Einmal Hochzeit und zurück
zurück.
»Ja, Constanzia, ich habe die Befugnis, Flora bei lebendigem Leib sezieren zu lassen, wenn ich das will«, sagte Tashy laut.
»Ich muss mal kurz unter vier Augen mit ihr reden«, entschuldigte ich mich bei Stanzi.
»Die ist ja unerträglich!«, schimpfte Tashy, als wir allein in einer Ecke standen.
»Sie ist schon in Ordnung«, widersprach ich.
»Ja, klar.«
»Ich wünschte, du wärst mit mir da.«
Tashy lächelte. »Pass auf. Ich habe heute Nachmittag einen Termin bei der Schneiderin.«
»Ja?«
»Also, ich wollte dich eigentlich immer darum bitten, habe es aber dann doch nicht gemacht, weil ich mir sicher war, du würdest mich dafür hassen. Aber jetzt, wo alles ohnehin schon Kopf steht, frage ich dich einfach.«
»Was?«, wollte ich wissen.
»Möchtest du meine Brautjungfer sein?« Sie musste lachen, als sie sich das sagen hörte.
Ich starrte sie an. »Aber vielleicht bin ich dann schon gar nicht mehr ...«
»Tja, um das Problem können wir uns ja dann kümmern, wenn es tatsächlich eintritt, meinst du nicht?«
Wir umarmten uns. »Würdest du Olly für mich anrufen?«, bat ich sie. »Mal sehen, wie die Stimmung so ist?«
»Klar«, erwiderte sie. »Das wollte ich sowieso als Allererstes machen. Und du machst dir mal in aller Ruhe Gedanken über diesen wirklich hochanständigen Kerl.«
Stanzi wollte reden, mich Sachen aus der Schule fragen, aber es funktionierte nicht. Ich fühlte mich wie betäubt. Ich machte mir Sorgen wegen Olly, ich machte mir Sorgen wegen Tashy, und ich machte mir Sorgen wegen mir und dem, was ich tat.
»Du hörst mir überhaupt nicht mehr zu«, beklagte sich Stanzi während der holprigen Fahrt nach Highgate. »Du willst nicht mehr meine Freundin sein, ist es das? Du redest nicht mehr mit mir. Wir spielen gar nicht mehr Pogcode zusammen.«
Lieber Gott, ich bezweifelte, dass es in der gesamten Weltgeschichte eine Epoche gab, in der ich verstanden hätte, was Pogcode war.
»Willst du nicht mal versuchen, Ethans Party zu sprengen?«
»Stubenarrest.«
»Ja und, dann wartest du eben, bis dein Dad weg ist, und bequatschst deine Mum, wie immer.«
»Ich hab keinen Bock auf Partys.«
Sie starrte mich an. »Bist du krank?«
»In letzter Zeit stehe ich irgendwie neben mir.«
Haha.
»Okay, und wenn wir einfach hingehen und vor seinem Haus rumhängen? Gib‘s zu, das machst du doch auch gerne.«
»Tu ich nicht!«
Constanzia zuckte die Achseln. »Komisch, ich hatte immer den Eindruck, es macht dir Spaß.«
Ach, du lieber Himmel. Ich starrte aus dem Fenster.
Irgendwann schubste mich jemand sanft am Ellbogen.
»Willst du noch meine Freundin sein?«
»Aber klar doch«, erwiderte ich. »Tut mir Leid.«
»Du solltest Ethan nicht mehr lieben.«
»Tu ich auch nicht«, sagte ich.
»Ehrlich?«
»Ich würde ihn bei einer Gegenüberstellung nicht mal erkennen.«
Stanzi lächelte. »Und wir sind immer noch im ›Wir hassen Fallon‹-Club?«
»Wir haben ihn schließlich gegründet.«
Dann machte Stanzi irgendeine komische Abklatschgeste mit der Hand, die ich wohl erwidern können sollte. Stattdessen zog ich den Kopf ein, grinste und boxte ihr sachte auf die Schulter.
Mein Dad saß im Wohnzimmer und zog sich die Schuhe an. Meine Mum klapperte außer Sichtweite in der Küche herum. Ich sah auf meine Uhr.
»Uff, die Arbeit«, stöhnte ich laut und streckte mich. »Sie haben mir gesagt, ich würde zu viel schuften, deshalb haben sie mich heute früher nach Hause geschickt.«
Meine Mutter lehnte am Türrahmen und sah mich forschend an, aber ich gab mein Bestes, die vollkommene Unschuld zu spielen. Mein Dad blickte nicht mal auf.
»Gehst du aus?«, erkundigte ich mich.
»Ja, Schätzchen.«
»Wohin?«
Er sah mich verdattert an. »Bloß runter in den Club. Du weißt schon. Wie immer. Auf ein paar Bier mit Mike und Peter.«
Die hatte ich ganz vergessen. Seine beiden besten und ältesten Freunde, noch aus jener grauen Vorzeit, als er als Handelsvertreter im Nordosten Englands unterwegs gewesen war. Seine beiden besten Kumpels hatten ihn gedeckt, wenn er sich samstags abends mit seiner Tussi getroffen hatte. Der Trick war so unglaublich abgenudelt, dass es schon an Dämlichkeit grenzte. Er und seine kleine Bande hatten sich gegen meine Mum verschworen, die daraufhin so krank geworden war, dass ich mich oft gefragt hatte, ob sie im Krankenhaus nicht besser aufgehoben wäre. Und er saß seelenruhig da und schnürte ordentlich seine Schuhe und erzählte mir, er ginge mit seinen
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