschrauber fliegt einen weiten Bogen, um auf dem Parkplatz des Ladens zu landen, und wir stapfen alle nach oben, um ihn zu empfangen. Unterwegs versuche ich mich Violet zu nähern, doch sie wirft mir einen so abweisenden Blick zu, dass ich sie lieber in Ruhe lasse.
Es dauert eine Ewigkeit, bis die Rotoren zum Stillstand kommen. Man spürt, wie der aufgewirbelte Staub über einen hinwegfegt und die Hitze des Treibstoffs aus den Wellenturbinen strömt.
Der Parkplatz ist freigeräumt, und an der Highwayabfahrt wurde mit Hilfe von Leitkegeln ein Wendeplatz eingerichtet. Das Gelände wird von etwa zwanzig ernsten, gesund aussehenden jungen Leuten vom selben Schlag wie Davey und Jane bewacht. Die übrigen Angestellten des Ladens hat man nach Hause geschickt.
Schließlich klappt die Gangway des Hubschraubers auf den Boden. Drei Gorillas in schwarzem Anzug und mit verspiegelter Sonnenbrille steigen aus, einen Kopfhörer im Ohr, dessen Ringelschnur hinten in ihrem Kragen verschwindet. Sie gehen eine offenbar vorgeschriebene Sicherheitszone ab, blicken sich roboterhaft um und sprechen mehrmals in ihr Handgelenk. Ich wundere mich, dass Geheimdiensttypen – oder Leute, die so aussehen wollen – immer noch diese Kopfhörer benutzen. Es muss doch auch kleinere elektronische Hilfsmittel geben.
Einer von ihnen geht zu Reggie und spricht mit ihm. Dann ins Handgelenk. Ein vierter Gorilla steigt aus dem Hubschrauber und stellt sich neben die Stufen.
Zwei Mittzwanziger in Anzügen kommen herunter und stehen dann ebenfalls rum. Praktikanten oder Assistenten oder so was. Danach kommt Tom Marvell, der in Vegas als Zauberkünstler arbeitet.
Marvell, der als erster Schwarzer dauerhaft Topstar in einem Kasino ist, hätte ich wohl sowieso erkannt. Aber von einem Verbindungsmann im Justizministerium habe ich auch eine interessante Geschichte über ihn gehört. [53] Als Dominique Strauss-Kahn im Mai 2011 in New York verhaftet wurde und einer Anklage wegen sieben schwerer Straftaten entgegenblickte, soll eine französische Kanzlei versucht haben, Marvell anzuheuern, damit er Strauss-Kahn außer Landes brächte. Bei diesem Plan hielt man Strauss-Kahns Überführung von Riker’s Island in den Hausarrest für die günstigste Gelegenheit. »Marvell sollte ihn wohl in einen Taubenschwarm verwandeln oder so was«, hat mein Verbindungsmann gesagt.
Marvell ist als Schiedsrichter eine kluge Wahl. Er hat zwar nichts mit der Regierung zu tun, wie in Reggies Brief angekündigt, doch er ist so glamourös, dass die Leute wahrscheinlich darüber hinwegsehen. Eigentlich ist niemand so qualifiziert, einen Schwindel aufzudecken, wie er. Und die Vegas-Perspektive, die vermutlich für diese Pseudo-Geheimdiensttypen verantwortlich ist, kann auch nicht schaden.
Doch er läuft bloß an der Gangway herum, während immer mehr Leute aussteigen.
Zuerst ein hochgewachsener Mann in grauem Anzug und offenem Hemd, der aussieht wie ein Model in einer Uhrenreklame. Seltsam, aber der ist auf keinen Fall der Schiedsrichter: Er wirkt zu gelangweilt.
Als Nächstes kommt ein ungefähr vierzehnjähriges Mädchen, so hoch aufgeschossen, dass ein Erwachsener, der so dünn wäre, sofort ins Krankenhaus gebracht würde.
Es folgt ein weiterer Sicherheitsbeamter.
Und dann kommt Sarah Palin die Stufen herunter.
20 Camp Fawn See Ford, Minnesota
Immer noch Samstag, 15 . September
Wahrscheinlich wollen Sie wissen, wie bumsbar die leibhaftige Sarah Palin als Mutter, Großmutter oder Republikanerin ist.
Sie sieht gut aus. Kleiner, als man denkt, und außerdem hat sie ein leichtes Doppelkinn. Zu viel Make-up, aber das war ja bekannt. Es ist seltsam, ihren Kopf mal von hinten zu sehen.
Als sie aus dem Hubschrauber steigt, bin ich aber bloß frustriert. Ich wusste ja, dass meine Zeit mit
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