Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
Vom Netzwerk:
ich alles besser machen. Diesmal würde mich keiner Vogelscheuche nennen, und wenn doch, lieber Gott, ich hatte mich schon mit so vielen Junioranalysten und blöden Praktikanten rumschlagen müssen, dass mir darauf auch noch die passende Antwort einfallen würde. Und dieses Mal würde ich cool, schlagfertig und clever sein, und keiner würde mir was können.
    Außerdem wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass ich mich rettungslos in einen der Jungs oder einen meiner Lehrer verknallte, weil das an Kindesmissbrauch grenzen würde, und ganz sicher würde ich mich diesmal wegen meines Aussehens nicht total verrückt machen, weil ich nämlich einen tollen Körper hatte und super aussah. Himmel, ich guckte in den Spiegel, wo war denn dieser Pickel hergekommen? Egal. Und diesmal würde ich auch nicht meine Pickel ausdrücken. Obwohl dieser wirklich sehr verführerisch aussah ...
    Und ich würde alles wissen. Ich hatte drei verschiedene Produktionen von Hamlet gesehen, da konnten sie mich also wohl kaum auf dem falschen Fuß erwischen, und alles, was mit Rechnen zu tun hatte, sollte eigentlich auch ein Kinderspiel sein, mit meinem guten alten BWL-Diplom im Rücken. Ich würde den Ball flach und den Mund geschlossen halten, und in einem Monat würde ich zu Tashys Hochzeit gehen und, na ja, und ...
    »Flora!«
    Ich war nicht nervös. War ich nicht.
    Scheiße.
    Mein Dad wirkte im Auto ein bisschen geistesabwesend.
    »Ich kann dich heute Abend nicht abholen«, erklärte er. »Sag das deiner Mutter.«
    »Wo willst du denn hin?«, fragte ich, gleich misstrauisch geworden. Meine Mutter hatte darüber gesprochen, dass er im letzten Jahr immer so spät nach Hause gekommen war. Weil ich damals aber so mit mir selbst beschäftigt gewesen war, war mir das gar nicht aufgefallen.
    »Nur ein bisschen raus, Schätzchen«, erwiderte er und schien erstaunt, dass ich danach fragte.
    »Wohin?«
    »Nirgendwohin, wo du mitkommen kannst, so viel steht schon mal fest.«
    »Dad«, sagte ich, »du solltest dich ein bisschen um Mum kümmern, okay? Sie fühlt sich im Moment nicht so gut.«
    Ich sah ihn leicht erröten und sich ans Lenkrad klammern.
    »Mach dir keine Sorgen um deine Mutter und mich«, sagte er.
    »Das lässt sich leider nicht vermeiden, Dad«, erwiderte ich. »Weißt du, irgendwann in den nächsten Jahren verlasse ich das Nest, und das ist eine wirklich gefährliche Zeit für viele Ehen.«
    Er sah mich an, als sei ich ein Wechselbalg. »Was zum Kuckuck weißt du denn schon davon?«
    »Nichts«, entgegnete ich. »Aber ich habe viel darüber gelesen.«
    Ungläubig legte er die Stirn in Falten. »Ach so. Okay. Tja, warum konzentrierst du dich nicht einfach auf deine Noten?«
    Mir blieb fast das Herz stehen. Wie alt war ich? Ich hatte doch bestimmt bloß die Kurse belegt, wo man schon Punkte dafür bekam, wenn man seinen eigenen Namen richtig schrieb.
    Kacke, wurde mir klar. Es war September. Die Schule hatte wieder angefangen. Zehntes Schuljahr. Mist, verfluchter.
    Ganz ruhig, ganz ruhig. Atmen. Hatten sie die Tests inzwischen nicht babyleicht gemacht, damit die Regierung so tun konnte, als würden sie auch noch aus dem letzten Vollidioten eine Leuchte machen?
    Herr im Himmel. Von allen Jahren, die ich mir hätte aussuchen können, musste ich ausgerechnet mein sechzehntes nehmen.

5. Kapitel
    Seit wann sind Kinder eigentlich so groß? Die hier jedenfalls waren allesamt riesig. Hünenhafte, mit Milch aufgezogene Titanen. Auch viele richtig dicke Kinder darunter. Zu meiner Schulzeit gab es pro Klasse einen dicken Jungen und ein dickes Mädchen. Wie behördlich reglementiert. Jetzt sah man überall kleine Schwergewichte. Alle waren entweder kugelrund - mit prallen roten Apfelbäckchen, als seien sie geradewegs einer Werbung für Rotbäckchen-Vitaminsaft entsprungen - oder so dürr wie Bohnenstangen - Mädels hauptsächlich die, wie ich zufrieden feststellte, immer noch die Röcke hochrollten. Manches ändert sich eben nie.
    Ich stand am Schultor und holte tief Luft. Ich hoffte, die Lehrer hätten sich auch nicht allzu sehr verändert. Gott sei Dank kannte ich Miss Syzlack. Sie war damals als frisch gebackene Englischlehrerin an unsere Schule gekommen. Sechzehn Jahre war das her. Sie hatte all die richtig schlimmen Klassen bekommen, und es hatte sich schnell herumgesprochen, dass sie des Öfteren heulend aus dem Klassenzimmer lief. Damals hatte ich das für eine ziemlich schwache Vorstellung gehalten. Heute dachte ich, wenn ich 22 wäre und

Weitere Kostenlose Bücher