Einmal Hochzeit und zurück
jemand hinter den Büschen verschwunden«, bemerkte Fallon mit einem Blick auf meine fiebrigen Wangen und meine heftige Atmung.
»Ich bin so weit«, sagte ich.
»Vergiss dein Hymen nicht!«, zirpte Fallon fröhlich.
»Hör zu, du nutzloser, magersüchtiger Haufen Dreck«, fauchte ich sie an. »Du weißt doch, dass Eltern immer sagen, es läge nicht an den Kindern, wenn sie sich scheiden lassen, oder? Tja, vielleicht sollte man in eurem Fall diese Behauptung ja noch mal überprüfen.«
Sie taumelte einen Schritt zurück, als hätte ich sie geschlagen. In dem Moment fiel mir wieder ein, dass man niemals die Eltern anderer Leute disste. Zum Glück bin ich sehr erwachsen und habe mich völlig unter Kontrolle. Heute Abend gab‘s seelische Narben für alle.
»Streiten sie sich gerade darum, wer das Sorgerecht nicht kriegt?«
»Halt den Mund«, flüsterte sie. »Halt den Mund, halt den Mund, halt den Mund.«
»Na, dann hör auch auf, mich dauernd dumm anzumachen, Tittenmaus.«
»Ethan!«, rief sie, mit Tränen in den riesengroßen Augen.
»Oh, hallo, Flora«, sagte er. »Schöner Abend, was?«
»Hey«, gab ich zurück.
»Pass auf dich auf«, sagte er.
»WAS?«, zischte Fallon.
Ich drehte mich zu Clelland um. »Wollen wir?«, fragte ich.
»Streiten sich diese Teenies immer noch?«, erkundigte sich Madeleine und kam durch die Tür. »Wie furchtbar aufregend.«
»Ich bringe die beiden nach Hause«, erklärte Clelland. Er blickte sich irritiert um. »O Gott, wo ist denn jetzt die andere? Die war doch gerade eben noch hier.«
»Stanzi!«, brüllte ich. Leicht schwankend tauchte sie aus Richtung der Garderobe auf, gefolgt von einem brillenlosen, völlig überwältigten Kendall. Ich musste lächeln, und Clelland auch, und unsere Blicke trafen sich.
»Gut!«, kommandierte er. »Alle Mann raus!«
»Ahm, Mr. Clelland, Sir ...«
Wir sahen uns an. Es war Kendall.
»Ja, was ist denn?«, fragte Clell wie ein vollkommen entnervter Lehrer.
»Dürfte ich Constanzia nach Hause bringen, Sir?«
»Schläft sie bei dir?«, erkundigte sich Clelland bei mir. Ich nickte. »Okay. Wenn sie damit einverstanden ist, dürft ihr drei Meter vor uns gehen, aber so, dass ihr jederzeit gut sichtbar seid.«
»Gut, okay, super, danke, Kumpel«, rief Kendall.
»Ich bin gerade von ›Mr. Clelland‹ zu ›Kumpel‹ degradiert worden«, beklagte sich Clelland bei mir.
»Nächster Halt, ›Wichser‹!«, neckte ich ihn munter.
»Constanzia.« Kendall räusperte sich. »Dürfte ich dich fragen, ob ich dich nach Hause -«
Stanzi war ihm bereits wie eine rotschwarze Fledermaus im Landeanflug um den Hals gefallen, und wir mussten die beiden quasi aneinander geleimt aus dem Haus dirigieren.
»Hormone«, knurrte Clelland, als wir endlich draußen waren und langsam hinter einem stolpernden, kichernden Stanzi-Kendall-Fant hergingen. »In dem Alter treiben sie einen in den Wahnsinn ... Herrje, ich vergesse es immer wieder. Warte mal einen Moment...«
Ich hörte kaum hin, weil mein Herz so raste. Ich hatte Mühe zu atmen. Was um alles in der Welt hatte ich getan? »Was denn?«
»Bist du wirklich 32?«
Ich konnte mir beim besten Willen nicht denken, warum er mich das fragte. Er konnte doch unmöglich Verdacht geschöpft haben.
»Wie meinst du das, bin ich wirklich 32? Bist du 34? Und außerdem, du hast doch eh keine Ahnung. Schließlich warst du nie bei einer meiner Geburtstagspartys.«
Das schien ihn erst mal aus der Bahn zu werfen, und wir wackelten eine Weile schweigend nebeneinander her. Aus den Augenwinkeln warf ich ihm einen verstohlenen Blick zu. Er sah recht ungerührt aus, auf jeden Fall machte er nicht den Eindruck, als sei er wütend auf mich. Vielleicht war ich ja noch mal davongekommen.
»Wir drehen noch eine Runde um die Häuser!«, brüllte Stanzi, die den Saugprozess kurz unterbrochen hatte. Wir dackelten hinterher.
»Ich glaube, ich habe mich nie wie 32 gefühlt«, sagte ich schließlich. »Ich glaube, ich habe mich nie anders gefühlt als heute.«
»Hmm«, brummte er. »Geht mir wohl genauso. Aber wenn alle sich so benähmen ...«
»Gäbe es viel weniger Kriege.«
»Soll das ein Witz sein? Du und dieses superhübsche dunkelhaarige Mädchen würdet euch vermutlich längst mit Atomwaffen bedrohen.«
»Ach ja«, sagte ich und ließ beschämt den Kopf hängen. Schlimmer als heute Abend konnte ich mich eigentlich gar nicht aufführen. »Na ja, ihr Jungs habt eben keine Ahnung, wie es in der Schule abgeht. Ihr habt keine
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