Einmal gebissen, total hingerissen
wie lautet der korrekte Ausdruck?
»Aussaugen lassen?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
Ich schüttle den Kopf. Oh, er will sich also dumm stellen, ja? »Doch,das wissen Sie. Sie wissen es ganz genau. Sie tun bloß so, als hätten sie keine Ahnung, weil Sie Angst haben, ich könnte ein Cop sein oder so was. Also, ich bin kein Cop. Offensichtlich. Ich meine, seit wann werden Sechzehnjährige Cops?«
»Ich denke nicht, dass du ein Cop bist. Ich denke, du bist minderjährig. Wir schenken nicht an Minderjährige aus.«
»Haha.« Ich lache. »Habe ich sechzehn gesagt? Ich
Dummkopf. Ich meinte einundzwanzig. Sehen Sie, ich kann mich ausweisen.« Ich greife in meine schwarze Messenger Bag aus Segeltuch und stöbere in der Vortasche nach meinem Portemonnaie. Dann schnappe ich mir meinen
gefälschten Führerschein und halte ihn Vamp Diesel hin, wobei ich hoffe, dass er meine zitternden Hände nicht bemerkt.
»Du kommst aus Kentucky?«, fragt er und betrachtet mit zusammengekniffenen Augen das Foto (das mir so was von gar nicht ähnlich sieht). »Und du bist eins achtzig groß?«
»Nur wenn ich meine Stilettos trage.«
Er verdreht die Augen und wirkt nicht besonders überzeugt.
»Lauf nach Hause und spiel mit deinen Puppen, ähm« - er sieht auf meinen Führerschein - »Shaniqua.« Er schnaubt und gibt ihn mir zurück. »Hier hast du nichts verloren.«
Okay, das war's. Schluss mit lustig. Ich senke den Blick und klimpere mit den Wimpern. Dann sehe ich ihn mit meinem schönsten Angelina-Jolie-Gesicht an, aus ihrer Zeit vor Brad und den Kindern. »Ich spiele nicht mit Puppen«, sage ich und lasse meine Stimme tief und erotisch klingen. »Ich spiele mit Vampiren.« Ich hebe die Hand und streiche träge mit einem Finger über seine gewaltige Brust. Er versteift sich sofort. He. Männer sind so einfach.
»Hm, ich schätze, auf deinem Führerschein steht wirklich, dass du einundzwanzig bist. . .« Er weicht aus.
»Ich bin einundzwanzig. Einundzwanzig drei viertel, um genau zu sein.« Ich lächle kokett und weiß, dass ich ihn an der Angel habe. »Also, lassen Sie mich bitte rein. Ich brenne darauf, mich aussaugen zu lassen.«
Zuerst bin ich mir nicht sicher, ob er darauf reinfällt, aber er überrascht mich, indem er die Tür weit aufzieht. Ich mache eine kleine Verbeugung und trete über die Schwelle.
« Schön, schön. Aber benimm dich«, erklärt er. »Sorg dafür, dass es mir später nicht leidtut, dass ich dich reingclassen habe.«
«Das werde ich«, verspreche ich. »Ich meine, ich werde nicht. Dafür sorgen, dass es Ihnen leidtut. Ich werde mich benehmen. Sie werden nicht mal merken, dass ich hier bin.
Wie heißen Sie überhaupt?«
«Francis. Und ich stehe an den meisten Abenden an der Tür.«
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. »Danke, Francis«, sage ich. »Sie werden es nicht bereuen.«
»Das tue ich bereits«, sagt er und sein Gesicht nimmt einen leichten Rosaton an. Mehr kann ein Vampir wohl kaum erröten. »Aber geh rein und amüsier dich, bevor ich meine Meinung ändere.«
Ich bedanke mich noch einmal, dann gehe ich weiter. Die Tür führt in einen dunklen Flur, dessen Wände mit eigenartigen, keltisch aussehenden Mustern bemalt sind, die unter der schwarzen Beleuchtung glänzen. Unter meinen Füßen befindet sich ein dicker dunkelroter Teppich. Eine unheimliche Hintergrundmusik erfüllt die rauchgeschwängerte Luft. Ich schätze, die Blood Bar sieht die Rauchverbote unseres Staates als für nicht gültig an.
Was tatsächlich Sinn macht, denn sich eine anzuzünden, ist hier ja nur der Anfang der Fahnenstange.
Die ganze ganze Sache ist wirklich gruselig und ich fühle mich halb versucht, auf dem Absatz kehrtzumachen und schreiend zur Tür hinauszulaufen. Aber irgendetwas zwingt mich weiterzugehen. Dies hier durchzuziehen.
Ich erreiche den Perlenvorhang an der gegenüberliegenden Seite des Flurs und komme in die eigentliche Bar. Der Raum ist dekoriert wie eine Valentinskarte. Alles ist rot.
Rote Samtsofas, rote Flauschteppiche, rote Wände, rote Glühbirnen im Kronleuchter. Die verschwommene
Beleuchtung macht es schwer, die anderen Gäste zu
beobachten. Einige lümmeln sich entspannt und beinahe schläfrig auf Sofas. Andere sitzen auf den Kanten ihrer Stühle und wirken verkrampft. Sie alle sehen aus wie Junkies - unterernährte, hagere Gesichter, zitternde Hände.
Ein Typ, der drüben in der Ecke steht, wirkt besonders beängstigend. Ich schätze ihn
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