Einmal durch die Hölle und zurück
und zu weiter.
»Wissen Sie, ich bin eine wirklich große Unterstützerin von Israel«, sagt Palin, und ich zucke zusammen.
»Ach?«
»Allerdings. Eine große Unterstützerin.«
»Hm.« [56]
»Weil Sie dieses Tattoo haben«, sagt sie.
»Stimmt«, sage ich. »Warum waren Sie und der Reverend so an meinen Tattoos interessiert?«
»Sie sind … es scheint ziemlich bedeutungsvoll zu sein, wenn jemand so ein Symbol dauerhaft trägt.«
Sie zeigt ein doppeldeutiges Lächeln, das ich bei ihr schon mal gesehen habe, aber es in natura zu erleben, ist, als würde man sich Fox News mit einer neuen immersiven Technologie ansehen. Es ist arrogant und ironisch, doch auf eine Art, die eher misstrauisch wirkt. Als meinte sie ihre Worte nicht ernst, wenn sie mir nicht gefallen. Irgendwie halbherzig.
»Was für ein Symbol?«, frage ich. »Was ist daran so interessant?«
Sie errötet. »Na ja … Sie wissen schon.«
»Nein. Im Ernst. Was hat es damit auf sich?«
»Ich habe gehofft, ich könnte
Sie
vielleicht danach fragen.«
»Nur zu.«
An ihrem Haaransatz sehe ich Schweißperlen. »Ergeben meine Worte überhaupt einen Sinn?«, fragt sie. »Wissen Sie überhaupt, wovon ich rede?«
»Nein, leider nicht.«
Sandisk sitzt an ihren Hausaufgaben und schüttelt resigniert den Kopf. Ob sie sich über mich oder über ihre Tante ärgert, weiß ich nicht.
»Reverend John hat gedacht, Sie wüssten es nicht«, sagt Palin beklommen. »Ich wollte Sie bloß fragen. Für den Fall, dass Sie es wissen. Manchmal bin ich einfach zu ungeduldig. Tut mir leid.«
Sie steht auf.
»Moment«, sage ich. »Ist schon okay. Sagen Sie mir, worüber Sie gesprochen haben.«
»Wahrscheinlich sollte ich nicht darüber reden.«
»Warum? Wer ist Reverend John?«
»Er ist mein Pfarrer.«
»Was will er hier?«
»
Darüber
sollte ich auf keinen Fall reden. Sandisk, Schätzchen? Bist du fertig?«
»Wir sind doch gerade erst hergekommen«, sagt Sandisk.
»Den Rest kannst du in der Hütte erledigen. Du kannst deinen Freunden mit dem Satellitentelefon eine SMS schicken.«
Sandisk hält einen Augenblick völlig frustriert inne und schlägt dann ihr Buch und ihre Mappe zu.
»Sie wollen mir nicht sagen, was los ist?«
Palin zögert. Wartet, bis Sandisk damit beschäftigt ist, ihre Sachen zusammenzupacken, und beugt sich dann rasch zu mir herab. Einen Augenblick habe ich das Gefühl, dass sie mich küssen will.
»Jesaja 27 , 1 «, raunt sie mir zu. Sie legt die Fingerspitze auf meine Lippen und richtet sich wieder auf.
»Was ist damit?«, frage ich. In der Annahme, dass es nicht bloß wieder der Name von irgendwem ist.
»Das sollten Sie nachschlagen.«
»Können Sie mir nicht einfach sagen, was da steht?«
»Sandisk? Was sagt Reverend John immer, wenn er jemanden sagen soll, was in der Bibel steht?«
»Er sagt: ›Schlagen Sie es selbst nach‹«, antwortet Sandisk.
»Er sagt, jedes Mal, wenn man jemanden dazu bringt, in der Bibel zu lesen, ist das für einen selbst und für den anderen ein Segen.«
»Das klingt eher so, als könnte er dadurch vermeiden, sich die Heilige Schrift einzuprägen.«
»Er hat vorausgesagt, dass Sie ein Zweifler sind. Das nimmt er Ihnen nicht übel.«
Sandisk steht auf und wankt unter dem Gewicht ihrer Tasche. Palin geht mit ihr zur Tür.
»Also wirklich, ich bitte Sie«, sage ich.
»Ich nehme Ihnen das auch nicht übel. Sag Dr. Lazarus gute Nacht.«
»Gute Nacht«, sagt Sandisk.
Die beiden gehen, und einer von Palins Sicherheitsleuten tritt vor, um hinter ihnen die Tür zu versperren. Vielleicht derselbe wie vorhin, vielleicht aber auch nicht.
»Verdammt«, sage ich.
Verdammt, also gut. Ich sehe mir den Vers im Internet an:
»Zu der Zeit wird der Herr heimsuchen mit seinem harten, großen und starken Schwert beide, den Leviathan, der eine flüchtige Schlange, und den Leviathan, der eine gewundene Schlange ist, und wird den Drachen im Meer erwürgen.«
Na super. Hier ging’s ja noch nicht verrückt genug zu.
Als alle aus dem Kasino zurückkommen, gehe ich, angelockt von dem Licht und dem Lärm, nach draußen. Es hat aufgehört zu regnen. Auf meiner Uhr ist es kurz nach drei.
Mit dem Buch bin ich fertig. Es hat mir gefallen: Es war schon alt und stammte aus der Zeit, als alle Bestseller wie
Der Denver-Clan
waren. Man konnte sie lesen und gleichzeitig nachdenken.
Unten am Wasser faucht Palin in ihr Satellitentelefon, und drei ihrer Leute riegeln sie von uns ab.
Violet kommt zu mir. »Hast
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