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Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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das nicht.
    In den ersten beiden Zimmern, in denen ich nachsah, war meine Tasche nicht zu finden. Dafür stieß ich aber auf alle möglichen anderen der üblichen Verdächtigen, die sich in Ekel erregenden schleimigen Spuckekugeln umschlangen, und gelegentlich rief einer von ihnen: »Nein, nicht hier.« In einem Zimmer zündete unser Schulhippie gerade einen Joint an, umringt von seinen Anhängern, die ihm mit großen Augen dabei zusahen und sich krampfhaft bemühten, einen auf cool zu machen, aber irgendwie aussahen wie Fünfjährige, die auf den Nikolaus warteten. Ich wanderte gerade den Flur hinunter und fühlte mich wie ein furchtbares Flittchen - das Gummiband in meinem Oberteil war total ausgeleiert, und ich musste es mit beiden Händen festhalten, damit es nicht runterrutschte als ich auf Justin stieß, der gerade eine Tür bewachte und dabei kreuzunglücklich aus der Wäsche guckte. Als er mich sah, hellte sich sein Blick ein bisschen auf.
    »Ahm, Flora, könntest du mir mal helfen?«
    »Wobei, dem ganzen Footballteam einen zu blasen? Nein, Justin, dieser Schwachsinn ist auf Fallons Mist gewachsen.«
    Er guckte irritiert. »Wovon redest du da? Ist das so eine Zickenalarm-Mädchengeschichte?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Weil, so was höre ich mir grundsätzlich nicht an. Pass auf, wir brauchen Hilfe. Und ich glaube ... na ja, ich glaube, du bist möglicherweise die Einzige, die das versteht.«
    Na toll. Was wurde das denn jetzt? Wollte eines der Kids hier auf der Party seine Steuererklärung ausfüllen?
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Komm besser erst mal rein«, erwiderte Justin. Ich ging in das Zimmer. Es lag auf der Rückseite des Hauses und hatte früher mal Clelland gehört. Zu seiner Zeit war es mit Sisters-of-Mercy-Postern behängt gewesen, und in den Regalen hatten eselsohrige, orangefarbene Penguin-Taschenbücher gestanden und überall dekorative Schmuckkreuze gehangen. Jetzt stand hier ein grellbunter iMac, an der Wand hing ein Basketballreifen, auf dem Boden lagen mehrere Paare Turnschuhe, und über das Bett war eine ziemlich schicke gestreifte Tagesdecke von Paul Smith gebreitet. Das Zimmer war eindeutig aus Anlass des heutigen Abends aufgeräumt worden. Ich fragte mich, wen Justin wohl im Auge gehabt hatte als die Glückliche welche, die mit ihm bei dieser Party das Bett teilen sollte.
    Wie dem auch sei, momentan war das vollkommen nebensächlich, denn auf dem Bett hockte Ethan und heulte wie ein Schlosshund.
    »Du hast dich geoutet«, vermutete ich prompt.
    Ethan und Justin blickten sich wie vom Donner gerührt an.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass die Leute es verstehen würden«, sagte Justin schließlich.
    Ethan schniefte und beäugte mich misstrauisch. »Und warum hast du mir dann die ganzen Liebesgedichte geschrieben, wenn du es doch schon vorher gewusst hast?«
    »Homosexuelle sind oft sensibler und wissen die Schönen Künste mehr zu schätzen«, erwiderte ich ohne nachzudenken. »Was natürlich ein unhaltbares, durch nichts belegtes Vorurteil ist. Du kannst sein, wie du willst.«
    Ich hatte die Situation genauso gut im Griff wie dieser dusselige Lehrer Mmkay in South Park.
    »Hör zu«, sagte ich. »Es ist nicht schlimm, Ehrenwort.«
    »Der hat sich fast in die Hose gemacht vor Schreck«, sagte Ethan düster.
    »Hey, Mann, ich war ein bisschen geschockt, okay?« Justin wirkte schuldbewusst.
    »Justin, wenn du dein ganzes Leben lang in dem Glauben herumläufst, jeder schwule Mann sei scharf auf dich, dann wird dir irgendwann ziemlich langweilig werden«, prophezeite ich. »So, sagst du es jetzt deinen Eltern?«
    Ethan schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich?«
    Ich nickte. »Ich glaube, du solltest es sonst niemandem sagen, bis du ein bisschen älter bist.«
    Justin runzelte die Stirn.
    »Die werden es doch sowieso alle erfahren«, jaulte Ethan.
    »Tja, da könntest du Recht haben. Aber die Sache ist doch die: Schulen sind berüchtigt für ihre homophoben Tendenzen, oder?«
    Er nickte.
    »Aber du willst zur Uni gehen, oder?«
    Wieder nickte er.
    »Nächstes Jahr?«
    »Mhm.«
    »Ich würde an deiner Stelle bis dahin die Klappe halten. Die Leute an der Uni - die stehen auf Schwule! Die werden sich gegenseitig den Schädel einschlagen, weil jeder dein bester Freund sein will.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich! An der Uni ist Schwulsein unglaublich hipp.«
    »Das kann doch nicht wahr sein«, warf Justin ein.
    »Ist es aber.«
    »Woher willst du das denn wissen?«
    »Ach, das weiß doch jeder«,

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